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Geliebter Feind

Geliebter Feind

Titel: Geliebter Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
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Kathryn befohlen hatte, sich zu entkleiden. Es war Gerdas Gesichtsausdruck anzusehen, daß sie sich über die völlig ungewohnte Unordnung der Herrin wunderte; sie äußerte sich freilich nicht dazu.
    Kathryn nahm das Hemd entgegen und legte es an. Sie schlug die Felldecke zurück, stand auf und verzog das Gesicht wegen des leichten, wenn auch stechenden Schmerzes zwischen ihren Beinen.
    Als sie hinter sich Gerdas scharfes Einatmen hörte, drehte sie sich um. Beide Frauen starrten entsetzt auf den großen Blut-fleck auf dem Bettuch. Die heiße Verlegenheit färbte Kathryns Wangen flammend rot.
    Eigentlich hätte es ihr ja ganz gleichgültig sein können, was Gerda jetzt dachte. Dem war allerdings nicht so. Seit dem Tag, an dem sie, Kathryn, zu Peters Lebensretterin geworden war, hatte sich die Haltung der Magd ihr gegenüber verändert. Gerda war eine Spur freundlicher geworden. Kathryn machte sich allerdings nichts vor; falls sie Gerdas Loyalität auf die Probe stellte, würde Guy de Marche selbstverständlich der Sieger bleiben.
    Sie fuhr zusammen, als eine sanfte Hand ihren Arm berührte.
    „Herrin", sagte Gerda leise, „wünscht Ihr heute morgen vielleicht ein warmes Bad?"
    Kathryn mußte ihren ganzen Mut zusammenraffen, um sich umzudrehen und dem Mädchen in die Augen zu sehen. Gerda schaute sie aufrichtig besorgt an. Mehr denn je war Kathryn den Tränen nahe. „Danke sehr", flüsterte sie. „Das wäre wirklich sehr angenehm."
    Das heiße Badewasser dämpfte den Schmerz an intimer Stelle tatsächlich. Trotzdem fühlte Kathryn den Earl noch immer mit ihrem ganzen Körper, und selbst sein Geruch schien noch an ihr zu haften. Sie schrubbte sich mit großem Eifer ab, um jede Spur von ihm zu beseitigen, doch die Erinnerung an ihn ließ sich nicht so leicht tilgen. Kathryn brauchte ja nur die Augen zu schließen, und schon sah sie seinen großen, muskulösen Körper deutlich vor sich.
    In ihr widerstritten die Gefühle auf das heftigste. Sie hatte erwartet, daß sie nichts als Ekel und Abscheu vor seiner Tat empfinden würde. Jetzt indessen fühlte sie sich nur irgendwie betrogen - betrogen um etwas, von dem sie nicht einmal wußte, was es war.
    Sie hatte sich geschworen, keine Freuden aus der Hand des Earls entgegenzunehmen, und dennoch erinnerte sie sich nur allzu deutlich ihrer eigenen Erregung bei seinen atemberaubenden Liebkosungen. Sie spürte noch zu genau, wie es sich angefühlt hatte, als er seinen Unterkörper an ihren gepreßt hatte und in sie eingedrungen war. Seine zärtlichen Berührungen hatten so viel versprochen, doch am Ende hatte nur der furchtbare Schmerz gestanden . . .
    Als Gerda später zurückkehrte, hatte Kathryn das Bad beendet. Jetzt stand sie am Fenster und blickte in den Burghof hinunter. „Ich habe heute morgen den Earl noch nicht gesehen", bemerkte sie scheinbar gleichmütig. „Weißt du, wo er sich befindet, Gerda?"
    „Er ist fort, Herrin."
    „Fort? Wohin ist er gegangen?"
    „Er wollte verschiedene Güter im Norden aufsuchen, Herrin.
    Er sagte, er würde in zwei Wochen zurück sein, vielleicht auch ein wenig später."
    „Zwei Wochen ...", wiederholte Kathryn bestürzt. „Davon hat er mir doch gar nichts . . . " Sie unterbrach sich. Närrin!
    schalt sie sich im stillen, weshalb sollte Guy de Marche mich auch über seine Pläne unterrichten? Ich bedeute ihm doch nichts. Sie wappnete ihr Herz gegen ihn. Jawohl, sie war sogar sehr froh, daß er fort war. Und wenn er ein ganzes Jahr fortblie-be - es würde sie nicht im geringsten kümmern.
    Zu ihrer Verblüffung erfuhr sie von Gerda, daß der Earl vor seinem Aufbruch einige Beschränkungen aufgehoben hatte: Sir Michael sollte ihr nicht mehr folgen, wenn sie die Mauern der Burg verließ. Es traf sie in ihrem Stolz, zugeben zu müssen, daß Guy de Marche sie möglicherweise doch besser kannte, als sie dachte. Hätte er nämlich die Fesseln noch fester angezogen, würde sie bei der ersten sich bietenden Gelegenheit ausgebrochen sein.
    Kathryn verbrachte die meisten der folgenden Vormittage damit, mit Gerda zusammen Gewänder aus den Stoffen zu nähen, die der Earl ihr geschenkt hatte. Nachmittags ritt sie regelmäßig aus, manchmal allein, manchmal mit Gerda und Peter.
    Nachdem sie und der kleine Junge eines warmen, sonnigen Nachmittags im Bach geplanscht hatten, beschloß sie, ein wenig die Gegend zu erforschen. So etwas hätte sie früher unter Sir Michaels Bewachung nie gewagt. Mit Peter stand sie neben Esmeralda und schaute sich

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