Geliebter Feind
ich sah, daß sie ein Kind erwartet." Er runzelte die Stirn. „Elizabeth hat mir nämlich anvertraut, daß ihre Schwester nicht . . . "
„Das Kind ist von mir."
Das ist ja ein Ding! dachte Hugh. Er enthielt sich freilich jeg-lichen Kommentars, denn bei dem Gesichtsausdruck des Earls wäre jetzt schon die Milch sauer geworden. Als Guy jedoch aufsprang und ruhelos im Gemach auf und ab ging, vermochte Hugh seine Zunge nicht zu bändigen.
„Aha", sagte er kühl. „Und nun seid Ihr ärgerlich, weil Euer Same auf fruchtbaren Boden gefallen ist, ja?"
Guy blieb stehen. „Ich habe ihr nur zweimal beigewohnt -
und durchaus nicht gegen ihren Willen!"
„Wo man pflügt und sät, wird man auch ernten, und schon ein einziges Samenkorn kann Früchte tragen, Herr."
„Sieh mich nicht so an", knurrte Guy. „Ich hatte keine Ahnung von ihrer Schwangerschaft, als ich Sedgewick verließ, um Heinrichs Banner aufzunehmen." Du hättest es allerdings wissen können, schalt er sich im stillen. Wenigstens in Betracht hättest du es ziehen müssen! Hugh hatte schließlich recht; einmal konnte schon genügen. Und beim letztenmal war ihm, Guy, ja auch aufgefallen, daß Kathryns Brüste voller und ihre Spitzen von einem dunkleren Rosa waren. Zumindest da hätte er etwas vermuten können.
„Wie hätte ich es denn wissen sollen, wenn sie es doch vorge-zogen hat, mir nichts davon zu sagen? Und als sie erfuhr, daß ich zurückerwartet wurde, wollte sie in ein Kloster fliehen. Nur durch Gottes Hilfe konnte ich sie aufspüren und wieder einfan-gen."
Hugh fand es ungemein erheiternd, zuzuschauen, wie sein großmächtiger Herr sich zu verteidigen versuchte. „Mir scheint, Eure Zeit mit Kathryn war ziemlich anstrengend."
Guy schnaubte. „Diese Frau würde einem Heiligen die Geduld rauben!"
Hugh seufzte. „Hattet Ihr wirklich die Absicht, sie zu zähmen? Sie ist Euch in vielem sehr ähnlich. Immerhin besitzt Ihr auch ein reichlich höllisches Naturell."
„Und sie ist gleich selbst eine wahre Ausgeburt der Hölle!"
Guy war recht beleidigt, daß sein bester Freund sich auf Kathryns Seite schlug.
Hugh schüttelte den Kopf. „Guy, Ihr dürft nicht ihr an allem die Schuld geben."
„Das beabsichtige ich auch nicht." Er raufte sich die Haare und starrte eine Weile finster gegen die Wand. Zuletzt drehte er sich wieder zu seinem Freund um.
„Genug jetzt von meinen Schwierigkeiten. Reden wir von deinen Problemen." Er klopfte Hugh auf die Schulter. „Als wir uns zuletzt sahen, hätte ich geschworen, du seist in die Lady Elizabeth verliebt."
„Ich bin es noch immer." Hugh grinste ein bißchen schief. „Ich erwarte auch nicht, daß sich das ändert."
Guy zog die Augenbrauen hoch. „Das ist ja eine beachtliche Voraussage! Ist es dir so ernst?"
Hugh lächelte nicht mehr. „Ich weiß nicht, ob Kathryn es Euch erzählt hat", begann er langsam. „Ihre Mutter wurde vergewaltigt und ermordet, und Elizabeth hat alles mit ansehen müssen. Mir war von Anfang an klar, daß ich das Mädchen liebte, doch da Kathryn mir anvertraut hatte, daß ihre Schwester sich seit diesem grauenvollen Vorfall vor allen Männern fürchtete, mußte ich mich in Geduld fassen und sehr, sehr behutsam vorgehen."
Ein Leuchten wie von tausend Sonnen zog über sein Gesicht.
„Ich glaube, sie liebt mich, Guy. Ja, ich bin mir ganz sicher, daß es so ist und daß sie mich so nimmt, wie ich bin. Sobald ich genau weiß, daß sie soweit ist, werde ich sie bitten, mich zu heiraten."
Nachdem Hugh sehr viel später das Gemach verlassen hatte, legte sich Guy ins Bett und versuchte einzuschlafen, doch immer wenn er die Lider schloß, tanzte Kathryns Bild vor seinen Augen. Auf der ganzen langen Reise hierher hatte sie so verlassen und hoffnungslos ausgesehen, und das verfolgte ihn noch jetzt. Am Ende erkannte er, daß es nur eine einzige Lösung geben konnte.
Selbstverständlich würde sich Kathryn ihm widersetzen. Das hatte sie ja bisher in allen anderen Dingen auch getan, und er erwartete gar nichts anderes, doch er wollte verdammt sein, wenn er es noch einmal zuließ, daß sie bei der ersten sich bietenden Gelegenheit wieder vor ihm davonlief - und diesmal sogar mit seinem Kind unter dem Herzen.
Er seufzte tief. Am Morgen wollte er zu ihr gehen. Er wollte vernünftig argumentieren, schmeicheln oder, wenn es sein muß-
te, auch befehlen .. .
Der Morgen kam viel zu schnell und mit ihm der König samt Gefolge. Während der nächsten vier Tage blieb Guy kaum genug Zeit zum
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