Gelinkt
ein ganz anderes Leben
geführt hatte. Er zündete in aller Ruhe seine Zigarette an, dann
sagte er: »An was denken Sie da?«
»Eine geheime Akte über Treffen, Berichte, Zahlungen und
so fort. Eine Akte über Sachen, die einer von unseren eigenen
Leuten liefert.«
»So wird das aber bei uns nicht gemacht. Niemand arbeitet
so. Niemand sammelt alle Informationen eines Agenten in
einer einzigen Akte. Die Leute von der
Koordinierungsabteilung nehmen das Zeug und verteilen es.
Und dabei sorgen sie dafür, daß das Material am Ende weder
den Namen des Lieferanten noch sonst irgendeinen Hinweis
auf die Quelle mehr enthält.«
»Ich habe Sie nicht gefragt, wie wir arbeiten«, sagte Bret.
Bernstein blies Rauch aus und sah Bret ins Gesicht. Bret
erwiderte seinen Blick. »Ah, ich verstehe, was Sie meinen.
Eine falsche Akte.« Bret nickte. »Eine Akte, die beweist, daß
irgend jemand einer von unseren Leuten war, obwohl er in
Wirklichkeit keiner unserer Leute war.«
»Steigen wir lieber nicht zu tief in den Existentialismus
ein«, sagte Bret.
»Eine Akte mit echten Namen?«
»Mit ein paar echten Namen.«
»Wollen Sie Martin Pryce-Hughes in die Pfanne hauen?
Wollen Sie jemandem weismachen, daß er uns Bericht
erstattet?«
»Genau das will ich.«
Sylvy blies abermals Rauch aus. »Klar. Kann man machen.
Man kann alles machen. Wie weit zurück sollte das alles
liegen?«
»Zehn Jahre?«
»Damit wären wir noch in der Epoche der mechanischen
Schreibmaschinen.«
»Vielleicht.«
»Sie denken nicht an etwas, das sie nach Moskau schaffen
und dort unters Mikroskop nehmen könnten?«
»Nein, nur etwas, das man mal kurz jemandem zeigen
könnte.«
»Denn gute Fälschungen sind verdammt teuer. Wir würden echte Briefköpfe brauchen und authentische
Abteilungsnamen.«
»So viel Aufwand ist nicht nötig.«
»Und kriege ich die Akte zurück?«
»Wozu?«
»Um sie an den Reißwolf zu verfüttern.«
»Ach so. Natürlich«, sagte Bret.
»Dann könnte ich ja erst mal nach Gutdünken was
zusammenhauen, ja? Ich werde ein paar Fotokopien
zusammensuchen und eine Materialreihe zusammenstellen, wie
sie zustande käme, wenn wir unsere Akten so führten. Dann
hätten wir etwas, worüber wir reden könnten. Wenn wir damit
soweit sind, daß es Ihren Vorstellungen entspricht, werde ich
jemanden, der das Geschäft versteht, die Fälschungen machen
lassen.«
»Prima«, sagte Bret. Er wünschte, Bernstein würde nicht so
ausdrücklich von Fälschungen sprechen. Das war ihm
unbehaglich. »Gehen Sie nicht allzusehr in Einzelheiten. Wir
haben nicht den Ehrgeiz, einen hieb- und stichfesten Beweis zu
produzieren.«
»Also eine subtile, geschmackvolle Art von Komplott. Klar.
Warum nicht. Aber ich müßte dazu noch einiges wissen.« »Sie nehmen das Material und zeigen es diesem Miststück,
und dann setzen Sie ihn unter Druck.«
»Wie das?«
»Unter Druck setzen. Sagen Sie, daß Sie von einer Zeitung
kommen. Sagen Sie, daß Sie von der CIA sind. Sagen Sie, was
Sie wollen, aber sorgen Sie dafür, daß er Schiß kriegt.« »Warum?«
»Ich will sehen, was er macht.«
»Ich weiß nicht, was Sie sich davon versprechen. Er wird
doch wissen, daß das Zeug gefälscht ist.«
»Tun Sie’s trotzdem.«
Bernstein sah ihn an. Er kannte Bret, weil er andere Männer seines Schlages kannte. Für Bret war kein taktischer Grund vorhanden, den alten Mann zu erschrecken: er wollte nur ein Rachegelüst befriedigen. »Es wäre billiger, ihn einfach
durchprügeln zu lassen«, sagte Bernstein.
Bret verzog verärgert das Gesicht. Er wußte genau, was
Bernstein dachte. »Machen Sie einfach, was ich Ihnen sage,
Sylvy. Suchen Sie bei mir nicht nach Hintergedanken.« »Wie Sie meinen, Doktor.«
Bret lächelte höflich. »Irgendwas Neues über die Frau?« »Nein. Die ist schon seit einer Woche nicht mehr bei ihrem
Liebsten gewesen. Vielleicht haben sie sich verkracht.« »Bei ihrem Liebsten? Ist er das?« fragte Bret wie beiläufig.
»Aber klar. Sie geht doch nicht zum Schachspielen in diese
protzige Wohnung in Maida Vale.«
»Er ist Psychiater«, sagte Bret.
»Das will ich wetten.«
Bret fand das beleidigend. Solche spöttischen Bemerkungen
wollte er nicht hören. Sein Interesse an der Sache war rein
dienstlich. »Kommen Sie nicht aus dem Takt, Sylvy«, sagte er.
Der tadelnde Ton war gedämpft, aber unüberhörbar. Bernstein rauchte und erwiderte nichts. Es handelte sich also
nicht nur um eine rein dienstliche Angelegenheit, es steckte
mehr dahinter. War dieser Kennedy vielleicht ein Verwandter
von
Weitere Kostenlose Bücher