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Geliebter Freibeuter

Geliebter Freibeuter

Titel: Geliebter Freibeuter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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standen drei bewaffnete Männer vor der Tür. In den vergangenen Tagen hatte Flynn längst jeden Gedanken an Flucht aufgegeben. Wenn nicht Hilfe von außen käme, würde er die Zelle wohl erst dann verlassen, wenn er den Weg zum Schafott antrat.
    Deutlich erinnerte er sich daran, wie er Eloise zuletzt auf dem brennenden Deck gesehen hatte. Hilflos hatte er miterleben müssen, wie eine Kugel sie an der Schulter traf, sich ihr Kleid rot färbte und sie zusammenbrach. Er hatte jede Vorsicht außer Acht gelassen und versucht, zu Eloise zu gelangen. Nur die Angst um sie war der Grund dafür, dass er den Offizier, der plötzlich von der Seite auf ihn zusprang, zu spät wahrnahm. Bevor Flynn seinen gezogenen Degen in die Brust des Angreifers stoßen konnte, krachte etwas auf seinen Hinterkopf, der daraufhin zu explodieren schien. Als er wieder zur Besinnung kam, lag er, an Händen und Füßen angekettet,im Laderaum eines der Marineschiffe. Auch auf dem Weg vom Hafen ins Gefängnis wurde er so streng bewacht, dass ein Entkommen unmöglich war. Flynn hatte einige seiner Männer ebenfalls in Ketten gesehen. Zu seiner Erleichterung war Cubert nicht unter ihnen. Er hoffte, dem Freund wäre die Flucht gelungen, denn keinem anderen Mann vertraute er so sehr wie dem rauhbeinigen und rothaarigen Seemann. Cubert würde wissen, was zu tun war.
    Zornig hieb Flynn mit der Faust gegen die Wand. Bisher hatte niemand ein Wort mit ihm gesprochen. Er war zu keinem Verhör gebracht worden, niemand hatte ihm gesagt, wie lange er diese unfreiwillige Gastfreundschaft im Gefängnis in Anspruch nehmen musste. Flynn ahnte, die Einzelhaft war ein Teil von Trelawnys Strategie. Der Gouverneur hoffte wohl, ihn dadurch mürbe zu machen, um ihm Informationen über seinen geheimen Schlupfwinkel entlocken zu können. Da würde er aber lange warten müssen! Flynn hatte keine Angst vor Folter. Auch wenn sämtliche Arten von Foltermethoden in England seit Jahren verboten waren, zweifelte Flynn nicht daran, dass die Verantwortlichen auf Jamaika sich ihre eigenen Gesetze machten. Viel zu viel Leid und Schrecken hatte er bei den Sklaven gesehen und von ihnen erfahren. Besonders David Morgan schätzte Flynn als ungewöhnlich grausam ein, auch wenn er ihm noch nie persönlich begegnet war, aber Morgans menschenverachtende Art war im gesamten karibischen Meer bekannt.
    Flynn machte sich nichts vor – er würde sterben. Es wäre ihm zwar lieber gewesen, im Kampf sein Leben zu verlieren, aber das Schicksal hatte es anders gewollt. Wahrscheinlich würde man ihn hängen, denn geköpft zu werden war nur hochgestellten Herrschaften vorbehalten. Für einen gemeinenVerbrecher, Dieb und, wie alle meinten, Mörder war der Strang gut genug. Er wünschte sich nur zu wissen, wann sein letztes Stündchen schlagen würde. Flynn glaubte nicht daran, dass man sich die Mühe machen würde, eine Gerichtsverhandlung einzuberufen. Warum sollte er sich auch verteidigen? Sein jahrelanger Ruf sprach eine deutliche Sprache, niemand würde ihm Gehör und noch weniger Glauben schenken, wenn er die Wahrheit erzählte. Seine Gedanken wanderten wieder zu Eloise. Lebte sie? War sie schwer verletzt? Wenn ja, dann befand sie sich bestimmt wieder auf Morgans Plantage. Was, wenn Morgan ahnte, was Eloise und ihn, Flynn, verband? Er zweifelte nicht daran, dass Morgan auch vor der Misshandlung einer Frau nicht zurückschrecken würde, wenn er die Wahrheit wüsste. Eloise war jedoch stark und intelligent genug, so dass Morgan von ihr nicht erfahren würde, welche Verbindung zwischen ihr und Flynn bestand. Und dann war da noch das Mordkomplett gegen den Gouverneur. Vielleicht gelang es Eloise, Trelawny von den Absichten Morgans zu überzeugen, was an der Tatsache, dass er hängen würde, aber nichts änderte.
    Seit Tagen verdrängte Flynn die Vorstellung, Eloise vielleicht niemals wiederzusehen, nie wieder ihren zarten Körper in den Armen zu halten, nie wieder ihre weiße samtweiche Haut berühren und ihre vollen, roten Lippen küssen zu können. Wenn er solche Gedanken zuließ, würde er verrückt werden! Noch etwas lastete auf Flynns Herz. Er bereute, Eloise nicht in sein Geheimnis eingeweiht zu haben. Jetzt, da es sehr wahrscheinlich war, dass er diese Welt bald verlassen musste, hatte Eloise das Recht, die Wahrheit über ihn zu erfahren. Er bezweifelte, dass Eloise zur Hinrichtung kommen und sich das Spektakel ansehen würde, somit starb sein Geheimnismit ihm. Er lachte bitter auf. Über zehn Jahre

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