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Gelyncht - Gus Dury ; 2

Gelyncht - Gus Dury ; 2

Titel: Gelyncht - Gus Dury ; 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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den Zapfhähnen, die dünn wie Pisse aussah. Er brauchte gerade mal dreißig Sekunden, um ein Glas mit einem neongelben Bier vor mich hinzustellen, das offenbar so viel Kohlensäure enthielt, wie ich es noch nie erlebt hatte.
    »Sonst noch was?« Er trat einen Schritt zurück und machte eine weit ausholende Handbewegung über die Regale hinter der Theke, als wüsste ich nicht, wo solche Dinge in einer Kneipe üblicherweise aufbewahrt werden.
    »Ich setz mal alles auf eine Karte, sehen wir doch mal, ob du auch ein tieffliegendes Vögelchen in den Sand setzen kannst.«
    Er schenkte einen Grouse ein. »Coke dazu oder so?«
    Ich schüttelte mich unwillkürlich bei dem Gedanken. »Was meinst du? Ich geb dir mal einen Tipp … Scheiße nein!«
    Der Typ nahm mein Geld und trat hinter ein junges Mäuschen an der Kasse. Ich sah, wie er sich an die Schläfe tippte und die Theke hinunter auf mich zeigte, während er die Beträge bongte. Ich warf einen Blick auf die Yuppies und Tagesausflügler und hatte den Eindruck, dass es diesem Laden hier ein wenig an echten Gästen fehlte, an echten Menschen. Kein Wunder, dass ich diesen Typen auf die Palme brachte.
    Ich steckte mein Wechselgeld ein und machte mich über meinen kleinen Whisky her. Ich sah die Bullen hereinkommen. Sie bestellten sich zwei O-Saft in hohen Gläsern. Aus der Nähe wurde mir klar, dass ich noch nie so jung aussehende Bullen gesehen hatte. Mein Gott, war ich denn schon so alt? Ich ließ sie sich an einen Tisch in der Nähe der Spielautomaten setzen. Neben ihnen standen zwei Teenager in knackengen Jeans, deren Hintern zu mindestens siebzig Prozent über den Hosenbund hingen; sie fütterten einen Spielautomaten mit Münzen. Ich sah, dass die Bullen angepisst waren, sich auf so kurze Distanz die Arschspalten dieser Deppen ansehen zu müssen; mich jedenfalls amüsierte das beträchtlich.
    Ich trank so viel von dem Pint, wie ich, ohne zu würgen, schaffte – es schmeckte wie ein schlechter Alkopop, Hooper’s Hooch oder so ein Zeugs –, und dann rief ich den Barmann des Jahres zurück.
    Mit lauter Stimme: »Wo habt ihr hier das Scheißhaus?«
    Er deutete auf die Treppe. »Da rauf, die erste Tür rechts.«
    Ich blieb bei dieser Lautstärke. »Habt ihr zufällig eine Tageszeitung, die ich mitnehmen kann?« Ja, es ging ums große Geschäft – das hatte ich jetzt laut und deutlich rübergebracht.
    Er brachte mir einen Daily Ranger. Ich bedankte mich, rollte das Ding zusammen und klemmte mir die Zeitung unter den Arm. Auf dem Weg nach oben übersah ich die Bullen geflissentlich, spürte aber deutlich, wie sie mich beobachteten, wie ihre heißen kleinen Schweinsäuglein sich bei jedem Schritt in meinen Rücken bohrten.
    Auf dem Scheißhaus war ein Kerl mit einem Kleinkind von vielleicht drei oder vier Jahren. Mein Gott, dachte ich, Pubs sind keine Orte für Kinder. Wir müssen unbedingt die Straßen zurückerobern.
    Ich wartete, bis die zwei fort waren, dann schleifte ich den Papierkorb zur Tür, verkeilte ihn zwischen Waschbecken und Türgriff; nahm an, dass es ein paar Minuten lang standhalten würde.
    Es gab ein kleines Milchglasfenster, das sich öffnen ließ. In meinen gelenkigeren Tagen wäre ich womöglich dort durchgekommen; heute aber … vergiss es. Gelenkig ist für mich ein Fremdwort. Ich rollte meine Jacke zusammen und schlug gegen eine der größeren Glasscheiben. Es gab einen Sprung in einer Ecke; ein zweiter Schlag, und sie zersplitterte. Ich schlug die gezackten Scherben heraus und warf einen Blick auf die darunter liegende Straße. Ich hatte ein paar Möwen aufgescheucht, die genau unter mir neben einem wuchtigen Müllcontainer im Abfall herumpickten. Konnte ich mich darauf runterlassen? Falls mir das gelang, war die den Innenhof einfassende Mauer problemlos zu erreichen, und damit hätte ich es dann geschafft.
    Gerade als ich meine Jacke über den Sims legte, hörte ich lautes Gehämmer an der Scheißhaustür. Ich war durchschaut worden. Ich warf einen Blick zurück und sah Unmengen benutzter blauer Papierhandtücher aus dem Drahtkorb quellen. Das Waschbecken begann sich von der Wand zu lösen.
    Ich wuchtete mich auf den Fenstersims. Als ich mich auf meine Handflächen abstützte, bohrten sich ein paar Glassplitter hinein. Der Schmerz ließ mich zusammenzucken, aber ich zog mich dennoch über die Kante. Ich erreichte den Müllcontainer. Die Möwen kreischten mich an. Ich hatte gerade genug Höhe, um nach oben greifen und meine Jacke runterziehen zu

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