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Geliebter Lord

Geliebter Lord

Titel: Geliebter Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Ranney
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ich, wo ich kann.«
    Sie tauchte das Tuch wieder ein und plazierte es diesmal oberhalb des Ellbogens.
    »Ihr habt ausnehmend kräftige Hände.«
    Sie lächelte ob der Verwunderung in seiner Stimme. »Medizin ist nichts für Menschen mit einem schwachen Herzen oder schwachen Gliedern, Mr. MacRae. Ich musste schon einem Mann die Schulter einrenken, der noch größer war als Ihr, und die Aufgabe erforderte viel Kraft.«
    »Wie wurdet Ihr zum Engel von Inverness?«
    Die Anrede ließ sie verstimmt die Stirn runzeln, doch Mary setzte ihre Behandlung ohne Unterbrechung fort. Die Haut unter ihren Händen begann, sich zu erwärmen. »Eines Tages wurde ich gebeten, den Sohn eines reichen Mannes zu behandeln. Der Kleine war dem Tode nahe, und der Arzt, der ihn betreut hatte, erklärte den Zustand des Kindes für hoffnungslos.« Mary begegnete Hamishs Blick. »Dr. Grampian ist einer der Ärzte, die mittellose Kranke von ihrer Schwelle weisen.«
    »Und Ihr habt den Jungen geheilt«, sagte Hamish.
    Sie nickte. »Es war nicht der schlimmste Fall, mit dem ich es bisher zu tun hatte, aber ohne Behandlung wäre der Kleine sicher gestorben. Die Krankheit hatte seine Atmung behindert. Sobald der Hals frei war, genas der Junge innerhalb kurzer Zeit.«
    »Es überrascht mich, dass der Arzt nicht die Lorbeeren für sich beanspruchte.«
    Mary lachte leise. »Das tat er – und nicht nur das. Er ließ kein gutes Haar an mir. Aber ich entschied, mich nicht auf seine Ebene hinunterzubegeben, indem ich ihn einen Lügner nannte, und ignorierte ihn stattdessen. Er wird nie einsehen, dass, wenn der Körper krank ist, auch die Seele mitbehandelt werden muss.«
    »Welche Behandlung würdet Ihr für eine Brandwunde vorschlagen?«
    »Ist das eine Prüfungsfrage? Ich würde raten, sofort kaltes Wasser aufzubringen.«
    »Und was würdet Ihr mir verordnen, Mrs. Gilly?«
    »Das sagte ich bereits: drei Massagen täglich.«
    »Und die elektrostatische Maschine.«
    Sie nickte. »Wenn ich eine Elektrisierapparatur beibringen könnte. Aber es gibt nur ein paar davon.«
    Mr. Marshall hatte ein ganzes Buch darüber geschrieben und die Behauptung aufgestellt, dass man mit dem Apparat alle erdenklichen Zustände heilen könnte. Richard Lovetts Werk über die Behandlung mit statischer Elektrizität zugrundelegend, hatte er bewiesen, dass Kopfschmerzen, Gicht, Rheumatismus damit geheilt werden konnten. Mary nahm sich vor, Mr. Marshall bei ihrem Treffen zu der Wirksamkeit in diesem speziellen Fall zu befragen.
    Hamish schaute auf seinen Arm hinunter. »Glaubt Ihr wirklich, dass eine Behandlung mit Elektrizität funktionieren würde?«
    »Es wäre möglich. Aber da wir es nicht ausprobieren können, ist es müßig, darüber zu spekulieren. Wir werden mit dem arbeiten müssen, was uns zur Verfügung steht.«
    »Und was ist das?«
    »Eure unglaubliche Willenskraft.«
    Sie umfasste mit der rechten Hand sein Handgelenk, plazierte die linke über seinem Ellbogen und beugte langsam den Arm. Hamish verzog keine Miene, fixierte Mary mit seinen braunen Augen. Sie wandte den Blick als Erste ab. Als sie wieder hinschaute, waren Hamishs Augen geschlossen. Das war der einzige Hinweis darauf, dass, was sie tat, ihm Schmerzen bereitete.
    »Ihr müsst anfangen, den Arm zu trainieren, sonst ist er nie mehr zu gebrauchen. Ich weiß nicht, wie groß der Schaden ist, den die Nägel angerichtet haben. Wir müssen einfach davon ausgehen, dass, was verletzt wurde, geheilt werden kann. Und wenn es nicht von selbst heilt, muss man eben nachhelfen.«
    »Ich hatte recht: Ihr vertreibt die Krankheiten mit Hartnäckigkeit.«
    »Es kommt mir nicht darauf an, wie das Ergebnis erzielt wird, Hamish«, erwiderte sie, »nur darauf, dass der Patient gesund wird.«
    »Das war jetzt das zweite Mal«, sagte er.
    Sie sah ihn fragend an.
    »Dass Ihr mich Hamish genannt habt. Ist solche Vertrautheit üblich zwischen Patient und Heilerin?«
    Mary spürte ihre Wangen warm werden. »Nein, natürlich nicht. Wenn Ihr es wünscht, werde ich Euch selbstverständlich mit Mr. MacRae ansprechen.«
    »Ich ziehe Hamish vor – und Mary, anstatt Mrs. Gilly. Oder habt Ihr etwas dagegen einzuwenden?«
    Sie schüttelte den Kopf und wiederholte die Beugung seines Arms. Kurz darauf spürte sie einen leichten Widerstand, als erwachten die Muskeln zum Leben. Vielleicht nur ein Reflex, dachte sie. In der folgenden Viertelstunde wechselten sie kein einziges Wort. Mary setzte die Bewegungsübung unermüdlich fort,

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