Gemeinsam gegen Krebs: Naturheilkunde und Onkologie - Zwei Ärzte für eine menschliche Medizin (German Edition)
die quasi in Einzelhaft leben. Ihr Gehirn wird durch das anregende Milieu nachweislich in eine Art milden Stress versetzt, der Körper aktiviert Schutzmechanismen.
Das Neue an diesen Versuchen von Cao und During ist, dass sie den Mäusen aggressive Tumorzellen spritzten und die
Entwicklung der Erkrankung unter den unterschiedlichen Lebensbedingungen beobachteten. Dabei stellte sich heraus: Mäuse in abwechslungsreicher Umgebung und mit Gesellschaft widerstehen dem Angriff ansonsten tödlicher Haut-und Darmkrebszellen erheblich länger. Die Tumoren sind zudem nach einigen Wochen deutlich kleiner.
Fetthormone unter Verdacht
Milder körperlicher und sozialer Stress hilft also, zumindest im Experiment an Mäusen, das Wachstum bereits etablierter Tumoren zu verlangsamen. Dabei stießen die Forscher auf zwei interessante Moleküle: Der Hypothalamus der Versuchstiere schüttet nach sechs Wochen im Luxuskäfig vermehrt den Wachstumsfaktor »brain derived growth factor« (BDNF) aus. Dieser sorgt offenbar dafür, dass im Blut die Konzentration eines weiteren Hormons dramatisch sinkt, das aus dem Fettgewebe stammt: des Leptins. Dieses reguliert den Appetit von Maus und Mensch und steht im Verdacht, eine Rolle bei der Entstehung von Krebs zu spielen. Da fettleibige Menschen ein höheres Risiko haben, an Krebs zu erkranken, als Normalgewichtige, könnte sich in den Fetthormonen eine interessante Spur verbergen. Das rückt die Mäuseversuche in die Nähe von möglichen Therapien.
Studien versuchten sogar, einen Zusammenhang zwischen religiöser Praxis und körperlichen Faktoren herzustellen. So gibt es Hinweise, dass regelmäßiges Beten (analog zur Achtsamkeitsmeditation) den Kortisolspiegel senkt, 19 aber zum Beispiel die Zahl verschiedener Zellen des Immunsystems steigert. 20 Die SPECT-Tomografie, ein bildgebendes Diagnoseverfahren, zeigt bei betenden Nonnen und Mönchen eine ähnliche Verschiebung der Hirnaktivität, wie sie sich bei Meditierenden nachweisen ließ. 21
Unterstützung in der Gruppe
Gruppen können dabei unschätzbare Dienste leisten. Erste Erfolge hatten sie bereits in den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts, als die Anonymen Alkoholiker die Selbsthilfegruppen erfanden. In den 60er-Jahren erlebten Gruppensettings ein Wiederaufleben in der Psychologie und Psychotherapie, später im Coaching. Sie erweisen sich als hilfreich im Umgang mit HIV, bei chronischen Schmerzen, Depressionen und schweren Herzkrankheiten.
Das Gespräch miteinander, die gemeinsamen Themen und die gegenseitige Motivation, so belegen viele Studien, hilft auch im Umgang mit Krebs. Der Psychiater David Spiegel von der Stanford University hatte 1989 in einer aufsehenerregenden Studie an Brustkrebspatientinnen zu belegen versucht, dass Gruppenunterstützung sogar die Chance auf ein Überleben verbessert. Zwar hatte diese Aussage sich in weiteren Untersuchungen nicht bestätigen lassen, sehr wohl aber zeigte sich erneut die Verbesserung des Allgemeinbefindens. 22 Auch scheint es Subgruppen zu geben, deren Teilnehmer doch auch im Hinblick auf ihre Überlebenszeit profitieren. 23
Gruppen wirken der Isolation entgegen, mit der sich Krebskranke häufig konfrontiert sehen. Freunde, Verwandte und Arbeitskollegen fühlen sich der bedrohlichen Diagnose gegenüber hilflos, sie erinnert sie an ihre eigene Sterblichkeit und weckt Verlustängste. Viele Krebskranke ziehen sich auch aus eigenen Motiven zurück: aus einer depressiven Stimmung heraus, weil sie sich als zu schwach für Kontakte empfinden, zum Beispiel sexuelle Störungen haben oder sich generell in ihrem Körper nicht mehr wohl fühlen (beispielsweise nach einer Brustoperation).
► 10 GRUNDREGELN EINER KREBSSELBSTHILFEGRUPPE
1. Es geht um Wahrnehmungen und Emotionen, aber nicht (wie bei einer psychotherapeutischen Gruppe) um deren Analyse, Interpretation oder Diskussion.
2. Die Gruppe ist ein sicherer Ort der Achtsamkeit. Nichts, was dort gesagt oder gezeigt wird, wird verurteilt oder bewertet. Niemand muss sich äußern.
3. Ganz wichtig ist Respekt. Niemand dominiert. Alle haben die gleichen Rechte.
4. Die Gruppe erzieht zur Selbsthilfe. Auf jeden didaktischen Abschnitt folgt eine Phase der Praxis.
5. Die Gruppe agiert bewusst in der Gegenwart. Vergangenheit oder Zukunft spielen keine Rolle.
6. Die Person, die die Gruppe leitet, ist gleichzeitig eine Lernende. Sie beteiligt sich an allen Übungen.
7. Jeder Mensch hat die Fähigkeit zur Selbsterfahrung – unabhängig von Alter,
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