Geliebter Tyrann
ihrem Kleid erkannte.
Clay hatte bisher noch nicht mit ihr sprechen wollen. Zuerst wollte er mit Nicole reden, sie beruhigen und vor allem verhindern, daß sie sich Sorgen machte. Er wollte sich aus dem Sessel erheben; doch Wes schickte ihm einen warnenden Blick zu. Clay zuckte mit den Schultern und setzte sich wieder hin. Vielleicht wollte Wes mit ihr allein sein.
»Das muß ein großer Schock für Sie sein«, sagte Wes so laut, daß Clay seine Worte gut verstehen konnte.
»Ich weiß nicht, was Sie meinen«, antwortete Bianca.
»Sie können ehrlich zu mir sein. Clay hat mir die ganze Geschichte erzählt. Da haben Sie nun die weite Reise von England hierher gemacht und erwartet, mit Clay getraut zu werden. Nun mußten Sie aber bei Ihrer Ankunft feststellen, daß er bereits mit einer anderen Frau verheiratet ist; und sogar öffentlich mit ihr zusammenlebt!«
»Sie verstehen mich!« rief Bianca dankbar. »Jeder scheint gegen mich zu sein, und ich begreife gar nicht, warum. Sie sollten sich gegen diese schreckliche Frau, Nicole, stellen. Ich bin diejenige, der man unrecht getan hat.«
»Sagen Sie mir, Bianca, warum wollten Sie Clay überhaupt heiraten?«
Sie schwieg.
»Ich habe inzwischen über alles nachgedacht«, fuhr Wes fort. »Mir scheint, daß wir uns gegenseitig helfen könnten. Sie wissen natürlich, daß Clay ein wohlhabender Mann ist.« Er lächelte, als Bianca eifrig nickte, »ln den letzten paar Jahren ist es auf meiner Plantage nicht so gut gelaufen, wie es sollte. Wenn Sie die Herrin von Arundel Hall wären, könnten Sie mir helfen.«
»Wie?«
»Hin und wieder könnten sich ja ein paar Rinder auf mein Land verlaufen oder vielleicht ein paar Büschel Weizen verschwinden. Clay würde das gar nicht merken.«
»Ich weiß nicht.«
»Aber Sie wären doch seine Frau. Ihnen würde die Hälfte der Plantage gehören.«
Bianca lächelte. »Natürlich. Könnten Sie mir helfen, seine Frau loszuwerden? Anfangs war ich mir sicher, daß ich seine Frau würde; doch in letzter Zeit bin ich mir dessen nicht mehr so sicher.«
»Natürlich werden Sie seine Frau sein. Wenn Sie mir helfen, werde ich Ihnen helfen.«
»Ich werde Ihnen helfen. Doch wie wollen Sie diese schreckliche Nicole loswerden? Sie hat sich ihm an den Hals geschmissen, und er, dieser törichte Mann, scheint Gefallen zu finden an ihren Straßendirnen-Manieren.«
»Ich habe genug gehört«, sagte Clay schroff und ragte jetzt über Bianca auf.
Sie drehte sich um, während sie sich erschrocken an ihren Hals griff. »Clay! Du hast mich aber erschreckt. Ich hatte ja keine Ahnung, daß du in der Nähe bist!«
Clay ignorierte sie und wandte sich an Wes. »Das wäre wirklich nicht nötig gewesen. Es dauerte zwar eine Weile; doch endlich begriff ich, was du meintest. Sie ist nicht Beth.«
»Nein«, sagte Wes ruhig, »das ist sie nicht« Er stand auf, und seine Augen gingen von Clay zu Bianca. »Ich glaube, Sie werden sich jetzt beide etwas zu sagen haben.«
Clay nickte und streckte ihm dann die Hand hin. »Ich habe dir eine Menge zu verdanken.«
Wesley grinste und schüttelte seinem Freund die Hand. »Ich habe den Boxhieb nicht vergessen, den du mir gegeben hast Aber ich bestimme den Zeitpunkt, wann ich ihn dir heimzahle.«
Clay lachte. »Da wirst du auch deinen Bruder Travis mitbringen müssen.«
Wesley schnaubte und ließ Clay mit Bianca allein.
Sie begann inzwischen zu begreifen, daß Clay ihr ganzes Gespräch mit Wes angehört und Wes es auch darauf angelegt hatte, daß Clay Zeuge des Gesprächs wurde. »Wie wagst du es, mich heimlich zu belauschen?« schnaubte sie, während Clay ihr gegenüber Platz nahm.
»Deine Worte haben nichts verraten, was ich nicht schon wüßte. Sag mir, warum bist du überhaupt nach Amerika gekommen?« Er wartete ihre Antwort nicht ab. »Ich glaubte einmal, dich zu lieben, und ich bat dich, mich zu heiraten. Ich wurde... lange von dir verfolgt wie von einem Gespenst; doch nun weiß ich, daß ich dich nie geliebt- daß ich dich nicht einmal gekannt habe.«
»Was willst du damit sagen? Ich besitze Briefe, in denen du schreibst, daß du mich heiraten wirst. Es verstößt gegen das Gesetz, wenn man ein Eheversprechen bricht.«
Clay sah sie erstaunt an. »Wie kannst du mir den Bruch eines Eheversprechens vorwerfen, wenn ich bereits verheiratet bin? Kein Gericht der Welt würde mich auffordern, meine Frau zu verlassen, um jemand anders zu heiraten.«
»Das werden sie tun, wenn ich ihnen die Umstände deiner Trauung
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