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Gelyncht - Gus Dury ; 2

Gelyncht - Gus Dury ; 2

Titel: Gelyncht - Gus Dury ; 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Mutter ans Telefon kam.
    »Hallo«, sagte sie. Ihre Stimme klang angespannt, ohne jede Emotion, ohne Energie.
    »Mam, du hörst dich fürchterlich an.«
    Ein Husten. Ich hörte, wie sie nach ihrem Asthmaspray griff. »Mir geht’s gut.«
    »Ganz offensichtlich nicht … Benutzt du wieder den Spray?« Sie hatte ihn seit Jahren nicht mehr benutzt; ich wusste, dass sie unter Anspannung stand.
    »Nur ein ganz kleines bisschen genommen und –«
    Ich wollte das nicht hören. Bombardierte sie stattdessen mit Fragen: »Mam, geht’s dir wirklich gut? Soll ich vorbeikommen?«
    Die Antwort kam sehr schnell. »Nein, nein … mir geht’s gut, Angus.«
    »Ist Catherine bei dir?«
    »Ach, nein … nur die Jungs, ich passe auf die Jungs auf.«
    Die Jungs waren alt genug, um auf sich selbst aufzupassen. Der Himmel allein wusste, was sie dort zu suchen hatten. »Catherines Jungs müssen doch inzwischen sechzehn sein, Mam.«
    Schweigen.
    Ich machte mir Sorgen.
    »Mam, ich wohne momentan in der Nähe … Ich werde schon bald auf einen kurzen Besuch vorbeikommen.«
    »Nein, Angus.« Sie klang ängstlich. »Tu das nicht.«
    Ich hörte, wie sie wieder nach dem Asthmaspray griff. Ich wollte sie nicht noch mehr aufregen. »Okay, okay. Pass bitte gut auf dich auf, Mam.«
    Sie beruhigte sich. »Das werde ich. Das werde ich.«
    »Okay, Mam. Bleib gesund.«
    Ich legte auf und hatte ein ziemlich ungutes Gefühl nach diesem Anruf. Ich musste meine Mutter besuchen, schon bald. Ob sie das nun wollte oder nicht.
    Ich war ziemlich aufgewühlt und suchte das Boot nach einer gebunkerten Flasche Alk ab, um meinen Kaffee aufzupeppen. Ich fand mehrere leere Flaschen, aber nichts, was ich verwenden konnte.
    Ich musste mich um meine Abhängigkeit kümmern; meine Nerven rasselten. Ich trank schnell den Kaffee aus und machte mich auf den Weg.
    Die Straßenkehrer waren schon auf den Beinen und spritzten die Bürgersteige ab. Ich mochte diese spezielle Atmosphäre der frühen Morgenstunden – es fühlte sich an wie das Ende der Welt, was hervorragend zu meiner Stimmung passte. Über mir brutzelten immer noch orangefarbene Straßenlampen; ab und zu gingen sämtliche Lampen in einer Straße auf einmal aus, was mir einen ordentlichen Schrecken einjagte. Auch wenn die Straßen noch leer waren, holperte von Zeit zu Zeit der Wagen eines Lieferservice über das Kopfsteinpflaster, dessen Fahrer die Morgenzeitungen zustellte. Früher hätte man vielleicht auch noch einen Briefträger gesehen … Wie sehr sich alles verändert hatte.
    Ich kannte ein Pub in der Nähe der Constitution Street, das um sechs Uhr morgens aufmachte. Bei den Hafenarbeitern, die von der Nachtschicht kamen, war es Tradition, sich auf dem Heimweg noch ein Pint zu genehmigen. Heute war der Laden zum Bersten gefüllt mit Säufern und Süchtigen. Jungs, frisch an Land, die sich etwas Mut antranken, bevor sie ihren ersten Schritt in eine neue Stadt wagten.
    Ich bestellte. »Ein Pint, ein Kurzer – das Ganze doppelt.«
    Das Pint war schnell gezapft, keine Wartezeit, wurde mir von einem stämmigen Barkeeper vor die Nase geknallt, der so sympathisch war wie der Kandidat einer dieser unsäglichen Kindergameshows.
    Den Doppelten versenkte ich flott, das Pint ließ ich etwas geruhsamer folgen. Als ich das Glas halb geleert hatte, folgte der Rest in einem Zug, und ich verließ die Kneipe. Ich hätte auch bleiben können, bis sie wieder zumachten, doch heute hatte ich eine andere Aufgabe – ich musste Tupac finden.
    Falls es irgendwelche Busse gab, die um diese Uhrzeit in dieser Gegend der Stadt unterwegs waren, dann sah ich jedenfalls keinen. Schuld sind die Straßenbahnen. Edinburgh hatte sich für ein siebenhundert Millionen Pfund teures neues Straßenbahnprojekt entschieden, dessen Bau das Aufreißen des Leith Walk umfasste. An jedem Tag der Woche machten Einzelhändler ihren Laden dicht. Aber es waren ja nur einzelne Händler. Als ob sich die da oben auch nur einen Furz um irgendwen scherten, der nicht zu ihren Korrumpeln gehörte.
    Ich latschte quer durch die Stadt. Ich brauchte sowieso ein bisschen frische Luft, hätte allerdings auch gut auf diese körperliche Betätigung verzichten können. Klar, auch das brauchte ich. Ob ich jedoch damit umgehen konnte, war eine andere Frage. Ich kam bis ans westliche Ende der Princes Street, als ich beschloss, genug ist genug, ein Taxi anhielt und vorbei am Zoo zum Corstorphine Hill fuhr. Ich hatte Fitz’ Beschreibung von Tupac, und zusammen mit der Tatsache,

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