Gelinkt
bissig.
»Ja«, sagte Tessa.
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»Ja oder nein?«
Tessa sah sie an, überrascht durch die Erregung, die sie da verursacht hatte. »Es war kein Spaß. Ich habe dir ja erzählt. Ich habe alles mit ihm durchgenommen … über den Russen und so weiter.«
»Genau«, sagte Fiona. »Wie kann es also ein Spaß gewesen sein?«
»Was wird ihm passieren?« Tessa warf die Zeitschrift auf einen Haufen ähnlicher Periodika.
»Kann ich nicht sagen.« Fiona ließ im Geiste wieder und wieder die Komplikationen Revue passieren, die diese Sache in ihr Leben bringen würde. Sie betrachtete ihre jüngere Schwester, die da auf dem gelben Seidensofa vor ihr saß, in diesem smaragdgrünen engen Kleid von Givenchy, das sie, obwohl sie die gleichen Maße hatte wie Tessa, niemals tragen könnte, und überlegte, ob sie ihr sagen sollte, daß möglicherweise ihr Leben gefährdet war. Wenn Trent seine gefährliche Indiskretion seinem sowjetischen Kontakt beichtete, war es möglich, daß Moskau sie umbringen ließ. Sie öffnete den Mund und überlegte, wie sie ihr das beibringen sollte, doch als Tessa sie nun erwartungsvoll ansah, sagte sie nur: »Das ist ein entzückendes Kleid.« Tessa lächelte. »Du warst immer so anders als ich, Fi.«
»Nicht sehr anders.«
»Der Chanel-Typ.«
»Was soll das heißen?«
Neckend sagte Tessa: »Schneiderkostüm, das Jackett passend zur Bluse gefüttert, Kettengürtel und Gardenia. Jeder weiß, wie ein Chanel-Typ aussieht.«
»Was noch?« Tessas Art war manchmal ziemlich
anstrengend. »Ich wußte, daß du schließlich irgendwas Wichtiges tun würdest … irgendwas in der Männerwelt«, sagte Tessa sehr ruhig in Erwartung einer Erklärung ihrer Schwester über das, was nun als nächstes passieren könnte. Als Fiona
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nicht antwortete, setzte Tessa hinzu: »Ich habe Giles nicht gefragt, was er beruflich macht. Er hat von selbst damit angefangen.«
»Ja, er ist beim Department«, sagte Fiona. »Es tut mir wirklich leid, liebste Fi. Vielleicht hätte ich dich nicht damit beunruhigen sollen.«
»Es war richtig, daß du’s mir erzählt hast.«
»Manchmal kann er so allerliebst sein«, sagte Tessa.
»Warum hast du bloß geheiratet?« fragte Fiona. »Aus dem gleichen Grund wie du, nehme ich an. Es war doch ein Mittel, Papa wütend zu machen.«
»Papa was zu machen?«
»Du willst mir doch nicht weismachen, daß du nicht gewußt hast, daß du Papa auf die Palme bringen würdest, wenn du deinen dickschädeligen Rabauken heiratest?«
»Ich dachte, du magst Bernard«, sagte Fiona freundlich.
»Du hast mir doch geraten, ihn zu heiraten.«
»Ich schwärme für ihn, das weißt du doch. Eines Tages werde ich mit ihm durchbrennen.«
»Und hast du George geheiratet, nur um Papa eins auszuwischen?«
Sie antwortete nicht gleich. »George ist ein so lieber Mann
… ein Heiliger.« Und als ihr dann einfiel, daß dieses Kompliment einem Ehemann vielleicht nicht gerade schmeichelte, fügte sie hinzu. »Nur ein Heiliger kann mich ja ertragen.«
»Vielleicht ist es für George wichtig zu verzeihen.« Tessa ging auf diesen Gedanken nicht ein. »Ich dachte, daß Leute, die mit gebrauchten Autos handeln, ein aufregendes Leben führen.
Ich weiß, das ist albern, aber im Film sieht man sie immer in der Unterwelt mit Gangstern und Gangsterbräuten.« Sie grinste.
»Wirklich, Tess!« Der angewiderte Ton mahnte zur Vernunft. »Es ist wirklich ganz schön anstrengend, Liebste, mit
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einem Mann zu leben, der aus der Fassung gerät, wenn Damen unanständige Wörter in den Mund nehmen, und der um sechs Uhr früh aufsteht, um auf gar keinen Fall die Messe zu verpassen. Manchmal glaube ich, es wäre ihm am liebsten, wenn ich den ganzen Tag lang in der Küche schuftete, wie seine Mutter es tat.«
»Du bist total verrückt, Tessa.«
»Ich weiß. Es ist alles meine Schuld.« Sie sprang auf die Füße und sagte erregt: »Ich weiß! Warum gehen wir nicht zum Dinner zu Annabel?« Sie streichelte ihr schönes Kleid. »Nur wir beide.«
»Setz dich, Tessa. Setz dich und beruhige dich. Ich will nicht zu Annabel. Ich will nachdenken.«
»Ich habe ein hausgemachtes Hühnerfrikassee in der Kühltruhe. Ich werde es in den Backofen schieben, während wir uns weiter unterhalten.«
»Nein, nein. Ich muß noch mit Bernard essen.« Tessa sank aufs Sofa zurück, ergriff ihr Glas und trank einen Schluck Champagner. »Sei froh, daß du nicht in Hampstead wohnst.
Hier gibt’s nur Superintellektuelle. Meine verdammte
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