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Geliebter Feind

Geliebter Feind

Titel: Geliebter Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
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nicht gestört", erklärte sie freundlich. „Ganz im Gegenteil, wir beide haben uns prächtig amüsiert."
    Das Mädchen lächelte nicht, und Kathryn hatte den Eindruck, als drückte es den kleinen Jungen wie zum Schutz noch fester an sich.
    Sie versuchte es noch einmal. „Wie ich dem jungen Herrn eben bereits sagte, ist mein Name Kathryn." Sie zwinkerte dem Kleinen zu. „Ich bin von Herzen froh, daß ich jetzt auch seinen Namen kenne."
    Das Mädchen vollführte einen Knicks. „Und ich bin Gerda, Herrin."
    Kathryn fühlte sich irgendwo nicht mehr sehr wohl in dem großen Bett, doch das ließ sie sich nicht anmerken. „Dienst du Peter, Gerda?"
    „Jawohl, Herrin. Und der Herr hat mir aufgetragen, auch Euch zu bedienen. Wünscht Ihr ein Bad zu nehmen?"
    Kathryn lächelte nicht mehr. Zwar waren Gerdas Rede und ihr Benehmen absolut respektvoll; dennoch ging eine gewisse Kälte von dem Mädchen aus. „Wenn es nicht zuviel Mühe macht...", sagte sie leise.
    „Ich werde es richten." Den kleinen zappelnden Jungen noch immer fest im Arm, zog sich Gerda zurück. Ihr schwerfälliger, humpelnder Gang war nicht zu übersehen, als sie das Gemach verließ.
    Wieder allein, schlug Kathryn die Decke zurück und stand auf. Gestern abend war sie viel zu müde gewesen, um sich umzu-schauen, und als sie das nunmehr nachholte, konnte sie nur staunen.
    Das Gemach war mindestens doppelt so groß wie ihres auf Ashbury und dazu wesentlich reicher ausgestattet. Das Bett war breit, lang und mit dunkelrotem Samt drapiert. Ihre eigene kleine Truhe stand neben einer Bank an der Wand. Ein schöner, feingeknüpfter Teppich bedeckte den Boden.
    Die Fenster waren mit hölzernen Läden versehen, die die Nachtkälte fernhalten sollten. Diese Fensterläden öffnete Kathryn jetzt und ließ die warmen Sonnenstrahlen herein. Dabei stellte sie fest, daß sie von ihrem Gemach in den inneren Burghof schauen konnte.
    Gerade wollte sie sich abwenden, als Guy de Marche unten den Hof durchquerte und fast unmittelbar unter ihrem Fenster stehenblieb. Mit einmal tauchte von irgendwoher auch Peter auf und rannte, so schnell ihn seine kleinen Beine trugen, auf seinen Vater zu.
    Während der Earl auf seinen herannahenden Sohn wartete, wurde sein Gesichtsausdruck ganz weich - oder bilde ich mir das nur ein? fragte sich Kathryn. Unten stürzte sich Peter mit einem Freudenschrei gerade in die ausgebreiteten Arme seines Vaters.
    Männliches Lachen drang an ihr Ohr. Sie täuschte sich nicht; aus den Gesichtszügen, die sie nur als hart und unerbittlich kennengelernt hatte, strahlte jetzt die Liebe. Guy de Marche legte seine große dunkle Hand um Peters Hinterkopf, eine Geste, die mehr ausdrückte, als es Worte je vermocht hätten.
    Als spürte der Earl, daß er beobachtet wurde, drehte er sich halb um, sein Blick hob sich direkt zu Kathryns Fenster, und schlagartig verwandelte sich sein Gesichtsausdruck wieder zu der kalten, harten Maske, die sie so gut kannte. Erschüttert taumelte Kathryn fort vom Fenster. Erst jetzt wurde ihr richtig be-wußt, daß sie hier auf Sedgewick eine Außenseiterin, ein Eindringling war. Sie gehörte nicht hierher.
    Das warme Bad entspannte leider ihre noch immer vom endlosen Ritt schmerzenden Muskeln nicht; ebensowenig hob es ih-re düstere Stimmung. Kathryn ließ es zu, daß Gerda ihr das Haar bürstete und aufsteckte, obwohl das ein Luxus war, den sie auf Ashbury nicht gekannt hatte. Wieder zeigte das Mädchen auch nicht die geringste Andeutung von Freundlichkeit.
    Als Gerda wortlos damit begann, die kleine Truhe auszupak-ken, wandte Kathryn den Blick ab, weil es ihr peinlich war, daß das Mädchen ihre mageren Besitztümer zu Gesicht bekam. Aus diesem Grund sah sie auch nicht, wie die Dienstmagd verblüfft die Stirn runzelte.
    Nach einem eiligen Morgenmahl in der großen Halle trieben die vielen argwöhnischen Blicke Kathryn in ihr Gemach zu-rück, wo sie den ganzen Tag in freiwilliger Abgeschiedenheit damit verbrachte, auf der Fensterbank zu sitzen, die Beine aus-zustrecken und auf den Burghof hinauszuschauen.
    Der Abendstern war gerade am Himmel erschienen, als es an die Tür klopfte.
    „Herein", rief Kathryn, denn sie dachte, es sei Gerda, die ihr das Nachtmahl brachte.
    Traurig und entmutigt, wie sie sich fühlte, zog sie die Beine an, schlang die Arme um die Knie, legte die Wange darauf und beobachtete weiterhin den Himmel, an dem gerade ein zweiter Stern aufging. Die leisen Schritte im Gemach beachtete sie nicht weiter.
    „So

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