Gelyncht - Gus Dury ; 2
»Könnte man so sagen.«
Sie lachte, als Usual eine Pfote hob. Hey, das war immerhin ein Anfang.
Betretenes Schweigen.
Sie zwang sich: »Hör zu, Gus … Ich möchte nicht –«
»Debs, was immer ich deiner Meinung nach sagen werde, ich tu’s nicht. Ich wollte mit dir nur darüber reden, wie es dir geht, wie du klarkommst, und ich wollte sagen … tut mir leid.«
Sie sah wieder den Hund an, spielte mit der Schnalle ihrer Umhängetasche. Ein großes Retro-Dings, Gola in fetten schwarzen und roten Buchstaben auf der Seite.
»Mensch, gibt’s die auch wieder.«
»Was?«
»Diese Taschen. Gola … Erinnerst du dich noch, wie wir in diesen Squashclub gingen?«
Sie klopfte auf die Tasche. »Mein Gott, Gus, hör auf. Das ist eine Ewigkeit her.«
Sie wirkte so jung auf mich. Debs war nicht einen Tag gealtert, seit ich sie kennengelernt hatte. All diese Körperpeelings und Feuchtigkeitscremes wirkten Wunder. Sie hatte eine phantastische Haut. Ich wollte ihr Gesicht berühren, nur um herauszufinden, ob sie sich noch genauso anfühlte, wie ich es in Erinnerung hatte, aber mehr noch, einfach um den Kontakt zu bekommen.
»Trinken wir einen Kaffee?«, fragte ich.
Sie starrte die Straße hinauf, suchte nach dem Peckham’s mit den Stühlen draußen. »Ja, komm.«
Wir gingen auf das Café zu. Usual folgte uns.
Sie hatten Leichtmetallstühle auf den Bürgersteig gestellt. Die Sonne schien zwar wieder, aber die Spuren des letzten Platzregens waren noch da.
»Die sind klatschnass, Gus.«
Ich breitete eine Zeitung für sie aus. »Da … erledigt.«
Es dauerte eine Ewigkeit, bis die Kellnerin auftauchte und hastig unsere Bestellung aufnahm. Debs nahm eine Sonnenbrille aus ihrer Tasche. Ein großes Ding mit dicken Bügeln. Ich wusste, das war der letzte Schrei, nicht weil ich verfolgte, was modern war, sondern weil man es gar nicht übersehen kann, wenn man so weit davon entfernt ist – im Reich der Anti-Mode.
»Du siehst aus wie Jackie O.«
»Soll das ein Kompliment sein?«
»Eine der schönsten Frauen der Welt …« Ich spürte, wie mein Gesicht zu leuchten begann. Himmel, Gus, seit wann bist du in ihrer Gegenwart denn so nervös? Das hier ist Debs, sagte ich mir. Weißt du noch, deine Sandkastenliebe. Verflossene Ehefrau. Liebe deines Lebens.
»Dann nehme ich’s mal so.«
Ich wartete auf die Erwiderung des Feuers. Normalerweise würde sie in dieser Situation sagen, ich sehe beschissen aus. Nicht aus Bosheit – aus Besorgnis. Ihr Stock, um mich anzustoßen; ich war es gewohnt, dass Leute auf unzählige Weise versuchten, mich zu motivieren, Dinge zu tun. Nichts davon funktionierte.
Sie zeigte auf meinen Kopf. »Warst du im Krieg?«
»Ist nur ein Kratzer.«
Schweigen. Köpfe wurden abgewandt.
Der Kaffee kam.
Debs lächelte. Nippte. »Mhmmm … er ist gut.«
Ich warf einen Blick auf die Rechnung, hätte fast gesagt: Das sollte er bei dem Preis auch sein, ließ es aber dabei bewenden. Stattdessen sagte ich: »Ich habe viel nachgedacht über … du weißt schon.«
Die Sonne verschwand. Debs stellte ihre Tasse hin. Sie schob ihre Sonnenbrille hinauf, steckte sie sich auf den Kopf. Die Haare darunter fixiert, sah sie sehr gediegen aus.
»Du kannst das Wort ruhig aussprechen, Gus.«
Ich wollte aber nicht.
»Ich … ich weiß auch nicht, wieso, wahrscheinlich liegt’s einfach an der Jahreszeit. Schätze ich.«
»Sie wäre dieses Jahr achtzehn geworden.«
Es schnürte mir die Brust zusammen. Meine Kehle erstarrte. Ich wusste, dass Worte jetzt unmöglich waren. Debs hatte immer gesagt, es wäre ein Mädchen. Wirklich wissen taten wir es nie.
»Achtzehn … Ich weiß, das stimmt, es kommt mir nur so falsch vor.«
»Zu lange her, oder zu kurz … Ich kann es nicht sagen.«
Ich wusste genau, was sie meinte. Es war lange her, aber gleichzeitig schien es erst gestern gewesen zu sein.
»Es lässt einen nie los. Es ist, als ob … es ist, als ob es nicht möglich wäre, von diesem Zeitpunkt aus weiterzumachen.«
Die Sonne schien für den Tag Feierabend gemacht zu haben. Debs setzte ihre Brille wieder auf die Nase. Ich wusste, dass sie ihre geröteten Augen verbergen wollte. »Manchmal frage ich mich, haben wir einen Fehler gemacht?«, sagte sie.
Mir war danach, die Hand auszustrecken und ihre Hand zu nehmen, aber ich wollte sie nicht verscheuchen. Ich wusste, das jetzt war wichtig, wir mussten darüber reden, egal, wie schmerzhaft es für uns beide war.
»Deborah, wir sind für diese Entscheidung genug
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