Gelyncht - Gus Dury ; 2
dem der Fuchs immer noch auf und ab ging. »Mac, gib mir mal das Brecheisen.«
Ich knackte das Vorhängeschloss mit dem Brecheisen, die Tür schwang auf. Der Fuchs schoss an mir vorbei wie ein geölter Blitz. Ich sah, wie Sid die Kinnlade runterfiel, als er den Fuchs den Weg entlangfegen sah, dann quer durch den Garten und durch das Tor in so etwas wie Freiheit.
I ch ließ mir durch den Kopf gehen, was Sid uns erzählt hatte. Fast ergab das sogar einen Sinn. Vielleicht war es aber zu vernünftig. Falls Mark Crawford clever genug war, die Nachwuchsgangster so zu manipulieren, dass sie die Drecksarbeit für ihn erledigten – mit der Zusicherung einer ansehnlichen Bezahlung –, dann musste er sich vielleicht nie selbst die Hände schmutzig machen.
»Bist du dir sicher«, sagte Mac, »dass dieser Crawford-Junge unsere beste Spur ist?«
»Was meinst du? Er hat das Motiv, und er war zur richtigen Zeit am richtigen Ort.«
»Aye, schon richtig …«
»Nein, im Ernst, bist du anderer Meinung?«
»Ich bin mir einfach nicht sicher … Ich meine, warum sollte ein Junge in dieser Situation – gut gestellt, aus guten Verhältnissen und allem – losziehen und Moosey umlegen?«
»Es heißt, Moosey hätte seine Schwester umgebracht.«
»Das ist doch Jahre her.«
»Du glaubst, das gärt nicht?«
Mac strich sich durch die Haare. »Ich meine ja nur, dass wir irgendwas übersehen … Irgendwas stimmt hier nicht.«
Ich wusste genau, was er meinte. Hier ging noch erheblich mehr ab, als ich bislang aufgedeckt hatte; unter der Oberfläche lauerte noch etwas Böses. »Sid deckt jemanden«, sagte ich.
»Sich selbst wahrscheinlich.«
»Du meinst, er hat den Mumm, Moosey umzulegen und Rab fünfzig Riesen zu klauen?«
Mac schaltete in die kleineren Gänge runter, als wir ins Stadtzentrum zurückkamen und auf die North Bridge einbogen. »Er ist ein verschlagener kleiner Drecksack. Wenn die Gelegenheit passt, würde ich ihm so ziemlich alles zutrauen.«
»Wir müssen ihn im Auge behalten. Er ist jetzt ein bisschen durch den Wind, also könnte sein nächster Schritt interessant sein.«
»Für so was ist Hod genau der richtige Mann. Du wirst ein paar der jungen Typen in die Mangel nehmen müssen, denn die Zeit läuft uns davon.«
Ich stimmte ihm zu, ich konnte mich nicht darauf verlassen, dass Sid uns irgendwelche Namen lieferte. Aber auch dafür hatte ich einen Plan.
»Fahr hier mal ran.«
Wir befanden uns jetzt vor der Old Royal High School, einem der imposantesten Gebäude der Stadt. Zwischendurch war es für das schottische Parlament vorgesehen gewesen, doch stattdessen hatten wir uns für die eine halbe Milliarde Pfund teure Version eines spanischen Flughafens entschieden, weswegen dieses schöne alte Gebäude nun leerstand und langsam verfiel. Ich empfand richtig Mitgefühl.
»Was hast du vor?«
»Ich will einen Mann wegen einem Hund sprechen.« Ich sprang aus dem Transporter und forderte Mac mit einem Schlag auf die Tür zum Weiterfahren auf.
Ich folgte der Regent Road bis zur Treppe auf den Calton Hill. Eine Busladung japanischer Touristen machte die Plackerei zur Schwerarbeit; im Schneckentempo zockelte ich hinter ihnen her, während sie zur Kuppel des Stadtobservatoriums zeigten. Zum zweiten Mal in sechs Monaten hatte man die Kupferverkleidung abgenommen – jetzt war nur noch die hölzerne Stützkonstruktion darunter zu sehen. Ich dachte: Was für ein Ort.
Von hier oben kann man die ganze Stadt sehen. Fast. Sie ist nicht unbedingt groß. Einmal um die eigene Achse gedreht, und man sieht alles. Aber hier oben fühle ich mich immer als Teil der Geschichte der Stadt: die grauen Gebäude, die graue Skyline – das lässt mich glatt vergessen, dass wir in einem neuen Jahrtausend leben. Das National Monument trägt auch dazu bei. Erinnert mich daran, dass Schottland schon immer höher hinauswollte, als es dann konnte. Man denke an das Pantheon: Das hatten sie nachbauen wollen, und dann war ihnen das Geld ausgegangen. Was der Stadt geblieben war, das waren zwölf Steinsäulen, die auf dem Hügel definitiv fehl am Platz wirkten. Ein passender Tribut für die Toten der Napoleonischen Kriege? Nein, finde ich nicht. Ein passender Tribut an mangelhaften Ehrgeiz? Schon eher.
So sind wir Schotten. Wir haben massenhaft Ehrgeiz; was uns fehlt, ist Selbstvertrauen. Ehrgeiz bringt uns ein Stück weit, dann knicken wir ein. Schmeicheln uns bei unserem größeren, stärkeren Nachbarn ein. Unsere Geschichte ist voll von Verrat und
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