Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Geliebter Tyrann

Titel: Geliebter Tyrann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
Vom Netzwerk:
sah hinauf zum Fenster des Zimmers, wo Nicole schlief. Schlief sie wirk-lich? fragte er sich. Wie hatte das Erscheinen von Bianca auf der Party auf sie gewirkt?
    Er ging in das Haus, durch die Korridore und dann die Treppe hinauf zu ihrem gemeinsamen Zimmer. Nicole war die selbstloseste Person, die er jemals kennengelernt hatte. Sie würde ihn lieben, seine Kinder, seine Diener, sogar seine Tiere; doch sie würde nie etwas als Gegenleistung verlangen.
    Er wußte, daß sie nicht schlief, sobald er die Zimmertür öffnete. Er ging sofort zum Schrank und holte ein einfaches schokoladenbraunes Baumwollkleid heraus. »Zieh das an«, sagte er ruhig. »Ich möchte dich wegbringen.«

12
    Langsam schlug sie die Bettdecke zurück und zog ihr Hemd über den Kopf. Ihr Körper war ganz steif, so unglücklich fühlte sie sich. Wenigstens hatte er sie nicht vergessen, dachte sie. Wenigstens hatte das Auftauchen seiner geliebten Bianca ihn diesmal nicht vollständig verblendet. Vielleicht wollte er sie jetzt zur Mühle zurückbringen, so weit weg von Bianca wie möglich?
    Sie fragte nicht, wohin es gehen sollte. Ihre Hände zitterten so heftig, als sie ihr Kleid zuknöpfte, daß Clay ihre Finger beiseite schob und diese Aufgabe selbst übernahm. Er blickte auf ihr Gesicht, beobachtete ihre Augen, die groß und feucht waren, von Angst und Sehnsucht erfüllt.
    Er beugte sich zu ihr und küßte sie sanft, und ihre Lippen klebten an den seinen. »Ich glaube, ich habe dir nicht viel Grund gegeben, mir zu vertrauen, nicht wahr?«
    Sie konnte ihn nur anstarren. Die Kehle war ihr wie zugeschnürt. Sie konnte nicht sprechen.
    Er lächelte sie auf väterliche Weise an, nahm dann ihre Hand und führte sie aus dem Zimmer, aus dem Haus. Sie hob ihren langen Rock an, damit er nicht durch das nasse Gras schleifte. Clay zog sie rasch hinter sich her, nahm keine Rücksicht darauf, daß sie fast laufen mußte, wenn sie mit seinen Schritten mithalten wollte. Wortlos half er ihr auf das Deck der Schaluppe hinunter, band dann das Boot los und entrollte das Segel. Das elegante kleine Boot schnitt sauber und rasch durch das Wasser. Nicole saß stumm da und beobachtete ihn am Ruder des Schiffes. Mit seinen breiten Schultern sah er für sie wie ein Berg aus- undurchdringlich, geheimnisvoll, etwas, das sie liebte, aber nicht verstand.
    Es wurde ihr eng in der Brust, als sie sah, daß sie zur Armstrong-Plantage zurücksegelten. Ihre Vermutung war richtig gewesen! Er brachte sie zur Mühle zurück. Der eiserne Reifen, der sich um ihre Brust gelegt hatte, war zu eng, um noch Tränen hindurchzulassen. Als sie an dem Landungssteg der Mühle vorbeisegelten, spürte sie, wie sie tief Atem holte und eine Welle der Freude sie durchflutete.
    Zuerst erkannte sie den Platz nicht wieder, wo Clay anhielt. Es schien eine undurchdringliche Masse von Blättern zu sein. Er stieg aus dem Boot. Das Wasser reichte ihm über die Knöchel, als er die Schaluppe am Ufer vertäute und ihr dann seine Arme hinstreckte. Dankbar fiel sie fast in sie hinein. Er starrte sie einen Moment amüsiert an, ehe er sie über den versteckten Pfad auf die schöne Lichtung trug. Der Regen hatte alles frisch und neu werden lassen. Das Sonnenlicht brach sich in den Regentropfen auf Hunderten von Blüten.
    Clay setzte Nicole auf dem Boden ab, hockte sich dann vor den großen Stein bei den Blumen und zog sie auf seinen Schoß. »Ich weiß, wie sehr du fürchtest, dein Kleid mit Grasflecken zu verderben«, sagte er im neckenden Ton.
    Sie sah ihn mit todernsten Augen an und knabberte an ihrer Oberlippe. »Warum hast du mich hierhergebracht?« flüsterte sie.
    »Ich denke, es ist Zeit, daß wir reden.«
    »über Bianca?« Ihre Stimme war kaum noch hörbar.
    Sein Blick suchte den ihren. »Warum sind deine Augen voller Furcht? Hast du Angst vor mir?«
    Sie blinzelte ein paarmal. »Nicht vor dir; sondern vor dem, was du mir zu sagen hast. Das macht mir Angst«
    Er zog sie an sich, ihren Kopf an seine Schulter bettend. »Wenn es dir nicht zu langweilig wird, mir zuzuhören, würde ich dir gern von mir, von meiner Familie und von Beth erzählen.«
    Sie konnte nur schweigend nicken. Sie wollte alles über ihn
    wissen.
    »Ich hatte eine von diesen idyllischen Kindheiten, wie sie in den Märchen Vorkommen, die du den Zwillingen erzählst«, begann er. »James und ich wurden geliebt und erzogen von den wunderbarsten Eltern, die Gott je geschaffen hat. Meine Mutter war eine liebenswerte herzensgute Frau. Sie hatte

Weitere Kostenlose Bücher