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Gelinkt

Gelinkt

Titel: Gelinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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guten Familie. Ich hörte, daß sie in einem dieser schrecklichen Nachkriegswinter an Lungenentzündung starb. Sie war mit
    ›Boy‹ Piper befreundet. Sir Alan Piper, der einmal D.G. war.«
    »Ja. ›Boy‹ Piper war es, der mich damals da hinschickte, um die Sache für das Department in Ordnung zu bringen.«
    »Bitte weiter, Silas. Ich will die Geschichte hören.«
    »Viel ist da nicht zu erzählen. Die Frau … Winters Frau, schickte ihrem Mann eine Botschaft …«
    »Und das war dieser Nazi …?«
    »Ja, Paul Winter, der Nazi-Anwalt.«
    »Ins Gefängnis?« fragte der D.G. der es genau wissen wollte.
    »Er war nicht im Gefängnis, sondern in einem
    Privatquartier. Er war entlassen worden, um Esser zu

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    verteidigen. Die in Nürnberg angeklagten Nazis durften sich einen Anwalt ihrer Wahl nehmen, und von dieser Wahl waren nicht mal Kriegsgefangene ausgeschlossen. Die Botschaft besagte, daß die Frau sich in jener verdammten Berghütte befinde, also machte er sich auf den Weg dahin. Er hatte seine Frau seit Ende des Kriegs nicht mehr gesehen. Sein Bruder war, wie gesagt, ein U.S. Colonel. Der besorgte einen Jeep oder ein anderes Militärfahrzeug, und die beiden fuhren los, ohne auf die Genehmigung zu warten.«
    »Nach Berchtesgaden?«
    »Und bei besonders scheußlichem Winterwetter. Ich erinnere mich dieses Winters noch genau. Als dieser Paul Winter in der Berghütte anlangte, wartete dort seine Frau Inge tatsächlich auf ihn. Sie hatte ein Kind geboren. Sie wollte Geld.«
    »Hatte er Geld?«
    »Da oben war eine Metallkiste vergraben. Die hatte Esser da eingebuddelt. Während ihrer gemeinsamen Sitzungen hatte er Paul erzählt, wo sie war. Dann muß wohl Esser Inge Winter erzählt haben, daß ihr Mann den Ort kenne. Sie gruben die Kiste aus. Es war Gold; eine Sammlung verschiedener Münzen, die Esser den Tresoren der Berliner Reichsbank entnommen hatte, nicht ohne übrigens die Entnahme zu quittieren.«
    »Und das Kind war von Esser?« ergänzte der D.G.
    »Woher wußten Sie das?«
    »Das ist das einzige, was mir von dieser Geschichte genau in Erinnerung geblieben ist.«
    »Ja. Paul Winter muß den Verdacht gehabt haben, daß das Kind nicht seins war. Sie waren schon eine Ewigkeit verheiratet und hatten nie ein Kind haben können. Ich kann mir vorstellen, wie ihm zumute war.«
    »Und die beiden Winter-Jungens wurden getötet. Aber wie kam es dazu?«

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    »Das ist die Frage, nicht wahr? Wenn Sie die Wahrheit wissen wollen: Ein betrunkener U.S. Sergeant hat sie umgelegt, der sie für Werwölfe hielt oder für Deserteure oder für Gangster oder für irgendwelche anderen harten Kerle, die ihm Schaden zufügen könnten. Diese Gegend wurde damals von Banden und Deserteuren beider Seiten heimgesucht. Sie stahlen in großem Stil Militär-Versorgungsmaterial und Proviant, lauerten Nachschub-Konvois auf, raubten Banken aus und scherten sich einen Dreck darum, wen sie dabei verletzten.«
    »Die Geschichte, die ich gehört habe …«
    »Ja, es gab eine Menge Geschichten. Manche sagten, die Winters seien versehentlich erschossen worden. Von jemand, der eigentlich Samson und den General, in dessen Begleitung er war, umlegen wollte. Andere sagten, der Sergeant, der sie erschoß, habe im Geheimbefehl aus Washington gehandelt.
    Manche sagten, Max Busby hätte sie erschossen, weil er in Paul Winters Frau verliebt war oder – wieder anderen zufolge –
    Schwarzmarktgeschäfte mit ihr machte. Keine dieser Geschichten ist eindeutig zu widerlegen, aber, glauben Sie mir, ich habe mich gründlich mit der Sache befaßt. Sie ist so gelaufen, wie ich sie erzählt habe.«
    »Aber dem Bericht zufolge hatte Brian Samson sie erschossen«, sagte der D.G. »Daran erinnere ich mich genau.
    Das verbitterte ihn bis ans Ende seines Lebens.«
    »Ach ja. Das war später. Aber als es passierte, hatte niemand Zweifel. Der betrunkene Sergeant wurde verhaftet und eingesperrt. Erst als die Amerikaner Samson als Zeugen zu der Verhandlung des Falls luden, änderte sich alles. Natürlich konnten wir Samson nicht vernehmen lassen, so was ist für das Department überhaupt noch nie in Frage gekommen. Als wir uns weigerten, Samson zu der Verhandlung zu schicken, sahen die Yankees plötzlich eine Chance, die ganze Sache schnell und ohne Aufhebens zu bereinigen. Als ich da unten ankam,

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    hatten sie alle diesbezüglichen Aussagen schon in den Reißwolf gesteckt und neue schreiben lassen. Plötzlich tauchten Augenzeugen auf, die bereit waren zu

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