Geliebter Freibeuter
geleitete sie an Deck. Aus den Augenwinkeln bemerkte Eloise, wie Dutzende von Augenpaaren sie interessiert anstarrten, aber zum Glück war von Dark Flynn nichts zu sehen. Seit dem verhängnisvollen Abendessen war sie dem Captain nicht mehr begegnet, hatte aber weiterhin darauf beharrt, den Namen David Morgans zu verschweigen. Sollte sich der Pirat doch die Zähne an ihr ausbeißen! Irgendwie glaubte sie auch nicht, dass Dark Flynn seine Drohung, sie an Araber zu verkaufen, wahr machen würde. Arabien war weit entfernt, er würde es bestimmt nicht auf sich nehmen, extra wegen ihr in diese Gefilde zu segeln.
Kate teilte die Meinung ihres Schützlings ganz und gar nicht, aber Eloise war ihre Herrin, und sie respektierte deren Entscheidung. Ihre anfängliche Angst war sogar einer erwartungsvollenSpannung gewichen, denn Kate erlebte das größte Abenteuer ihres Lebens. Man hatte sie bisher mit ausgesuchter Höflichkeit und Respekt behandelt, und Kate ertappte sich sogar dabei, wie ihr Herzschlag ein wenig schneller wurde, wenn Cubert die Kajüte betrat. Unter der rauhen Schale des großen und derben Piraten schlug ein weiches Herz, dessen war sich Kate sicher. Daher ergriff sie bereitwillig seine kräftige, mit Schwielen übersäte Hand und ließ sich von ihm in das Beiboot helfen. Eloise indes strafte die helfende Hand mit Missachtung. Sie sprang den letzten Meter von der Strickleiter allein ins Boot und stürzte prompt. Schmerzhaft schlug sie sich beide Knie auf. Während Kate sofort an ihrer Seite war, erklang von oben schallendes Gelächter.
»Tja, liebe Lady, das kommt davon, wenn man meint, alles allein zu können.«
Dark Flynn beugte sich über die Reling, das Gesicht hinter der schwarzen Stoffmaske verborgen, aber seinem Mund sah man an, wie sehr ihn die Situation amüsierte. Eloise warf ihm einen wütenden Blick zu. Sie wusste nicht, wie liebreizend sie in diesem Augenblick aussah – das helle Sonnenlicht ließ ihr rötlich blondes Haar wie gesponnenes Gold leuchten, und die grünen Einsprengsel in ihren Pupillen funkelten wie frisch polierte Smaragde. Flynns Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, er konnte sich jedoch nicht verkneifen, spöttisch zu bemerken: »Ich hoffe, Ihr habt Euch nicht ernsthaft verletzt, Mylady, denn Ihr seid eine Ware, auf die ich besonders gut achtgeben muss.«
Eloise verkniff sich einen Kommentar und richtete den Blick starr auf den Hafen.
Zwei kräftige Ruderer brachten das Boot an Land, und beim Aussteigen ignorierte Eloise Cuberts Hilfe nicht. Eswar ein ungewohntes Gefühl, nach so langer Zeit auf schwankenden Schiffsplanken wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Auch Kate taumelte und hielt sich haltsuchend an Eloises Arm fest.
»Das ist völlig normal, Ladys«, erklärte Cubert. »Der Körper braucht ein paar Tage, um sich ans Land zu gewöhnen. Darum schwanken auch alle Seeleute, als ob sie zu tief ins Rumfass geschaut hätten.«
»Was die meisten aber auch gerne tun, nicht wahr?«, bemerkte Kate und sah sich aufmerksam um.
Die Hafenanlage bestand lediglich aus einem gemauerten Kai und vier mit Palmwedeln gedeckten Holzhütten. Eloise sprach Kates Gedanken aus: »Hier sollen wir also bleiben?« Sie sah Cubert herausfordernd an. »Ich muss schon sagen, ich bin eine etwas bessere Unterkunft gewöhnt, und wenn Ihr Geld für uns wollt, dann verlangen wir, dass man uns …«
»Ach, haltet doch Euren Mund!« Ungewohnt heftig fiel Cubert Eloise ins Wort. »Ihr habt den Captain gehört – er wird sich schon um Euch kümmern, keine Sorge.«
Drei Männer mit dunkler Hautfarbe kamen auf die kleine Gruppe zu, der eine sagte in einem gut verständlichen, aber nicht akzentfreien Englisch: »Willkommen zu Hause, Cubert. Ich habe, als Euer Schiff am Horizont gesichtet wurde, bereits alles Nötige veranlasst. Es ist schön, dass der Captain wieder hier ist.«
Cubert nickte wohlwollend, dann deutete er auf die beiden Frauen.
»Wir haben … nun, sagen wir … Besuch mitgebracht. Mahmadou, bring die Damen ins Haus und bitte Betty, sich um sie zu kümmern. Ich muss zurück, dem Captain helfen, die Ladung von Bord zu bringen.« Beim Fortgehen drehte ersich noch einmal um und zwinkerte dem Schwarzen zu: »Die letzten Wochen waren übrigens sehr erfolgreich. Wir kommen nicht mit leeren Händen.«
Mahmadou klatschte begeistert in die Hände, dann winkte er Eloise und Kate, ihm zu folgen. Zögernd gingen die beiden hinter dem Schwarzen her. Eloise war zwischen Faszination und
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