Geliebter Normanne
Kirchensitz zu beantragen. Damit wollte er allerdings noch einige Monate warten, im Augenblick wollte er sich bei König William lieber nicht in Erinnerung bringen. Er hatte eindeutig einen Befehl seines Souveräns missachtet, indem er Constance Aubrey fortgeschickt hatte, und er hatte keine Ahnung, wohin die Frau gegangen war und wie der König darauf reagieren würde. Die letzten drei Wochen waren die glücklichsten in Bosgards Leben gewesen, und er wollte sich dieses Glück durch nichts und niemanden zerstören lassen.
Ein Späher auf dem Söller sah die Staubwolke als Erster.
»Reiter halten auf die Burg zu!«, schallte es vom Turm herab.
Bosgard eilte, zwei Stufen auf einmal nehmend, nach oben. Er musste in der grellen Sonne mehrmals blinzeln, doch dann erkannte er einen größeren Trupp Reiter, die sich von Südosten Penderroc Castle näherten. Ein ungutes Gefühl bemächtigte sich seiner, und er befahl: »Schließt sofort die Tore! Und verstärkt die Wachen.«
Seine Männer kamen dem Befehl unverzüglich nach, und hektische Betriebsamkeit machte sich in der Burg breit.
Hayla eilte an Bosgards Seite. In ihren Augen stand Angst.
»Was hat das zu bedeuten?«
Sanft legte er einen Arm um ihre zitternden Schultern.
»Eine reine Vorsichtsmaßnahme, Hayla. Es können auch nur harmlose Besucher sein, aber ich möchte kein Wagnis eingehen.«
Hayla blieb bei Bosgard auf dem Söller, und gemeinsam beobachteten sie das Herannahen der Reiter. Bald schon war zu erkennen, dass es an die hundert Ritter waren – allesamt in Rüstungen und mit Waffen.
»Die kommen keinesfalls in friedlicher Absicht«, murmelte Bosgard besorgt. »Aber ich werde ihnen zeigen, wer der Herr hier ist.«
»Was ist mit den Leuten im Dorf?«, fragte Hayla bang, denn die Tore der Burg waren geschlossen, und die meisten Dorfbewohner standen auf der Straße und sahen den Ankömmlingen misstrauisch entgegen.
»Hab keine Angst, Hayla.« Mit diesen Worten versuchte Bosgard nicht nur die geliebte Frau, sondern auch sich selbst zu beruhigen. »Ich bin sicher, es lässt sich alles durch Gespräche klären.«
Hayla wünschte, sie könnte Bosgards Zuversicht teilen, aber das beklemmende Gefühl in ihrer Brust wurde immer stärker.
Sie warteten, bis sich von dem Trupp eine Handvoll Reiter löste und direkt vor das Tor ritt. Bosgard kannte den Mann nicht, der seine Stimme erhob.
»Bosgard de Briscaut, öffnet das Tor!«
Bosgard lehnte sich über die Brüstung und rief: »Wer seid Ihr, und warum stört Ihr und Eure bewaffneten Ritter den Frieden dieses Ortes?«
»Mein Name lautet Yven de Mantes, und ich komme auf Befehl des Königs.«
»Von König William?« Bosgards schlimmste Befürchtungen schienen sich zu bewahrheiten. »Was wünscht der König von mir, dass er ein solches Aufgebot schickt?«
Ein Reiter löste sich aus der Gruppe und trieb sein Pferd neben das von de Mantes. Erst als der Ritter den Helm abnahm, erkannte Bosgard den Mann, und Hayla presste vor Entsetzen die Hände auf den Mund.
»Bosgard, ich freue mich, dich wiederzusehen.« Ralph Clemency lachte höhnisch. »Im ganzen Land spricht man von dir und deiner kleinen Hure. Wir sind gekommen, dieses Weib nach London zu bringen. Der König würde gerne ihre Bekanntschaft machen.«
»Sir Ralph, ich habe Euch nicht erlaubt, das Wort zu ergreifen.« Yven de Mantes wandte sich verärgert um. »Mylord de Briscaut, der Mann hat allerdings recht. Ich überbringe Euch ein königliches Schreiben, in dem die Auslieferung einer gewissen Angelsächsin mit Namen Hayla gefordert wird, die sich in dieser Burg hier befinden soll.«
Instinktiv hatte Hayla sich hinter die Zinnen geduckt, so dass sie von unten nicht zu sehen war. Sie zitterte am ganzen Körper. Bosgard raunte ihr leise zu: »Geh in deine Kammer, schnell, und verriegle die Tür.«
»Bosgard …« Ihr Blick war ein einziges Flehen, und er nickte ihr beruhigend zu.
»Ich werde das regeln, Hayla, aber jetzt geh. Schnell!«
Hayla huschte die Wendeltreppe hinunter, und Bosgard beugte sich wieder über die Brüstung.
»Ich sehe keine Notwendigkeit, ein unschuldiges Mädchen in Eure Hände zu geben, Sir de Mantes.«
»Es wird dir nichts anderes übrigbleiben, als den Befehl des Königs zu befolgen, wenn wir deine schöne Burg nicht in Schutt und Asche legen sollen«, rief Ralph Clemency, was ihm einen erneuten Tadel von de Mantes einbrachte.
»Clemency, haltet Euch zurück. Muss ich Euch daran erinnern, wer hier der
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