Geliebter Schuft
eine um sieben in der Kensington Town Hall statt. Kannst du kommen?«
»Möglich.« Er warf ihr wieder einen Seitenblick zu. »Sind Demonstrationen geplant?«
Constance schüttelte den Kopf. »Es ist nur eine Versammlung«, sagte sie. »Wenn du willst, werde ich an der Treppe auf dich warten.«
»Sicher brauche ich jemanden, der für mich bürgt.«
»Nicht unbedingt, aber wir sehen uns die Leute an, die kommen. Man kann gar nicht vorsichtig genug sein, denn unsere Sache hat viele Gegner.«
»Ach.« Er nickte, und sie runzelte leicht die Stirn, da sie sich fragte, wieso sie plötzlich einen Anflug von Unbehagen verspürte, als wäre etwas nicht in Ordnung. Sie sah ihn an, er aber schien wie immer völlig entspannt zu sein.
»Und nach der Versammlung könntest du mit mir essen«, sagte er.
Es war eine Feststellung, keine Einladung. »Wenn das Teil der Abmachung sein soll«, erwiderte sie ausdruckslos.
»Ach, du meine Güte.« Er schüttelte den Kopf. »Ich will es noch einmal versuchen. Miss Duncan, so stachlig Sie sich auch gebärden, würden Sie mir die Ehre erweisen, nach der Versammlung mit mir zu essen?«
»Ich wäre entzückt, Mr. Ensor, danke. Damit bietet sich uns die Gelegenheit, Ihre Reaktionen zu diskutieren und Ihr Verständnis für unsere Forderungen zu vertiefen.« Unter ihrem sanften Lächeln konnte er einen Hauch von Triumph ahnen. Sie war überzeugt, das letzte Wort gehabt zu haben. Und sie hat Recht, entschied er. Im Moment jedenfalls.
»Das Vergnügen wird ganz auf meiner Seite sein, Madam.«
Zeit für den Rückzug, entschied Constance. Da sie Max' Fähigkeit, zurückzuschlagen, fürchtete, wollte sie ihren Sieg nicht gefährden. »Ich muss gehen«, sagte sie und räkelte sich träge. »Es war ein reizendes Picknick. Die Hummersandwiches waren herrlich. Und die Pasteten ... ich bin ganz hingerissen. Hat Letitias Koch sie zubereitet?«
»Nein, sie stammen aus dem Restaurant des Unterhauses«, sagte er und goss die Reste des Champagners in die Gläser. »Der Koch ist hervorragend. Ich hoffe sehr, dass du eines Abends dort mit mir speisen wirst.«
»Sehr gern«, sagte Constance mit einem anmutigen Lächeln. Sie trank den Champagner aus und gab ihm ihr Glas, als er die Reste ihres Picknicks in den Korb packte.
Sie stand auf und schüttelte ihren cremefarbigen Musselinrock aus. »Ich hätte ihn nicht anziehen sollen, er ist so hell, dass man jeden Fleck sieht.« Sie warf einen Blick über die Schulter auf die Rückseite. »Habe ich Grasflecken abbekommen?«
Max musterte ihre Kehrseite mit beträchtlichem Interesse. Er strich die Falten glatt und zupfte sie zurecht. »Es ist nichts zu sehen.«
»Gründlich nachgesehen h ast du ja.«
»Was hast du erwartet?«
Sie gab keine Antwort und konzentrierte sich stattdessen darauf, die breiten grünen Bänder ihres Strohhutes unter dem Kinn zu binden.
Max nahm den Picknickkorb in einen Arm und reichte ihr den anderen. So gingen sie das Ufer hinauf zu der Stelle, wo auf dem schmalen Weg sein Automobil geparkt war.
»Was für ein Wagen ist das?«, fragte Constance, die um das schimmernde dunkelgrüne Gefährt herumging, während Max den Korb in den Zwischenraum unter dem vorderen Beifahrersitz schob.
»Ein Darracq. Er wird in Paris hergestellt.«
»Ist er sehr teuer?« Sie fuhr mit der Hand über die zwei glänzenden, massiven Scheinwerfer des kostspielig aussehenden Wagens.
»Ja«, sagte er knapp.
»Und wie zuverlässig ist er?« Sie fuhr in ihrer Erkundung des Wagens fort. Es war ein wunderschönes Modell.
»Nicht sehr«, sagte er und kämpfte mit dem Korb, der sich nur schwer in den Zwischenraum schieben ließ. »Aber das ist der Preis, den man bezahlt. Es erhöht den Reiz.«
»Diese Wagen neigen also an den unmöglichsten Orten zu Pannen?«
»Ja, sie suchen sich für ihre Defekte unweigerlich die unpassendsten Stellen aus.« Er richtete sich auf und rieb sich die Hände ab. »Wie gesagt, das ist der Preis, den man für seine Eitelkeit bezahlt.«
»Dafür, dass man damit angibt«, beschuldigte sie ihn schmunzelnd.
»Wenn du unbedingt willst.«
»Ich kann es dir nicht verdenken. Er ist sehr schön.« Constance stieg auf das Trittbrett und spähte in das vor Chrom und Messing blitzende und nach Leder duftende Innere. »Und was ist die Ursache dieser Pannen? Dieser Hebel dort?« Sie deutete auf die Gangschaltung.
»Nein, die Gänge sind eigentlich zuverlässig, solange man vernünftig mit ihnen umgeht. Meist sind es der Motor oder die
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