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Gelyncht - Gus Dury ; 2

Gelyncht - Gus Dury ; 2

Titel: Gelyncht - Gus Dury ; 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Sehen Sie sie sich doch an! Jeder einzelne von denen hat doch gegen uns das Messer gewetzt.«
    Debs berührt meinen Arm, sagt aber nichts. Normalerweise ist sie genauso hitzig wie ich, die erste, die mit dem Finger droht und zu brüllen beginnt, aber sie ist mit der Bande ebenfalls fertig. Sie ist fertiger, als sie es verdient. Ich werfe ihr einen Blick zu. Sie sieht immer noch wunderschön aus, einfach umwerfend, das sagen alle, aber ihr Gesicht ist hart jetzt, nicht mehr das Bild eines sorglosen jungen Mädchens von siebzehn Jahren. Sie ist eine Frau, die der Mut verlässt. »Komm schon, Gus«, sagt sie, »lass uns einfach gehen.«
    »Das werde ich nicht. Wir haben jedes Recht der Welt, hier zu sein«, platze ich heraus.
    Pater Eugene richtet sich auf und hebt seine Stimme. »Ihr werdet hier nicht Vergebung finden, jetzt nicht und niemals. Geht, ihr zwei!«
    Debs steht auf, um zu gehen, ein aufgeregtes Tuscheln setzt ein. Ich werfe einen Blick zurück, sehe ihre Mutter und ihren Vater in der ersten Reihe der Kirche. Ihre Mutter zuckt auf ihrem Platz unbehaglich zusammen und dreht sich zu Debs, doch ihr rotgesichtiger Vater legt eine Hand auf ihre Schulter, reißt sie herum, die Augen nach vorn, fort von der Tochter, die man nicht mehr ansehen kann.
    Ich renne zu Debs. Sie zittert, als ich meinen Arm um sie lege.
    »Und ihr könnt auch fortbleiben«, brüllt der Priester uns nach, seine Stimme noch forscher nun. »Die Heilige Muttergottes weint beim Anblick von euresgleichen im Haus des Herrn.«
    Ich will mich umdrehen, ihm vor der gesamten Gemeinde eine verpassen, doch Debs packt meinen Arm. Ich will brüllen, ihnen zeigen, was für dunkle Herzen sie haben, wie falsch ihre Frömmigkeit ist, aber Debs zieht mich nach draußen.
    »Was wollen die? Wir beide völlig am Ende?«, sagt sie, inzwischen mutlos und mit Tränen in den Augen. »Ich barfuß und schwanger, während du betteln gehst, um uns zu ernähren? … Ich ertrage das nicht mehr, Gus, ich kann es nicht.«
    Es zerreißt mir das Herz. Ich weiß, das hier habe ich ihr angetan. Ich warte, hoffe, ihre Familie kommt aus der Kirche, nimmt sie mit, bringt sie nach Hause und sagt ihr, damit wäre es zu Ende, kein Gus Dury mehr.
    Aber so kommt es nicht. Sie überlassen mir Debs, überlassen sie ihrem Schicksal. Ich kann sie nur halten und hoffen, dass die Tränen bald versiegen.

D ie Show begann. Zellentüren wurden auf dramatische Weise aufgerissen. Boss-Anzug stolzierte herein, hatte etwas von Pacino, wie er eine Aktenmappe mit schwungvoller Bewegung hinknallte.
    Ich sagte nichts. Im Knast macht man das so: sich hübsch bedeckt halten.
    Für einen Moment war nur tote Luft zwischen uns, und dann: »Du bist am Arsch, Dury.«
    Ich wusste nicht, woher das gekommen war, woher er den Mumm nahm, mir dermaßen auf die Eier zu gehen, aber nach allem, was Debs mir erzählt hatte, war ich nicht in der Stimmung für diese Scheiße.
    »Ich bin schon mal am Arsch gewesen«, sagte ich. »Allerdings glaube ich nicht, dass ich es jetzt, in diesem Augenblick bin … Du hast ein Problem mit den Zeitformen, Kleiner.« Ich ließ die Gehässigkeit des letzten Wortes einsickern, bis es schön wehtat, und dann … lächelte ich.
    Er schlug mit den Handflächen auf den Tisch, schob mir seine Nase praktisch ins Gesicht. »Ich an deiner Stelle würde mich nicht mit mir anlegen, Arschloch.«
    » Arschloch ! Dein Stil gefällt mir. Meine Mutter würde sagen, du drückst dich unheimlich gut aus.«
    Er starrte mich an, sah leicht durch den Wind aus, wie jemand, der gerade feststellt, mal wieder nicht im Lotto gewonnen zu haben.
    Ich soufflierte. »Siehst du, du hast deinen Einsatz verpasst … Du solltest jetzt mit einer urkomischen, originellen und extrem schlagfertigen Antwort rüberkommen, was du und meine Mutter letzte Nacht so alles getrieben habt … So steht’s im Drehbuch. Komm schon, Jungchen, nicht nachlassen jetzt.«
    Er lachte, ein dickes, dröhnendes Lachen, dann setzte er sich. Während er sich noch die Augen trocknete, ließ er langsam Worte herausperlen. »Dury, Dury, Dury … warum nur, warum sollte ich meine Zeit mit Scherzen darüber verplempern, wie ich deine Mutter gefickt habe, wo ich doch tatsächlich deine Ex ficke?«
    Damit hatte er meine Aufmerksamkeit. Ich nahm die Hände aus den Taschen und sah ihm über den Tisch hinweg direkt in die Augen. Ich brachte sämtliche Reserven an Coolness auf, um nicht vom Stuhl auf- und ihn anzuspringen.
    Er redete weiter. »Und ich

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