Geliebter Moerder - Eine wahre Geschichte
voll vertraue.
»Nicht zuletzt deshalb, weil wir die ehrlichste Beziehung führen, die ich jemals hatte. Kein Schönreden, kein Weglassen, kein Rumschwindeln.«
»Außer, dass er dir vier Monate lang etwas vorgemacht hat.«
»Hätte er es mir gleich beim ersten Treffen sagen sollen?«
»Nein. Ich verstehe natürlich, dass er damit gewartet hat. Aber Fakt ist, dass er dir monatelang etwas ver schwiegen hat und es nicht die ehrlichste Beziehung der Welt war. Und wer weiß, was er jetzt noch alles vor dir verbirgt.«
Ich fühle, wie Trotz in mir hochsteigt, obwohl ich Christianes Argumente nachvollziehbar finde.
»Was hättest du denn getan? Dich sofort getrennt.«
»Ja, das hätte ich wahrscheinlich, auch wenn das leichter gesagt als getan ist. Wenn man viel für jemanden empfindet, ist das sicher nicht so leicht.«
»Eben.«
»Aber ich wäre ganz sicher sofort auf Distanz gegangen. Hätte um Bedenkzeit gebeten und mich nicht mehr mit ihn getroffen.«
»Bedenkzeit?«
»Ja, ein paar Wochen Abstand. Dann hättest du das verdauen und darüber nachdenken können. Deine Gefühle erforschen. Und für ihn wäre es auch eine Bewährungsprobe gewesen – man hätte gesehen, ob er für dich Verständnis hat und dir diese Auszeit zugesteht.«
»Ein paar Wochen gleich? Das hätte ich nie durchgehalten.«
»Ich sage ja auch, dass ich das an deiner Stelle gemacht hätte. Das hätte ich auf jeden Fall besser gefunden, als übergangslos weiterzumachen, als wäre nix gewesen. Ich meine, das ist doch Irrsinn! Wir sprechen hier immerhin von Mord. Und nicht an irgendjemandem, sondern an seiner Exfreundin.«
Ich antworte nicht darauf, weil ich wieder mal einen Kloß im Hals habe und spüre, wie mir Tränen in die Augen steigen. Ich könnte mich ohrfeigen für diese dauernden Gefühlsaufwallungen. Christiane merkt natürlich sofort, was los ist, obwohl sie mich nicht sieht – sie kennt mich einfach seit Ewigkeiten.
»Kristin, weinst du? Ich hab das nicht böse gemeint. Ich mache mir doch nur Sorgen um dich.«
»Ich weiß, ich bin ein Sorgenkind.«
»Und es tut mir auch so leid für dich, dass du dauernd Pech mit den Männern hast. Im allerersten Moment dachte ich, du machst einen Witz, als du mir davon erzählt hast.«
»So schlechte Witze erzähle nicht mal ich.«
»Nach deinen letzten beiden Lebensabschnittsgefährten nach Oliver dachte ich, schlimmer kann’s nun nicht mehr kommen.«
»Schlimmer geht immer.«
»Ja, das sehe ich jetzt auch.«
Christiane ist auch die Einzige, die sich nicht vorstellen kann, unter bestimmten Umständen einen Mord zu begehen.
»Jemanden aus Notwehr zu töten, weil er Leon, Martin oder meinen Eltern etwas Schreckliches antun will oder um mein Leben zu retten – okay. Aber jemanden ermorden? Nein. Niemals.«
Ich versuche, sie zu umzustimmen, auch wenn ich nicht genau weiß, warum. Dabei greife ich auf Hannahs Beispiel zurück, weil es mir besonders gut nachvollziehbar erschien, als wir genau über diesen Punkt sprachen. Aber ich schmücke es noch ein wenig aus und nutze Christia nes stark ausgeprägte Abneigung gegenüber Männern mit protzigen Autos.
»Stell dir vor, ein besoffener SUV -Fahrer würde einen Unfall bauen, und Martin oder Leon wären danach querschnittsgelähmt, und der Unfallfahrer würde nur zu einer lächerlichen Strafe verurteilt werden – würdest du dich nicht rächen wollen, wenn du die Gelegenheit dazu hättest?«
»Das ist jetzt ein sehr konstruiertes Beispiel.«
»Selbst unter diesen Umständen könntest du dir nicht vorstellen zu morden? Nun sag schon«, beharre ich auf einer Antwort.
»Ich finde, alle SUV -Fahrer gehören sofort aus dem Verkehr gezogen und sollten unter Strafandrohung dazu verdonnert werden, aufs Fahrrad umzusteigen.«
»Christiane, nun sag schon!«
»Nein, ich denke, ich würde auch dann nicht morden.«
»Wie kannst du dir da so sicher sein?«
»Wie kannst du dir so sicher sein, dass du dazu in der Lage wärst?«
Sie hat wieder recht. Ich habe keine Antwort darauf, also schweige ich, während Christiane weiterspricht.
»Und im Übrigen hat Claus nicht gemordet, weil jemand einem geliebten Menschen etwas Schlimmes angetan hat und er die Gerechtigkeit in die eigene Hand nehmen wollte.«
»Ja, das stimmt. Bei ihm war es wohl eher ein Gemisch aus Verzweiflung, Angst und Eifersucht.«
»Seine Freundin hat sich von ihm getrennt und ist fremdgegangen. Das passiert millionenfach, jeden Tag, überall auf der Welt. Auch du hast Thomas
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