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Gelyncht - Gus Dury ; 2

Gelyncht - Gus Dury ; 2

Titel: Gelyncht - Gus Dury ; 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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verurteilt worden … Verurteile dich jetzt nicht auch noch selbst.«
    »Aber –«
    »Kein Aber, Debs … Wir waren selbst noch Kinder. Wir hätten niemals ein Kind großziehen können. Verdammt noch mal, deine Mutter hat dich rausgeworfen, als sie erfuhr, dass du schwanger bist. Wir hätten nichts anders machen können. Nichts.«
    Sie nickte, verstand. »Gus, es war eine Abtreibung … etwas ganz Schreckliches.«
    Ach, Scheiße. Dieses Wort.
    Kein anderes Wort der Welt verfolgte mich so wie dieses. Es war der Grund für eine Million und eine Qual, die ich Debs hatte durchmachen sehen.
    »Deborah, quäl dich doch nicht mit diesen katholischen Schuldgefühlen.«
    »Ich kann nicht aufhören, es ist –«
    »Deine Konditionierung, ja. Das ist doch alles nur religiöser Mumpitz, Deborah. Hör zu, du bist ein guter Mensch, denk auch nicht eine Sekunde etwas anderes.«
    Als sie mich dann ansah, registrierte ich, dass ich, ohne nachzudenken, ihre Hand ergriffen hatte. Einen Moment lang saßen wir so da, Händchen haltend, und dann war es vorbei. Debs zog ihre Finger langsam zurück. »Danke«, sagte sie.
    »Es kommt mir nicht leicht über die Lippen.«
    Ich hatte das Beste und Schlechteste von ihr gesehen, und ich wusste, es gab nur einen kleinen Unterschied zwischen beidem. Selbst als sie von ihrer Familie gegeißelt wurde, obwohl sie nichts getan hatte, womit sie das verdient hätte, blieb sie sich treu. Sie war der beste und liebenswürdigste Mensch, dem ich je begegnet war, und ich wusste, es würde ein Leben dauern, bevor ich wieder jemanden wie sie traf. Als ich tief in sie hineinblickte, verstand ich auch das Jammertal, in das ich sie geführt hatte. Die Zeit mit mir war etwas, worauf sie gut hätte verzichten können. Es gab so vieles, dem sie freudig entgegensehen konnte. Sie hatte so viele Vorzüge. Doch als sie dann mit mir zu gehen begann, verdunstete das alles. Eine Abtreibung, dann eine Fehlgeburt, die ihr die Möglichkeit nahm, noch einmal ein Kind zu bekommen, als wir es uns so sehr wünschten. Ich war wie die Pest im Leben dieses armen Mädchens. Sie hatte jedes Recht der Welt, mich für das zu hassen, was ich über sie gebracht hatte. Und schlimmer noch, was ich ihr immer noch verweigerte.
    »Debs, ich möchte das nicht erwähnen …«
    »Aber …«
    »Ja, also, es gibt immer ein Aber, stimmt’s?«
    »Spuck’s einfach aus, Gus.«
    »Ich, äh, hab Jonny wieder getroffen.«
    Sie zuckte nicht zusammen, wie ich es erwartet hatte. Lediglich der Tonfall ihrer Stimme änderte sich, wurde härter. »Und?«
    »Also, er hat was gesagt, auf das ich mir keinen Reim machen konnte.«
    »Er glaubt, du hast einen Mann umgebracht, Gus.«
    Das fuhr mir in die Parade.
    Ich warf die Arme hoch. »Jetzt geht das schon wieder los. Ich habe gottverdammt niemanden umgebracht. Falls dieser kleine Drecksack mir allerdings noch mehr Vorwand liefert, könnte sich daran etwas ändern!«
    Debs lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und schmollte. »Und? Was hat er gesagt, Gus?«
    »Er hat mich aufs Revier geschleift, um mir zu erzählen, Tam Fultons Leiche wären fünfzig Riesen entwendet worden, und ich wäre seiner Meinung nach derjenige, der das getan hat.«
    Debs’ Mund wurde größer; sie sah aus, als hätte sie eine Ohrfeige bekommen. »Fünfzigtausend Pfund …«
    »Dein Scheißfreund knüpft seine Hoffnungen daran, dass das mein Motiv ist.«
    »Ich denke nicht, dass er das tun würde, Gus.«
    Ich versuchte, mich wieder mehr im Zaum zu halten. »Du denkst nicht, Debs? Du denkst allerdings nicht, wenn du den Kerl wirklich so einschätzt.« Jetzt war ich zu weit gegangen. »Hör zu, es tut mir leid. Ich bin ein bisschen gereizt.«
    »Brauchst du einen Drink?«
    Ins Knie geschossen. Sie hatte mich durchschaut.
    Ich stand auf. »Deborah, ich denke, ich sollte jetzt wohl besser gehen. Es war schön, mal wieder mit dir zusammen zu sein. Ich weiß es wirklich sehr zu schätzen, dass du mir immer noch guten Tag sagen kannst, und ich will mich auf keinen Fall dem Glück in den Weg stellen, das du für dich gefunden hast.«
    Ein kalter Blick. »Du glaubst, er wäre nicht der Richtige für mich.«
    Ich legte einen Zehner auf den Tisch, stellte meine Tasse darauf. »Debs, ich habe schon zu viel gesagt.«
    »Du glaubst, es wäre falsch, dass ich ihn heirate.«
    Der Hund wurde lebendig. Kam mit großen Augen zu mir gerannt.
    »Wer bin ich, das beurteilen zu können?« Ich würde mich auf nichts weiter einlassen; ich wusste, ich hatte ohnehin

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