Geliebter Normanne
vor dem Wirt offen zu sprechen, denn dieser war der französischen Sprache nicht mächtig. Ralph ließ Constance im Ungewissen und leerte erst genüsslich zwei Becher Bier, dann wischte er sich den Schaum von den Lippen und sagte: »Er und seine Begleiter liegen mausetot im Straßengraben.«
»Tot?« Nun war Constance doch etwas erschrocken. »War es unbedingt nötig, einen geistlichen Mann zu … ermorden? Ihr könnt dafür in der Hölle schmoren.«
Ralph lachte zufrieden. »Leider wurde der Bischof von einer Eskorte bewaffneter Männer begleitet, die sofort ihre Waffen zogen, als wir den Wagen anhielten. Es blieb mir keine andere Wahl, wollte ich nicht mein eigenes Leben verlieren.«
Constance nickte. Eigentlich war geplant gewesen, dass Ralph den Bischof überfallen, ihn ausrauben – was in diesen unruhigen Zeiten durchaus nicht unüblich war, reisten doch gerade die kirchlichen Würdenträger stets mit großem Prunk und viel Geld in der Tasche – und ihn als Geisel nehmen sollte, bis Bosgard erledigt war. Nun gut, jetzt weilte der Bischof eben nicht mehr unter den Lebenden, trotzdem beschäftigte noch eine andere Frage Constance.
»Was machen wir, wenn Bosgard nicht mehr warten will und sich von jemand anderem trauen lässt?«
Ralph schüttelte den Kopf. »Ihr wisst, Mylady, ein Normanne kann seiner Abstammung nach eine gültige Ehe nur mit dem Segen eines Bischofs schließen. In ganz Devon und Cornwall gibt es jedoch keinen solch hohen Würdenträger. Dazu müsste Bosgard einen Boten nach Salisbury oder Winchester schicken, und bis von dort jemand nach Penderroc kommt, wird viel Zeit vergehen. Zeit, die wir für unsere Pläne nutzen können.«
Constance war etwas beruhigt. Allerdings lief ihr selbst die Zeit davon. Ihr Bauch rundete sich bereits, auch wenn man es in ihren Gewändern noch nicht erkennen konnte. Sie hoffte, dass der König ihre Nachricht inzwischen erhalten hatte und bald handeln würde. Auch wenn sie Bosgard de Briscaut als potenziellen Ehemann abgeschrieben hatte – die Rache, von ihm so schändlich verschmäht worden zu sein, musste bald vollzogen werden.
Zur selben Zeit auf Penderroc Castle
Der Morgen kroch langsam, aber unaufhaltsam durch das Fenster. Hayla erwachte, als ein Sonnenstrahl sie an der Nase kitzelte und sie niesen musste. Das Geräusch weckte Bosgard nicht, und so stemmte sie sich auf die Ellbogen und betrachtete das Gesicht des geliebten Mannes. Scharf stach seine Nase hervor, und auf seinen Wangen und dem Kinn zeigten sich Bartstoppeln. Sein kurzes, blondes Haar war zerzaust, und Hayla konnte der Versuchung, es glatt zu streichen, nicht widerstehen. Durch diese Berührung erwachte Bosgard und schlug die Lider auf. Als er Hayla sah, leuchteten seine grauen Augen auf.
»Ich wollte dich nicht wecken«, sagte sie und küsste ihn sanft auf den leicht geöffneten Mund.
»Für den Rest meines Lebens möchte ich so geweckt werden.« Bosgard streckte sich und gähnte ausgiebig. »Wenn ein Tag so schön beginnt, dann kann er doch nur Freude bringen.«
Hayla wusste, worauf Bosgard anspielte. Der Bischof von Exeter, der sie trauen sollte, war immer noch nicht eingetroffen, obwohl das trockene Wetter in den letzten Tagen eine Reise durchaus zugelassen hätte. Der von Bosgard ausgesandte Bote war längst wieder zurück und hatte glaubhaft versichert, Bosgards Nachricht dem Bischof übergeben zu haben. Vielleicht war der geistliche Mann erkrankt? Bosgard war von Natur aus ein ungeduldiger Mensch, und diese Warterei machte ihn nervös. Zwar lebten er und Hayla wie Mann und Frau zusammen, aber er wollte ihre Beziehung endlich legitimieren und vor Gott bestätigen.
Interessiert sah Hayla zu, wie Bosgard aufstand und sich anzog. Nach den letzten gemeinsam verbrachten Nächten kannten ihre Hände jeden Teil seines Körpers, und sie genoss es, das Spiel seiner Muskeln zu beobachten. Seine Schultern waren breit, seine Gesäßbacken dagegen klein und rund und von erstaunlicher Festigkeit. Alles an Bosgard war wohlproportioniert, und seine Haut schimmerte in einem leichten Bronzeton. Als er sich mit dem kalten Wasser, das in einer Schale auf dem Tisch stand, wusch und die Tropfen über seine leicht behaarte Brust rannen, erwachte in Hayla die Leidenschaft. Sie beherrschte sich jedoch, denn die Arbeit wartete auf sie. Obwohl sie von Bosgard wie eine Lady behandelt wurde und jeder in der Burg wusste, dass sie und der Herr bald heiraten würden, vernachlässigte Hayla nicht ihre
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