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Geliebter Normanne

Geliebter Normanne

Titel: Geliebter Normanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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ausgestreckten Arm von Jean, einem der vier Ritter, die sie und ihre Kammerfrau Luchia begleiteten, und ließ sich aus dem Wagen helfen.
    »Heute Morgen habt Ihr gesagt, Jean, dass wir vor Sonnenuntergang Penderroc Castle erreichen werden.« Ihre Stimme war schrill vor Ärger. Wie Luchia aus dem Wagen herauskam, kümmerte Constance nicht, stattdessen fuhr sie grimmig fort: »Ich hoffe, der Schaden lässt sich rasch beheben, damit wir vor Einbruch der Dunkelheit unser Ziel erreichen werden. Ich ertrage es nicht, noch eine Nacht in einer heruntergekommenen und schmutzigen Herberge zu verbringen. Sofern es in dieser Gegend überhaupt eine gibt, die diese Bezeichnung verdient hat.«
    »Dann hätten wir in London bleiben müssen.« Luchia konnte eine bissige Bemerkung nicht unterdrücken, während sie sich mühsam und ohne Hilfe aus dem schräg daliegenden Wagen quälte.
    Constance Aubrey schenkte ihrer Kammerfrau keinen Blick. Sie wickelte ihren Umhang fester um sich, zog die Kapuze über ihren Kopf und entfernte sich ein paar Schritte von dem Wagen. Dabei versuchte sie, nicht in allzu viele Pfützen zu treten.
    »Gibt es in der Gegend einen Bauernhof oder einen Unterstand, in dem ich warten kann, bis die Achse repariert ist? Hier werde ich ja nass bis auf die Haut. Es ist eine Zumutung …« Sie funkelte Ritter Jean so böse an, als wäre dieser höchstpersönlich für das schlechte Wetter und den Achsenbruch verantwortlich.
    Jean, an die Launen der Dame gewöhnt, verzichtete auf den Hinweis, dass der Kutscher den Wagen wohl kaum absichtlich in ein Schlagloch gelenkt hatte. Er und seine drei Begleiter waren vom König dazu bestimmt worden, Lady Constance Aubrey nach Cornwall zu begleiten, und Befehl war Befehl, auch wenn keiner von ihnen diesem gerne nachgekommen war. Lady Constance schien jedoch unter dem besonderen Schutz des Königs zu stehen, deshalb bemühte sich Jean, die Lady seinen Unwillen nicht merken zu lassen.
    »Ich werde sofort Erkundigungen einziehen, Mylady«, antwortete er unterwürfig, während einer der Knappen mit dem Kutscher flüsterte. Jean sah an dessen Gesichtsausdruck, dass es nicht so einfach war, die Achse zu richten, was er der Lady tunlichst verschwieg. Auf keinen Fall würden sie ihr Ziel wie geplant am Abend erreichen.
    Die fünf Männer richteten den Wagen wieder auf, und Constance und Luchia flohen vor dem Regen unter einen Baum. Da die Eiche um diese Jahreszeit aber nur wenig belaubt war, waren sie fast schutzlos der Nässe ausgesetzt. Es schien Constance eine Ewigkeit zu dauern, bis Jean zurückkam.
    »Etwa eine Meile von hier ist ein kleines Dorf mit einer Herberge, Mylady. Ich bringe Euch am besten dorthin.«
    Constance seufzte. »Es scheint wohl keine andere Möglichkeit zu geben, wenn wir nicht völlig durchnässt werden wollen.«
    Bereitwillig ließ sie sich von Jean auf sein Pferd helfen, ein zweiter Reiter nahm Luchia und eine kleine Tasche mit ein paar Kleidungsstücken vor sich auf den Sattel, dann ritten sie durch den immer heftiger werdenden Regen davon.
    Das Dorf Hatchwood war lediglich eine Ansammlung armseliger, strohgedeckter Holzhütten, es gab nicht einmal ein Gotteshaus. Das Haus, das sich Herberge nannte, hatte diese Bezeichnung kaum verdient. Constance Aubrey fror in ihren nassen Kleidern jedoch so sehr, dass sie den Schmutz und den unangenehmen Geruch nach ungewaschenen Leibern, abgestandenem Essen und saurem Bier in der rußgeschwärzten Gaststube kaum wahrnahm. Hier drinnen war es wenigstens trocken und einigermaßen warm. Ein kleiner hagerer Mann, offenbar der Wirt, wuselte geschäftstüchtig um sie herum. Auf den ersten Blick hatte er erkannt, dass die Ankömmlinge von hohem Rang waren und sicher die Taschen voller Geld hatten. Solche Gäste verirrten sich nur selten in das Dorf, daher brachte er sofort Krüge mit warmem Bier und bemühte sich, ein einfaches Mahl zu servieren. In einer kleinen, wenig sauberen Kammer wechselte Constance ihr Obergewand, dann trat sie wieder in den Schankraum und sah sich nach anderen Gästen um. Lediglich ein Mann saß, den Rücken ihr zugewandt, in der Ecke, ansonsten war der Raum leer. Das Wams des Fremden war schmutzig und an einigen Stellen eingerissen, sein Haar war fettig und seine Gestalt gedrungen. Zuerst dachte Constance, es handle sich um einen einfachen Bauern, aber irgendetwas an dem Mann kam ihr bekannt vor, obwohl dies unmöglich war, denn sie war nie zuvor im Westen des Landes gewesen. Seine kurzgeschnittenen

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