Geliebter Freibeuter
anderer Seite drohte. Aus diesen Gründen hatte er vier Schiffe klarmachen lassen, mit denen sich Morgan auf die Jagd nach Flynn begeben wollte.
»Es ist so weit, Sir.« Carrick betrat Morgans Arbeitszimmer und zog seinen Hut. »Die Schiffe liegen bereit, um mit der Morgenflut auszulaufen.«
Zufrieden nickte Morgan und schenkte zwei Gläser ein. Dankbar nahm Carrick den Rum entgegen und stürzte ihn in einem Zug hinunter.
»Haben wir genügend Waffen? Sind alle Kanonen einsatzbereit, und wie groß sind die jeweiligen Mannschaften?«
Bereitwillig gab Captain Carrick Auskunft, wagte dann aber doch einzuwenden: »Wie könnt Ihr sicher sein, dass sich Eure Braut in der Gewalt Flynns befindet? Wenn Ihr Euch irrt, Sir, dann könnte das Euren Untergang bedeuten, denn Trelawny wird Euch diese Eigenmächtigkeit niemals durchgehen lassen und dem König Bericht erstatten. Was das bedeutet, brauche ich Euch nicht zu sagen …«
»Ihr sagt es, Captain, darum haltet Euren Mund!« Scharf unterbrach Morgan Carricks Rede. »Lasst uns gehen, damitwir die Flut nicht verpassen.« Er griff nach Hut und Mantel, die auf einem Stuhl bereitlagen. An der Tür wandte er sich noch mal an den Captain. »Ich habe es im Gespür. Dieses Mal wird es uns gelingen, Flynn zu schnappen. Und dann gnade ihm Gott!«
Drei Stunden später hissten die vier größten Schiffe, die Jamaika aufzubieten hatte, Segel und verließen bis zum letzten Mann bewaffnet, den schützenden Hafen von Kingston.
Eloise erwachte vom Schlingern des Schiffes. Die Bewegung war so heftig, dass sie beinahe aus der Koje gefallen wäre. Durch das Fenster drang erstes graues Morgenlicht, heftiger Regen prasselte gegen die Scheiben, und in das Heulen des Windes mischten sich laute Befehle. Sich an den Möbeln festhaltend, stand Eloise auf und kleidete sich mühsam an. Kein Zweifel, die
Liberty
war in einen Sturm geraten, den ersten, den Eloise im karibischen Meer erlebte. Kaum zu glauben, dass der Himmel, der sich bisher in einem strahlenden Blau gezeigt hatte, nun mit schwarzen, bedrohlichen Wolken bedeckt war.
Auf dem Weg zum Deck stürzte Eloise, als sich das Schiff zur Seite neigte. Mit beiden Händen an den Handlauf geklammert, kletterte sie den steilen Niedergang hinauf und drückte die Tür auf. Sofort riss eine heftige Bö sie beinahe von den Füßen. Todesmutig bewegten sich Matrosen in den Wanten, um die Segel einzuholen, das Vorbramsegel hing bereits in Fetzen vom Mast herab.
»Flynn! Wo bist du?«, rief sie durch das Heulen des Sturm, dann sah sie Kate, die sich auf dem Vorderkastell auf eine Kiste kauerte und sich mit beiden Händen an ein Tau klammerte. Da legte sich eine Hand schwer auf ihre Schulter.
»Lady Eloise, es ist besser, wenn Ihr unter Deck bleibt.« Cubert sah sie streng an. »Ich bringe Kate gleich zu Euch. Bei diesem Wetter habt Ihr nichts an Deck zu suchen.«
»Wo ist der Captain?« Suchend sah Eloise sich um, konnte Flynn aber nirgends entdecken.
»Am Ruder, es sind zwei Männer nötig, das Schiff auf Kurs zu halten.« Cubert musste gegen den Sturm anbrüllen, damit Eloise ihn verstehen konnte.
Einen Moment später überrollte eine Welle das Deck und traf die beiden mit einer solchen Wucht, dass Cubert gerade noch Eloises Taille umklammern und sie festhalten konnte, sonst wäre sie über Bord gespült worden.
»Nun aber runter mit Euch! Der Captain bringt mich um, wenn Euch etwas geschieht!«
Nachdrücklich schob Cubert Eloise zur Luke. Sie sah ein, dass es besser war, das Unwetter in der Sicherheit der Kabine abzuwarten. Angst hatte sie keine. Warum auch? Die
Liberty
war groß und stabil und hatte schon vielen Stürmen getrotzt. Außerdem wurde sie vom besten Captain, den es auf den sieben Weltmeeren gab, befehligt. In Flynns Nähe hatte Eloise vor nichts und niemandem Angst.
Wenige Augenblicke später stolperte auch Kate in die Kajüte, ebenfalls bis auf die Haut durchnässt.
»Meiner Seel, ist das ein Wetter!« Sie schüttelte sich wie ein junger Hund. »Ich hätte nie gedacht, dass es in dieser Gegend ein solches Unwetter geben kann.«
»Das ist ein Tropensturm«, erklärte Eloise, die in einem von Captain Carricks Büchern darüber gelesen hatte. »Diese Stürme sind zwar selten, doch wenn sie auftreten, sind sie von großer Stärke. Aber keine Sorge, Kate, uns wird nichts geschehen. Wir sind ja nur noch zwei Tagesreisen von Jamaikaentfernt, und je näher man dem Land kommt, desto mehr verliert der Sturm seine Kraft.«
Kate nickte
Weitere Kostenlose Bücher