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Gelyncht - Gus Dury ; 2

Gelyncht - Gus Dury ; 2

Titel: Gelyncht - Gus Dury ; 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Königin entfernt.
    Eine Ameisenstraße Touristen hielt auf Arthur’s Seat zu. Es gab mal eine Zeit, da hätte ich mich ihnen angeschlossen an einem Tag wie diesem, besonders mit einer Flasche in der Tasche. Aber heute verband ich schlechte Erinnerungen mit diesem Ort. Col hatte mich in die Ermittlungsbranche geholt, nachdem sein Sohn dort oben ermordet worden war. Das war die Stadt, die ich kannte – ganz schön weit weg von den Pflasterstraßen und beeindruckenden Kirchtürmen der Reiseprospekte.
    An der Ampel, wo die Touristenstraße die Fußgängerströme aufnimmt, bemerkte ich ein Beispiel von freilaufender Dummheit in Aktion. Ein junges Pärchen, jeder schob einen Kinderwagen, war im Begriff, den Hügel zu bezwingen. Okay, die Kinderwagen sahen angemessen robust aus – fette Räder, Bremsen, alles eben –, aber der Weg führte verdammt steil nach oben. Vielleicht war ich ja einfach nicht auf dem Laufenden; das hier jedenfalls war Fitnesswahn hoch acht.
    Ich trödelte herum, weil ich noch etwas Zeit totzuschlagen hatte, bevor ich mich mit Debs im West End traf. Ich kann nicht sagen, dass ich mich drauf freute. Bei meiner Exfrau steckte immer irgendeine Absicht dahinter, und das würde sich auch nie ändern. Wenn Debs mich anrief, um sich mit mir bei einem Kaffee zusammenzusetzen, konnte man sicher sein, dass es eine Krise gab, entweder gerade vorbei oder sich anbahnend. Und auf die eine oder andere Art würde meine Wenigkeit eine Rolle dabei spielen.
    Meine Ex ist eine der Unerfüllten. Sind wir das nicht alle? Bei Debs jedoch hat es eine Echtheit, die zum Greifen ist. Eine vollkommene Verzweiflung durchdringt sie, tagein, tagaus. Diese Bücher, diese Selbsthilfe-Dinger, dort würde es heißen, dass es eine masochistische Hingezogenheit gibt, eine gewisse Verleugnung bei einem oder beiden von uns, die die übliche Gegensätze-stoßen-sich-ab -Regel außer Kraft setzt. Was auch immer, wir waren nicht gut füreinander, so sah es aus. Egal, wie sehr man es kaschierte, egal, wie sehr jeder von uns versucht hatte, dass es doch funktionierte, es klappte nicht. Ende der Geschichte. Dass unsere Vergangenheit das Material war, auf dem Horrorgeschichten basierten, nutzte auch nichts.
    Ich querte hinüber zum Grassmarket, die Holyrood Road entlang. Am unteren Ende der St. Mary’s Street befinden sich zwei Schlupfwinkel von Pennern. An einem schlechten Tag haben die Fahrer auf der Kreuzung die zusätzliche Herausforderung zu meistern, um Omega-Cider-Flaschen zu kurven. Heute war alles frei.
    Ein neues Holiday Inn wurde gebaut, nur eine weitere Beleidigung für das Auge aus Chrom und Glas. Diesmal auf dem Grundstück der St. Patrick’s Church: Weisen wir der Geschichte ihren Platz zu, hübsch versteckt. Beton, davon können sie hier in der Gegend offenbar nicht genug bekommen.
    Ich schlurfte durch das Viertel, das wir das Venusdreieck nennen: Striplokale und billige Nutten bis rauf zur Lothian Road. Was diese Gegend der Stadt betrifft, sieh’s als Studentenviertel. Habe ich ihnen gegenüber einen Prolo-Standpunkt? Und wenn schon. An dem Tag, an dem ich sehe, wie ein Student eine Tüte Chips mit einem Scheck bezahlt, werde ich ihm eine Lektion erteilen, die er nie wieder vergisst.
    Dieses Gelatsche war nichts für mich. Ich sprang in ein Taxi. Wie sich herausstellte, lag ich zeitlich sowieso daneben; ich war ungefähr eine halbe Stunde zu spät. Hoffte, Debs würde mir die Bin-unterwegs -SMS abkaufen und sich zurückhalten.
    Der Taxifahrer sagte: »Sie kriegen eine Verwarnung, wenn Sie den Sicherheitsgurt nicht anlegen.«
    »Was?«
    »Das ist jetzt Gesetz – ein Bußgeld, wenn man sich nicht anschnallt.«
    War ich in der Stimmung für so was? Tipp: Nein. »Die Stadt ist voller schräger Ideen.«
    Ich sah Augen im Rückspiegel auftauchen. »Sehen Sie, das hab ich davon, wenn ich versuche, Ihnen einen Gefallen zu tun – nichts als Beleidigungen!«
    »Beleidigungen? Ich hab doch nur gesagt –«
    »Ja, klar, tun Sie’s einfach … andernfalls gehen Sie zu Fuß.«
    Das war ein klassisches Das-ist-meine-Party-und-ich-bestimme-die-Musik -Statement. Brachte mich auf die Palme. »Es ist dein Reich, Kumpel. Du bestimmst die Regeln.«
    Kreischende Bremsen.
    »Seh ich vielleicht aus, als würde ich mich verscheißern lassen, Kumpel? Ist doch immer dasselbe mit euch Scheißsaufbrüdern.«
    Was war mit dem Kerl los? Er hatte den totalen Kebab-Fleisch-Teint, war drauf und dran, mich wegen frecher Widerworte auf die Straße zu

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