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Geliebter Feind

Geliebter Feind

Titel: Geliebter Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
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Essen oder Schlafen, denn wie üblich verlangte Heinrich II. von seinen Leuten genausoviel wie von sich selbst.
    Tagsüber und die halbe Nacht hindurch war Guy mit dem Kö-
    nig und dessen Beratern eingeschlossen. Erst lange nach Mitternacht konnte er ins Bett fallen, um dann noch vor Tagesanbruch wieder aufzustehen. Zu dem geplanten Gespräch mit Kathryn kam er einfach nicht. Er sah sie auch nur einmal flüchtig - und zwar mit Roderick zusammen!
    Auch für Kathryn waren diese Tage die längsten und schmerzlichsten ihres Lebens.
    Heinrich II. war nicht so, wie sie sich ihn vorgestellt hatte.
    Zunächst verblüffte seine Jugend sie, doch dann wurde ihr seine machtvolle Persönlichkeit bewußt, die allein ausreichte, um jedermann davon zu überzeugen, daß er der neue Herrscher im Lande war.
    Am Morgen seiner Ankunft wurden Kathryn und Elizabeth in die große Halle befohlen. Kathryn erkannte den König sofort, denn sie hatte von seinem feuerroten Haar - und dem dazu passenden Naturell - gehört. Schlank von Gestalt, hatte er sehr breite Schultern, war allerdings nicht ganz so groß wie Guy, der an seiner Seite stand, still der Rede seines Herrn lauschte und gelegentlich nickte.
    Wenn Kathryn auch nicht die Worte des Königs verstand, so hörte sie doch seine tiefe und wohlklingende Stimme, und sie sah seine energische Gestik; am Ende warf er die Hände ärgerlich hoch.
    Sir Hugh trat zu den beiden und deutete über die Schulter hinweg auf Kathryn und Elizabeth, die darauf warteten, vorgestellt zu werden. Elizabeth war vor Angst wie versteinert. Sie krallte sich so fest an Kathryns Arm, daß es gewiß blaue Flecken hinterlassen würde.
    Mit dem Earl und Sir Hugh zu seinen Seiten trat der König auf die beiden Damen zu. Lächelnd deutete Guy mit dem Kopf auf Elizabeth. „Majestät, darf ich Euch die Lady Elizabeth of Ashbury vorstellen?"
    Elizabeth versank in einem tiefen Hof knicks. Als sie den Kopf wieder hob, schien sie wunderbarerweise all ihre Angst verloren zu haben. „Sire, Ihr beschämt uns mit Eurer Anwesenheit", hauchte sie.
    Er hob sich ihre Hand an die Lippen. „Und Ihr beschämt mich mit Eurer Schönheit, Lady Elizabeth, einer Schönheit, die es mit meiner Königin aufnehmen kann." Ein Lächeln erhellte sein rötliches Gesicht. „Ich bin nur froh, daß Eleanor hier nicht anwesend ist; so kann ich Eure Schönheit doch ausgiebiger genießen."
    Elizabeth errötete anmutig, und der König wandte sich an Kathryn.
    Guy lächelte nicht mehr. „Und hier, Hoheit, ist Lady Elizabeths ältere Schwester - die Lady Kathryn."
    Kathryn hoffte inständig, sie würde nicht die Ruhe verlieren.
    Sie schaute zu dem König auf. Sein kantiges Gesicht wirkte in-telligent, sein Bart war genauso feuerrot wie sein kurzgeschnit-tenes Haupthaar. Trotz seiner Liebenswürdigkeit erschrak sie, als sie sah, daß seine Augen ebenso grau und durchdringend waren wie die des Earls.
    Ihr Hofknicks fiel ein wenig mißglückt aus. „Sire", flüsterte sie. „Ich hoffe sehr, Euer Aufenthalt hier wird ein angenehmer sein."
    König Heinrich hob sie aus ihrem Knicks hoch und blickte ihr ins Gesicht. „Meiner Treu! Hier gibt es ja nicht nur eine einzige Schönheit, sondern gleich zwei! Schwestern, sagt Ihr?" Sein Blick sprang zwischen Elizabeth und Kathryn hin und her. Offensichtlich erstaunt über das so unterschiedliche Aussehen der beiden, lachte er leise. „Höchst verblüffend!"
    Ohne Kathryn auch nur einen Blick zu gönnen, führte Guy den König weiter. Sie empfand das wie einen Schlag ins Gesicht.
    Dennoch hegte sie die leise Hoffnung, daß der Earl zu ihr kommen, sie um Vergebung bitten und sagen würde, wie sehr er sich über das zu erwartende Kind freute.
    Es versetzte ihr einen Stich ins Herz, ihre Schwester mit Sir Hugh zusammen zu sehen. Die beiden Menschen waren so ineinander verliebt, daß sie für nichts und niemanden sonst Augen hatten.
    Nie hatte sich Kathryn miserabler gefühlt als jetzt. Obgleich ihr durchaus bewußt war, daß sie nur Mitleid mit sich selbst hatte, vermochte sie sich nicht davon freizumachen. Sie konnte sich nicht entscheiden, was schlimmer war - Helgas demütigende Verachtung oder Elizabeths und Hughs mitfühlende Mienen, wenn immer die beiden ganz zufällig auf Kathryns dicken Leib blickten.
    Am fünften Tag stand sie auf dem Wehrgang und sah zu, wie die endlose Prozession der Karren zum Tor hinaus rollte. Von Sir Hugh wußte sie, daß der König fürs erste die Absicht aufgege-ben hatte, Irland zu

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