Gemeinsam gegen Krebs: Naturheilkunde und Onkologie - Zwei Ärzte für eine menschliche Medizin (German Edition)
nicht alle sekundären Pflanzenstoffe mit einer Extraktionsmethode gewonnen werden, da wasserlösliche Stoffe anders gewonnen werden müssen als fettlösliche. Die Behauptung, eine Tablette enthalte alles, was in vollreifem Obst und Gemüse stecke, stimme deshalb so nicht. Für Apfelsaft sei zum Beispiel bekannt, dass über 80 Prozent der gesunden Flavonoide beim Pressvorgang im Apfeltrester verblieben und nur rund 20 Prozent davon in den Saft übergingen. Viele der Zahlen, mit denen geworben wird, werden von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung aus methodischen Gründen infrage gestellt. Ihr Fazit: »Extrakte, Konzentrate etc. aus Gemüse und Obst sind grundsätzlich keine Alternative zum täglichen Verzehr von fünf Portionen Gemüse und Obst in unerhitzter und erhitzter Form.«
Unberechenbar: Antioxidanzien
Einzelsubstanzen können im Gegenteil sogar gefährlich sein. Berühmtes Beispiel ist das Beta-Carotin (auch Provitamin A genannt), ein Pflanzenfarbstoff, der zum Beispiel in Karotten, Tomaten, Grünkohl oder Mangos in größeren Mengen vorkommt. Während der Verzehr dieser Lebensmittel einen schützenden Effekt vor Krebs und anderen Krankheiten zu haben scheint, wurden mehrere Studien mit hoch dosierten Gaben des isolierten Wirkstoffs abgebrochen. Es hatte sich nämlich herausgestellt, dass die Zahl der Krebsfälle nicht sank, sondern zunahm.
Die Ursache dafür ist bis heute nicht endgültig geklärt, allerdings wurden Dosierungen verabreicht, die weit über den Mengen lagen, die bei normalem Verzehr aufgenommen werden. In Laborversuchen konnte festgestellt werden, dass Vitamine bei Überdosierung eben nicht noch mehr helfen, sondern das Gegenteil bewirken und schädigen. Auch Vitamin E in hoher Konzentration kann schädigende Wirkungen entfalten. Das liegt daran, dass Vitamin E zwar als »Radikalfänger« aggressive Sauerstoffmoleküle unschädlich macht, aber dann, wenn nicht gleichzeitig genug Vitamin C zur Verfügung steht, selbst zum freien Radikal werden kann.
Kritisch zu sehen ist jede Überdosierung mit solchen Antioxidanzien, weil sie entweder wie das Vitamin E selbst Schaden anrichten können oder – während einer Krebsbehandlung – die Strahlentherapie oder einige der Chemotherapeutika (beispielsweise Anthracycline, Platinverbindungen und alkylierende Substanzen) abschwächen. 47 Die nämlich wirken gerade dadurch, dass sie freie Radikale erzeugen, welche die Tumorzellen zerstören sollen.
Die Studien zu der Frage, ob hoch dosierte Antioxidanzien im Rahmen einer Krebstherapie schädlich oder förderlich sein können, widersprechen einander. Mal scheinen Antioxidanzien nur die gesunden Zellen vor der Zerstörung zu bewahren und die Nebenwirkungen von Chemotherapie und Bestrahlung abzupuffern, dann sieht es wieder so aus, als schützten sie auch die Krebszellen. Manchmal wiederum verstärkten sie den gewünschten Effekt der onkologischen Therapie sogar.
Das liegt vermutlich daran, dass kein Antioxidans dem anderen gleicht. Hinter diesem Sammelbegriff verbirgt sich eine immense Zahl unterschiedlichster Stoffe: solche, die die Bildung freier Radikale von vornherein unterbinden, andere, die diese einfangen und so unschädlich machen. Eine dritte Gruppe repariert Schäden an den Zellwänden, während eine vierte dazu beiträgt, dass antioxidative Enzyme gebildet und an ihren Einsatzort gebracht werden. 48,49
Ernährungswissenschaftler wie Michael Ristow von der Universität Jena vertreten zudem die These, dass verabreichte Konzentrate aus Antioxidanzien mit der körpereigenen Produktion dieser Stoffe konkurrieren und die eigenen Abwehrmechanismen dabei abschwächen oder unschädlich machen. Bei Sportlern zumindest stellte der Organismus die Abwehr beim Sport entstehender freier Radikale ein. Auch Folsäure, empfohlen zur Vorbeugung von embryonalen Hirnschäden sowie für das Nervensystem älterer Menschen, wird inzwischen kritisch gesehen, weil sie laut einer Studie Darmkrebs begünstigen könnte.
Hoch dosiertes Vitamin C gegen Krebs?
Prominentestes Antioxidans ist das Vitamin C. Diese wasserlösliche Substanz fängt freie Radikale ab und schützt so vor einer negativen Veränderung von Eiweißen und Fetten. Sie beugt gemeinsam mit
Vitamin E der Schädigung von Zelle und Erbgut vor. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt eine tägliche Zufuhr von 200 Milligramm Vitamin C pro Tag.
Dass eine an Vitamin-C-reiche Kost das Risiko, an Krebs zu erkranken, verringern kann, ist
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