Gelinkt
Eine
Schlagzeile auf der Titelseite meldete einen »Badezimmermord
in Chelsea«. Ein Einbrecher hatte Giles Trent in seiner
Duschkabine erschossen. Der Mörder hatte den Duschvorhang
benutzt, um sich nicht mit Blut zu besudeln, und sich, ehe er
den Tatort verließ, die Hände gewaschen. Ein vorsichtshalber
ungenannt bleibender Sprecher von Scotland Yard hatte die Tat
als »durchaus sehr professionell« bezeichnet, und einer jener
Experten, die immer bereit sind, Journalisten Auskünfte zu
geben, hatte gesagt, daß »alle Anzeichen einer typischen New
Yorker Mafia-Hinrichtung« vorhanden seien. Der Reporter
schien unterstellen zu wollen, daß es irgendwie um Rauschgift gegangen sein müsse. Ein spaltenbreit gedrucktes verschwommenes Foto zeigte einen sehr jungen Giles Trent in Badehosen, die Arme in die Seiten gestemmt, mit breitem Lächeln. Im Innenteil zeigte ein großes Foto das Haus in Chelsea, vor dem ein Polizist Wache stand. Gott sei Dank, Bernard hatte Tessa und Fiona aus der ganzen Sache herausgehalten. Onkel Silas hatte Bernard vollkommen richtig eingeschätzt. Es war beunruhigend, daß manche seiner männlichen Freunde ihn besser kannten als sie. Er war so verschlossen. Ohne sie zu Rate zu ziehen oder zu unterrichten, hatte er Giles Trent zu einem Geständnis genötigt, zu einem Geständnis, bei dem von Tessa nicht die Rede war. Nun war Trent tot, und wenn sein Tod auch ziemlich häßlich war, empfand sie dabei doch unwillkürlich eine gewisse Erleichterung. Es gab noch andere unheilvolle Anzeichen. Bret hatte sie gebeten, ein langes Geheimdokument über die Stützung des Sterling-Kurses durch die Bank of England abzuschreiben. Die Kopie war ganz in ihrer Handschrift, und Fiona hatte sie Martin nie übergeben. Soweit sie das abschätzen konnte, gab es dafür nur eine Erklärung: Bret hatte vor, es dem KGB durch einen anderen Agenten zuzuspielen. Warum ihre Handschrift? Nur ein vollkommener Idiot würde ein so belastendes Dokument herstellen, es sei denn, es sollte als Beweis ihrer Tätigkeit für die andere Seite dienen. Und die Art und Weise, in der Bret ihren diesbezüglichen Fragen auswich, war nur ominös zu nennen. Als warnendes Zeichen zu lesen war auch die schiere Masse des Materials, das sie während der letzten Wochen Martin übergeben hatte. Bret sagte, daß nichts davon besonders wichtig sei, aber die Masse an sich war schon verdächtig. Die Londoner Zentrale würde Lieferungen in diesem Umfang zweifellos nicht unbegrenzt fortsetzen wollen, wie aber sollte sie es rechtfertigen, wenn in Zukunft die Informationen spärlicher flossen? All das wies in eine Richtung: Sie sollte sich nach Osten absetzen, und zwar bald. Sie hatte Angst vor diesem Schritt, aber in mancher Hinsicht war das Warten sogar noch schlimmer. Jeden Tag betrachtete sie nun ihren Mann und die Kinder mit Liebe und Sehnsucht. Bei jeder Begegnung wollte sie ihre Schwester warnen, daß sie bald voneinander getrennt sein würden, aber jeder Hinweis, jede Vorbereitung auf das Ereignis verbot sich natürlich. Was alles noch schmerzhafter machte, war Fionas Überzeugung, daß sie niemals zurückkehren würde. Für diesen Mangel an Vertrauen gab es keinen logischen Grund, er stützte sich nicht auf Beweise. Die böse Ahnung war rein instinktiv und rein weiblich. Es war der ruhige Fatalismus, wie ihn auf dem Sterbebett, im Kreise ihrer Familie, eine Matriarchin
fühlen mochte.
Wenn es nur möglich wäre, einige der wichtigen Sachen zu
regeln, die nun ohne sie würden entschieden werden. Sie
machte sich Sorgen wegen Billy und seiner Schule. Sie hatte
immer gehofft, daß schließlich auch Bernard einsehen würde,
daß der Besuch einer Public School von Vorteil für den kleinen
Billy wäre. Seine Aufnahme wäre zu bewerkstelligen. Das
hatte ihr Vater ihr versprochen. War sie aber erst weg, würde
Bernard nicht daran denken, diese Chance zu nutzen. Bernard
hatte eine Phobie gegen Public Schools, »Prügel, Sodomie und
schlechte Manieren«, und gegen alle Absolventen derselben,
jedenfalls hatte es den Anschein.
Harry kam mit einem Teetablett. »Diese Zeitungsmeldung
hast du nun schon mindestens dreimal gelesen, Liebling. Hat
sie eine besondere Bedeutung?« Er beugte sich über sie und
küßte sie.
»Der ewige Psychologe«, sagte sie und nahm, nachdem sie
so beiläufig, wie sie es vermochte, die Zeitung beiseite
geworfen hatte, das Tablett auf die Knie. In einer winzigen
Vase standen Veilchen, gewiß die letzten dieses Jahres. Wie
zart sie
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