Geliebter Freibeuter
Teller zur Seite. Von den Speisen hatte sie kaum etwas angerührt, ihr Magen war wie zugeschnürt.
»Ich danke dir für deine Sorge, aber es besteht kein Grund zur Beunruhigung, David. Erlaubst du, dass ich in den nächsten Tagen Lady Trelawny besuche? Ihre Zeit müsste bald gekommen sein, und da …«
»Sie ist Mutter einer gesunden Tochter geworden«, unterbrach David.
»Oh, wie schön!«, rief Eloise und freute sich ehrlich. »Dann werde ich Lady Trelawny so bald wie möglich aufsuchen und ihr meine Glückwünsche aussprechen.« Eloise bemerkte, wie sich Davids Stirn unwillig runzelte, darum fuhr sie rasch fort: »Bitte, David, diesen Wunsch kannst du mir nicht abschlagen. Von mir aus gib mir deinen stärksten Sklaven mit, aber ich bin nicht gewillt, die nächsten Wochen oder gar Monate das Haus nicht zu verlassen. Du wirst doch nicht wollen, dass ich mich wie eine Gefangene fühle, oder?«
Den letzten Satz hatte Eloise mit einem koketten Augenaufschlag und mit einem Kichern gesagt, wonach ihr garnicht zumute war. Sie hasste das Spiel, das sie spielen musste. Sie verabscheute Lügen und Heimlichkeiten, aber sie hatte keine andere Wahl, wenn sie das Leben des Gouverneurs und vielleicht auch das Leben Flynns retten wollte.
David Morgan schien nichts von Eloises Taktik zu bemerken, denn er antwortete freundlich: »Meine Liebe, ich verstehe deinen Wunsch. Die Höflichkeit gebietet es, Lady Trelawny unsere Aufwartung zu machen. Da sich in den letzten Tagen die Ereignisse überschlagen haben, war es auch mir bisher nicht möglich, den Eltern meine Glückwünsche zu überbringen. Wir werden die Trelawnys morgen Nachmittag aufsuchen, vorausgesetzt, du fühlst dich kräftig genug für einen Ausflug nach Kingston.«
Eloise hätte die Frau des Gouverneurs lieber allein und nicht in Begleitung von David besucht, aber wenigstens hatte sie einen Teilerfolg erzielt. Langsam erhob sie sich und nickte David dankbar zu.
»Ich gehe jetzt zu Bett und werde morgen lange schlafen, um am Nachmittag für den Besuch ausgeruht zu sein. Gute Nacht, David.«
»Gute Nacht, mein Liebling.«
Erneut musste Eloise ertragen, dass David sie auf die Wange küsste, dann endlich konnte sie seiner Gegenwart entfliehen. Sie hoffte, am morgigen Tag Lady Trelawny für ein paar Minuten unter vier Augen sprechen zu können, denn im Augenblick war die Frau des Gouverneurs die einzige Person, die ihr helfen konnte.
Lady Isobel Trelawny hatte sich von den Strapazen der Geburt weitgehend erholt. Ihre Augen strahlten voller Stolz, als sie Eloise das neue Familienmitglied präsentierte.
»Lady Eloise, darf ich vorstellen? Mary-Ann Trelawny, der kleine Sonnenschein unserer Familie.«
Beim Anblick des in der Wiege schlafenden Babys, auf dessen Kopf sich blonder Flaum ringelte, zog es Eloises das Herz zusammen. Würde sie jemals so ein kleines Wesen ihr Eigen nennen, es umhegen und umsorgen und ihm den Weg in ein sorgenfreies Leben bereiten können? Wenn ja, dann wohl nur als David Morgans Ehefrau …
Die aufmerksame Lady Trelawny bemerkte Eloises Empfindungen und drückte verständnisvoll ihre Hand.
»Ein eigenes gesundes Kind ist das größte Geschenk Gottes. Dafür ist man bereit, alles andere ohne Klagen zu ertragen, mag es manchmal auch noch so bitter sein.«
Erstaunt sah Eloise die etwas ältere Frau an. Hatte Lady Trelawny eine Vermutung, dass sich in Eloise alles gegen die Vorstellung, David Morgan zu heiraten, sträubte?
Zu viert verbrachten sie eine angenehme Stunde bei Kaffee und kleinen Apfelküchlein, aber Eloise saß wie auf Kohlen. Endlich wurden ihre stillen Gebete erhört, als der Gouverneur sich erhob und Morgan auffordernd ansah.
»Mein lieber Sir David, ich denke, wir sollten die Damen eine Weile allein lassen. Ich bin sicher, sie möchten sich gerne über Dinge austauschen, die nicht unbedingt für Männerohren bestimmt sind. Nicht wahr, mein Liebling?« Er trat hinter den Stuhl seiner Frau, und die Art und Weise, wie er seine Hand auf ihre Schulter legte, war so voller Zärtlichkeit, dass Eloise nicht daran zweifelte, zwei Menschen gegenüberzustehen, die sich aus ganzem Herzen liebten. Trelawny gab David einen Wink. »Mit Euch wollte ich sowieso noch über ein anderes Thema sprechen, Sir David. Wenn Ihr mich bitte in mein Arbeitszimmer begleiten möchtet?«
Kaum waren sie allein, konnte Eloise sich nicht mehr beherrschen und platzte heraus: »Euer Mann liebt Euch sehr, Lady Trelawny, und Ihr ihn auch, nicht wahr?«
Wenn
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