Geliebter Freibeuter
beiden Exemplare doch mal ansehen.«
»Nun ja, die Jüngere ist ganz ansehnlich, auch wenn sie für eine unverheiratete Frau schon etwas älter ist. Aber sie hat schönes Haar. Blond mit einem leichten Rotstich. Ihre Augen sind grün, allerdings funkeln sie wie bei einer Katze vor dem Sprung, wenn die Lady wütend wird …«
Bei Cuberts Worten war Flynn blass geworden. Eine Hand umklammerte den Wasserbecher, aber der Freund bemerkte die Veränderung seines Captains nicht.
»Der Captain der
Queen Beth
wird in ein paar Tagen Jamaika erreichen und den Überfall melden«, sagte Flynn nachdenklich. »Sicher wird so schnell wie möglich ein Suchkommando nach uns ausgesandt werden. Darauf müssen wir vorbereitet sein.«
»Aye, Captain. Ich gebe der Mannschaft Befehl, besonderswachsam den Horizont abzusuchen, und lasse nachts die Wachen verstärken.«
»Ja, tu das.« Flynn stand auf. »Die Tür zu der Kajüte der Frauen hat doch eine kleine Luke, nicht wahr?« Cubert nickte bestätigend, und Flynn fuhr fort: »Ich glaube, ich riskiere mal einen Blick auf unsere Gäste und entscheide dann, was wir mit ihnen machen.«
Eloise hörte, wie die kleine Klappe geöffnet wurde. Von innen konnte man allerdings nicht sehen, wer vor der Tür stand und in die Kajüte schaute. Sie lief zur Tür und hämmerte mit beiden Fäusten dagegen.
»Öffnet die Tür! Ich möchte mit dem Captain sprechen! Hört Ihr, Ihr sollt aufmachen!«
Sie erhielt keine Antwort, konnte allerdings jemanden schwer atmen hören, dann wurde die kleine Klappe wieder mit einem Knall geschlossen, und Eloise blieb nichts anderes übrig, als weiter abzuwarten.
5. Kapitel
Sie waren drei weitere Tage unterwegs, und Eloise weigerte sich immer noch, den Namen ihres Verlobten preiszugeben, aber sie aß regelmäßig. Kate hatte recht – sie musste bei Kräften bleiben, denn sie war fest entschlossen, die erste sich bietende Gelegenheit zur Flucht zu nutzen, auch wenn sie keine Ahnung hatte, wie sie das bewerkstelligen sollte. Cubert und zwei andere Männer kamen regelmäßig in die Kajüte, brachten das Essen und versuchten, Eloise zu einem Gespräch zu bewegen, aber sie blieb verstockt. Es war Kate, die es wagte, eine Bitte an den bulligen Kerl zu richten.
»Wir waren seit fünf Tagen nicht mehr an der frischen Luft, und das Bullauge lässt sich nicht öff nen.« Sie sah Cubert so freundlich, wie es ihr möglich war, an. »Wenn Ihr Lösegeld für meine Lady erhalten wollt, wäre es von Vorteil, wenn sie sich bei guter Gesundheit befindet. Für diese ist ein dauerndes Eingesperrtsein jedoch wenig förderlich.«
»Hä?« Cubert starrte Kate mit offenem Mund an. »Was redet Ihr so geschwollen?«
Hochmütig rümpfte Kate ihre Nase.
»Ich kann natürlich nicht erwarten, mit einem gemeinen Freibeuter ein kultiviertes Gespräch führen zu können.«
Ein Glucksen hinter seinem Rücken ließ Cubert herumfahren. Eloise hielt sich den Bauch vor Lachen. Diese Weiber schienen überhaupt keine Angst zu haben! Das war eine völlig neue Erfahrung für Cubert, und er fuhr immerhin schon über zwanzig Jahre zur See, die Hälfte davon auf einem Piratenschiff.Dennoch war das, was diese Kate gesagt hatte, nicht völlig von der Hand zu weisen.
»Nun gut, Ihr mögt ein wenig recht haben«, räumte er ein. »Ihr werdet allerdings einsehen, dass ich Euch nicht an Deck lassen kann, wenn die Mannschaft oben ist. Oder wollt Ihr den Blicken von Männern ausgesetzt sein, die seit Wochen keine Frau mehr gehabt haben?«
Angesichts dieser deutlichen Worte errötete Kate, wie Cubert befriedigend feststellte.
»Nein, natürlich nicht …«
»Heute Nacht könnt Ihr ein paar Minuten an Deck«, fuhr Cubert fort. »Ihr braucht aber nicht daran zu denken, über Bord springen zu wollen, denn wir sind meilenweit vom Land entfernt. Außerdem wimmeln die Gewässer hier von blutrünstigen Haien.«
Die letzte Aussage entsprach zwar nicht der Wahrheit, aber sicher war sicher. Die Lady zeigte sich jedoch davon wenig beeindruckt.
»Ihr könnt versichert sein, dass mir nicht der Sinn danach steht, ein nächtliches Bad zu nehmen, aber ein wenig frische Luft wäre zweifelsohne schön.«
»Dann bis später«, entgegnete Cubert und ließ Eloise und Kate wieder allein.
Es war eine ruhige und helle Nacht. Der Schein des Vollmondes tauchte das Deck in ein silbriges Licht, und das leise Plätschern der Wellen, die sich am Bug brachen, und das Knarren der Masten waren die einzigen Geräusche, die die
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