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Gelyncht - Gus Dury ; 2

Gelyncht - Gus Dury ; 2

Titel: Gelyncht - Gus Dury ; 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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mir, es gab nicht genug Desinfektionsmittel auf der Welt, um den wahren Geruch dieses Ortes zu kaschieren. Die Wärter sahen aus, als machten sie die Security in einem B&Q-Baumarkt – das scherte mich wirklich einen Dreck. Ich dachte, falls Rab beschließt, mir den Kopf abzureißen, wer wird ihn daran hindern?
    Ich setzte mich auf einen Stuhl im Besucherbereich. Es war ein großer Raum mit jeder Menge Tischen und Stühlen drum herum. Solche alten Stühle wie diese hatte ich seit meiner Schulzeit nicht mehr gesehen, Stahlrohrkonstruktionen mit hölzernen Sitzflächen. Zur Abrundung des Retro-Looks waren Namen in die Tische geritzt. Überall nahmen tränenreiche, vom Leben geschlagene Frauen Platz und warteten, dass die Häftlinge hereinkamen. Sie taten mir leid, waren sie doch ausnahmslos angeschmiert worden.
    Als die Sträflinge eintrudelten, spürte ich, wie meine Nase zu zucken begann. Ein dünner Faden Blut bahnte sich seinen Weg aus dem linken Nasenflügel und sammelte sich auf meiner Oberlippe. Ich wischte es mit einem Finger weg, drückte die Nasenflügel zusammen und legte wieder den Kopf in den Nacken.
    »Dich zu erwischen war eine harte Nummer!« Ich sah auf und erblickte einen gedrungenen Mittvierziger mit breiten Schultern. »Setz dich anständig hin. Hab nicht den ganzen Tag Zeit, mit dir rumzublödeln, Dury.«
    Ich drehte mich zu ihm. Rab hatte sein schwarzes Haar oben und an den Seiten kurz geschnitten, hinten jedoch trug er einen Billy-Ray-Cyrus-Nackenspoiler. Auf das linke Ohrläppchen war ein Stern tätowiert, weitere folgten auf dem Hals und verschwanden dann in einem ausgeleierten grauen T-Shirt. Beim Sprechen schossen seine dunklen Augen ständig von links nach rechts und zurück, vergewisserten sich, dass ihnen nur ja nichts von dem entging, was in dem Raum passierte. »Wie ich sehe, haben meine Jungs dir eine kleine Gedächtnisstütze verpasst, mit wem du’s gottverdammt hier zu tun hast … Gut – dann brauch ich mich nicht mehr drum zu kümmern.«
    Ich versuchte etwas zu sagen.
    »Schnauze!« Er richtete einen Finger auf mich. Rabs Hände erinnerten an etwas aus einem Gemälde von Peter Howson. Lange fette Finger, mit Adern überzogen und immer wieder zur Faust geballt. Seine Knöchel waren zerkratzt und gerötet, er hatte sie offensichtlich während seiner Zeit hier benutzt.
    »So, Dury, ich sag dir jetzt, wie’s läuft.« Wieder richtete er seinen Finger auf mich. »Du arbeitest für mich. Ich hab den Scheiß hier gesehen« – er zog die Zeitung mit meinem Artikel aus seiner Gesäßtasche und knallte sie auf den Tisch –, »und das ist alles voll für den Arsch. Du bist jetzt mein Mann, und du wirst tun, was ich dir gottverdammt sage.«
    Ich hatte ein paar Fragen, hielt mich aber bedeckt. Ich hoffte, dass Rab sich irgendwann beruhigte und ich ein paar Worte einschieben könnte.
    Er faltete die Zeitung zusammen, wirkte jetzt noch erregter. Seine Augen schossen wieder hin und her. »Mir ist scheißegal, wer Moosey umgelegt hat –«
    »Dann waren Sie das nicht?« Ich hatte es gesagt, bevor mir die ganze Bedeutung meiner Worte bewusst wurde.
    Rab lächelte; er öffnete sogar den Mund, zeigte Zähne. »Hätte ich die Fotze umgelegt, wären mir keine fünfzig Riesen abhandengekommen. Und du würdest nicht hiersitzen, Dury.« Er holte tief Luft. Ich sah, dass er sich wieder auf Kurs zu bringen versuchte, in einen Zustand, der an Gelassenheit herankam. Ich stellte mir vor, dass Rab Hart es erheblich mehr gewohnt war, Leuten Befehle zuzubrüllen, um zu bekommen, was er erledigt haben wollte. Es machte ihn nicht besonders glücklich, erklären zu müssen, was ihm durch den Kopf ging. »Wie ich schon sagte, geht mir voll am Arsch vorbei, wer Moosey umgelegt hat, aber du wirst das herausbekommen, Dury, denn derjenige hat, wie’s aussieht, auch meine Scheißkohle. Und das macht mich überhaupt nicht glücklich.«
    »Das tu ich doch sowieso.«
    Rab ballte wieder eine Faust. »Der Unterschied, Dury, ist nur, dass du jetzt für mich arbeitest. Wenn du gleich aus der Tür da gehst, sagst du den Leuten, Rab Hart will’s wissen, kapierst du?«
    Ich nickte. War jetzt der richtige Augenblick, ihm zu sagen, dass sein Westentaschenimperium in Auflösung begriffen war? Ich bezweifelte, dass es für eine solche Nachricht jemals einen richtigen Augenblick gab. »Sie wissen ja, dass da draußen ein ziemlicher Eiertanz abgeht … Ich sag’s Ihnen wirklich nur sehr ungern, aber solange Sie hier drin sind,

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