Geliebter Freibeuter
Du brauchst niemals wieder Angst vor ihm zu haben.«
»Wurde er verletzt, und was wird mit ihm geschehen?« In Eloises Ohren klang ihre eigene Stimme wie aus einer anderen Welt, aber Morgan schien nichts von dem Sturm der Gefühle, die in ihrem Inneren tobten, zu bemerken.
»Oh, der hat was über den Schädel bekommen, aber sonst fehlt ihm nichts. Noch nicht, meine Liebe, denn hängen wird man ihn, das ist klar. Wenn es nach mir ginge, wäre es schon längst geschehen, aber dieser Trelawny hat sich in den Kopfgesetzt, Flynn unter die Obhut der britischen Krone zu stellen. Ha!« Grimmig hob Morgan eine Hand und ballte sie zur Faust. »Trelawny ist der irrsinnigen Meinung, es reiche nicht aus, Flynn wegen Piraterie und Mord anzuklagen, sondern auch wegen Hochverrats. Und da dies Sache der Krone ist, hat er Captain Carrick nach England geschickt und will entsprechende Weisungen abwarten.«
Eloises Brust hob und senkte sich in schnellem Rhythmus. Sie musste ihre ganze Selbstbeherrschung aufbringen, um Morgan nicht merken zu lassen, was seine Worte in ihr auslösten. Aber Flynn lebte!
Noch
lebte er, und Eloise war dem Gouverneur im Stillen dankbar für seine Entscheidung. Das bescherte Flynn und auch ihr noch etwas Zeit. Zeit, die sie brauchte, um zu überlegen, was sie tun sollte. Wenn es überhaupt etwas gab, was sie tun konnte.
»David, weißt du, was mit diesem rotbärtigen Piraten geschehen ist? Ich glaube, sein Name war Cubert, und er ist sehr groß und kräftig, vielleicht ist er dir aufgefallen.«
Bevor Morgan antwortete, sprach Eloise im Stillen ein schnelles Gebet, in der Hoffnung, Cubert wäre die Flucht gelungen. Morgans nächste Worte machten jedoch alles zunichte.
»Er ist hinüber.« Als er sah, wie Eloise erschrocken zusammenzuckte, fuhr er rasch fort: »Verzeih, Liebling, meine derbe Sprache. Ich wollte natürlich sagen, dass er erschossen wurde und mit dem Schiff untergegangen ist. Das habe ich mit eigenen Augen gesehen. Du siehst, du bist nun völlig in Sicherheit, niemand wird es mehr wagen, dich zu belästigen.«
»Tot … wie Kate …« Eloises Augen füllten sich mit Tränen.
Sofort nahm Morgan wieder ihre Hand und meinte mitfühlend:»Es tut mir so leid, Eloise. Ich weiß, was deine Zofe dir bedeutet hat. Auch wenn der Sieg unser war, ist es doch furchtbar, dass der Kampf das Leben Unschuldiger gefordert hat.«
»Ist es einigen der Piraten gelungen zu entkommen?«
Erneut tätschelte Morgan Eloises Hand. Sie musste sich beherrschen, diese nicht fortzuziehen.
»Leider ja, sie flüchteten in einem Beiboot, aber ich wiederhole, liebe Eloise: Du brauchst keine Angst zu haben. Ich kenne mich mit solchen Banden aus. Wenn der Anführer nicht mehr lebt, dann fehlt den Verbrechern jeglicher Mut für weitere Taten. Außerdem haben sie kein Schiff, mit dem sie die Meere unsicher machen können.«
Eloise nickte bestätigend. Es war offensichtlich, wie zufrieden Morgan mit der Entwicklung der Situation war. Obwohl Eloise alles andere als erschöpft war, sagte sie leise: »Das Gespräch hat mich ermüdet, David. Würdest du mich bitte allein lassen?«
Ganz der Gentleman, den sie kennengelernt hatte, erhob er sich unverzüglich und verneigte sich leicht.
»Wie unaufmerksam von mir, Eloise. Schlaf dich gesund, meine Liebe. Ich hoffe, du bist mit Dottys Hilfe zufrieden? Wenn nicht, werde ich eine Pflegerin aus Kingston engagieren, die sich Tag und Nacht um dich kümmern kann.«
Eloise versicherte, Dotty reiche völlig, und sank stöhnend in die Kissen, nachdem Morgan das Zimmer verlassen hatte. Kate tot. Cubert tot. Und viele andere auch. Flynn gefangen! Sie selbst war verletzt und zumindest in den nächsten Tagen noch nicht in der Lage, etwas zu unternehmen, falls ihr eine Idee käme, was sie überhaupt würde tun können. Auf jeden Fall musste sie Flynn sehen! Es musste einen Weg ins Gefängnis geben. Es musste einfach!
20. Kapitel
Am schlimmsten war die Einsamkeit. Nein, nicht ganz, korrigierte sich Dark Flynn in Gedanken, viel schlimmer war die Ungewissheit, was mit Eloise geschehen war. So weit es seine eisernen Fußfesseln zuließen, ging Flynn in der kleinen Zelle auf und ab. Die Mauern bestanden aus massiven Quadersteinen, ein kleines, vergittertes Fenster, nicht mehr als ein Guckloch, war über Kopfhöhe in die Wand eingelassen, so dass selbst der hochgewachsene Flynn nicht hinaussehen konnte. Die Tür bestand aus massivem Eisen, und wenn sie geöffnet wurde und er sein Essen bekam,
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