Geliebter Freibeuter
explodieren, Flammen schossen hoch, und sie konnte nicht verhindern, dass Kate mit der nächsten Welle über die Reling gespült wurde und in den aufgepeitschten Fluten versank. »Nein!« Ein schier unmenschlicher Schrei entrang sich ihrer Kehle. »Flynn! Flynn, wo bist du?«
Die Hitze der Flammen wurde immer stärker, und durchden Lärm knallten Musketenschüsse. In Eloises Nähe brach einer der Matrosen mit einer blutenden Wunde an der Brust zusammen.
Eloise konnte nicht mehr denken, nicht mehr fühlen, in ihr war alles wie erstarrt. Die Flammen fraßen sich an den Masten hoch, hatten die Taue erreicht, und sie konnte kaum noch atmen. Keuchend rang sie nach Luft, und gerade, als es ihr gelungen war, auf die Füße zu kommen, prallte etwas Hartes gegen ihre rechte Schulter und riss sie wieder zu Boden. Eloise spürte keinen Schmerz, sah aber mit ungläubigem Staunen, wie ihre Schulter blutete, und merkte, dass sie ihren Arm nicht mehr bewegen konnte. Das Deck unter ihr brannte nun lichterloh, und Eloise schwanden die Sinne. Das Letzte, was sie wahrnahm, war der triumphierende Ruf eines Mannes.
»Wir haben die Schweine erledigt! Dark Flynn ist geschlagen!«
Dann wurde es schwarze Nacht um Eloise.
19. Kapitel
Was für ein entsetzlicher Alptraum!, dachte Eloise, als sie erwachte. Um sie herum war alles ruhig, kein Laut des Kampfgetümmels drang mehr an ihre Ohren, und die Luft war frisch und klar und nicht mehr von Rauch geschwängert. Mit geschlossenen Augen tastete sie mit der linken Hand nach Flynns Körper, in der Hoffnung, er würde noch neben ihr liegen, aber ihre Finger fühlten nur weiche, seidene Laken. Weiche, seidene Laken? Auf der
Liberty
gab es keine Seidenstoffe! Eloise öffnete die Augen, und ihrer Kehle entrang sich ein Stöhnen, als sie den goldbestickten Baldachin erkannte. Als sie versuchte, sich aufzurichten, schoss ein höllischer Schmerz durch ihren rechten Arm, und aus ihrem Stöhnen wurde ein Aufschrei. Ein Schatten schob sich in ihr Blickfeld.
»Missis sein endlich wach!« Eloise blinzelte mehrmals, bis sie Dotty erkannte, die sie sorgenvoll musterte. »Missis müssen ganz ruhig liegen bleiben.«
»Ich habe Durst.« Mühsam entrangen sich die Worte Eloises Kehle, und ihre Stimme klang rauh. Einen Augenblick später stützte die Sklavin Eloises Kopf und hielt ein Wasserglas an ihre Lippen. Eloise trank in kleinen Schlucken, aber selbst diese geringe Anstrengung verursachte ihr große Mühe. Erschöpft ließ sie sich wieder in die Kissen sinken und schloss die Augen. Es war kein Traum gewesen, sondern bittere Realität! Die
Liberty
war überfallen und sie selbst war verwundet worden. Zweifellos befand sie sich wieder aufMorgans Plantage, aber wie war sie hierhergekommen? Wer hatte sie von dem brennenden Schiff gerettet? Mit einem Schlag kehrte die Erinnerung zurück. Sie sah wieder, wie Kate über Bord gegangen war. Eloise schluchzte auf. Und was war mit Dark Flynn geschehen? In den letzten Minuten, als alles um sie herum in Flammen aufging und sie angeschossen wurde, hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Hatte er sich retten können? Eloise wehrte sich gegen die Vorstellung, Flynn wäre verletzt oder gar getötet worden. Nein, er lebte, das wusste sie. Ganz sicher! Wäre er tot, würde sie das spüren! Doch was war mit den anderen? Mit Cubert und Robert? Wo waren Ben, Jack und der kleine Kombüsenjunge Cliff?
»Ruhig, Missis, bitte, liegen bleiben!« Eloise hatte nicht gemerkt, wie sie sich unruhig hin und her warf, und Dotty drückte sie an ihrer unverletzten Schulter sanft in das Bett zurück.
»Ich muss … aufstehen … Lass mich …«
Eloise schob Dottys Hand weg, und die Schwarze, gewohnt, den Befehlen der Herrschaft zu folgen, trat einen Schritt zurück. Obwohl der Schmerz in ihrer rechten Schulter heftig pochte und Eloise das Gefühl hatte, ein glühendes Messer würde ihr ins Fleisch schneiden, schaffte sie es, sich aufzusetzen. Als sie die Beine aus dem Bett schwang, begann der Boden unter ihr zu schwanken, und bunte Kreise tanzten vor ihren Augen. Bevor Eloise stürzte, fing Dotty sie auf.
»Missis müssen erst essen«, mahnte die Sklavin. »Missis haben seit einer Woche nichts mehr gegessen, müssen wieder Kraft bekommen.«
»Eine Woche!« Eloise riss entsetzt die Augen auf. »So lange bin ich schon hier?«
Dotty nickte, den Blick immer noch sorgenvoll auf Eloise gerichtet.
»Missis haben böse Wunde an Schulter. Weißer Medizinmann musste Gewehrkugel herausschneiden,
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