Geliebter Rebell
in seinen dunklen Augen. »Ein Pfand – irgend etwas, das meine Träume von Ihnen am Leben erhält, liebste Lady…«
Selbstvergessen tanzte Katrina durch die Halle und stieß mit Elizabeth, ihrer Schwägerin, zusammen. »Oh! Verzeih mir!«
Elizabeth war eine unscheinbare junge Frau mit braunem Haar und breitem Mund, aber ihr Lächeln wirkte wie ein Licht in der Finsternis. Im Gegensatz zu Henry besass sie einen sanftmütigen, gütigen Charakter, und Katrina liebte sie sehr.
Ihr Bruder hatte Elisabeth wegen ihres Geldes geheiratet.
Die Seymours erfreuten sich zwar eines Adelstitels und hohen gesellschaftlichen Ansehens, aber das Geld der Barringtons ermöglichte Henry jenen luxuriösen Lebensstil, an den er sich sehr schnell gewöhnt hatte.
Katrina mochte ihn nicht besonders. Der fünfzehn Jahre ältere Bruder behandelte sie strenger als ein Vater. Doch sie musste sich fügen, denn seit dem Tod der Eltern vor einem Jahrzehnt, war er ihr Vormund. Wie sie wusste, sah er nur eine Schachfigur in ihr, die seinen Interessen dienen sollte. Aber dank seiner Frau hatte er es bisher nicht geschafft, Katrina mit einem reichen alten Gentleman zu verheiraten.
»Wüßte ich es nicht besser, würde ich sagen, du bist verliebt«, neckte Elizabeth ihre Schwägerin. »Komm in den Salon, meine Liebe. Lady Walthingham und Mistreß Tether haben die neuesten Modepuppen aus Frankreich mitgebracht.«
»Ich bin müde, Elizabeth«, versuchte sich Katrina zu entschuldigen. »Den ganzen Tag war ich unterwegs.« Doch dann wurde ihr bewusst, dass die Freundinnen ihrer Schwägerin – die korpulente, sittenstrenge Mistreß Tether und die schöne, raffinierte Lady Walthingham sie hören konnten. Sie wollte Elizabeth nicht in Verlegenheit bringen, und so ging sie in den Salon, um die Damen zu begrüßen.
Mistreß Tether erkundigte sich nach ihrem Befinden, Lady Waltingham stellte keine Fragen und musterte sie aufmerksam.
»Du musst dir unbedingt die neueste Mode anschauen, Katrina!« verlangte Mistreß Tether.
Katrina begutachtete die Puppe, die auf dem Tisch stand.
»Du meine Güte, diese Haare!« rief sie lachend. Die Franzosen waren zwar bekannt für ihren auffälligen Stil, aber das sah einfach absurd aus. »In dieser Perücke könnte eine ganze Krähenschar sitzen.«
Seufzend meinte Lady Walthingham »Weiß Gott, nur die Franzosen können sich so groteske Frisuren ausdenken. Aber beachte doch das wunderbare Kleid, Kindchen.« Das himmelblaue, tief ausgeschnittene Kleid mit dem voluminösen Reifrock war tatsächlich eindrucksvoll. Es hatte halblange, spitzenbesetzte Ärmel, den üppig gerüschten weißen Unterrock bedeckte ein geteilter Überrock. Die kleine Puppe trug ein Täschchen, einen grünen Seidenfächer und ein weißes Spitzenkäppchen mit Bändern und Feder.
»Sehr hübsch«, sagte Katrina.
Während sie sich über die neue Mode unterhielten, drang plötzlich lautes Geschrei von der Straße herein.
»Ja; das ist Lord Seymours Haus!« brüllte jemand. »Das Heim von Lord Tory!« Ein Stein zertrümmerte eine Fensterscheibe, Scherben fielen zu Boden. Mistreß Tether kreischte, Elizabeth schnappte nach Luft.
Katrina rannte zum Fenster, ohne an die Gefahr zu denken.
Heller Zorn rötete ihre Wangen. »Feiglinge!« schimpfte sie.
»Elende Schurken! Wie kann man wehrlose Frauen angreifen?«
Doch die Männer waren bereits verschwunden. Wahrscheinlich dumme Jungen, die geflohen sind, angesichts des Schadens, den sie angerichtet haben, dachte sie. Überall im Land herrschte nackte Gewalt. Das Commonwealth von Massachusetts rebellierte bereits, und es sah so aus, als würde Virginia diesem Beispiel bald folgen. Alle sprachen vom Krieg, und Katrina war sich der großen Ereignisse bewusst. Mit flammenden Reden sorgte Patrick Henry für Aufruhr im Abgeordnetenhaus. Manche Männer erklärten, sie wollten nur erreichen, dass der König ihre Rechte und Bedürfnisse berücksichtige. Andere behaupteten, ein Krieg sei unvermeidlich.
Henry lachte über solche Diskussionen und bezeichnete die Bewohner der Kolonie als Hinterwäldler und Analphabeten.
Der König habe gutausgebildete Soldaten zur Verfügung. Eine richtige Revolution könne nicht ausbrechen, aber das Leben würde ziemlich unangenehm werden.
»Geh vom Fenster weg, Katrina«, flehte Elizabeth. »Sonst wirst du womöglich noch verletzt.«
Katrina wandte sich zu ihr. »Die Schufte sind verschwunden«, berichtete sie geringschätzig. »Natürlich wagen sie es nicht, sich zu
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