Gemischte Gefühle
seinen Revolver heraus.
Ich schoß, ohne zu überlegen. Dreimal. Die zweite Kugel traf ihn in der Schulter und ließ ihn schlaff werden. Die dritte prallte auf dem Pflaster ab und erwischte Nicolay im Unterschenkel. Er brach zusammen und geiferte mit unartikulierter Stimme Befehle heraus.
Dave und ich rasten durch die engen Gäßchen und schlugen uns in den Urwald. Hier waren wir ziemlich sicher.
Als nach langen Stunden endlich die Sonne untergegangen war, kamen wir wieder raus. Im Schutze der Dunkelheit schlichen wir vor ans Wasser. Es war gut, daß wir uns hier so gut auskannten. Wir wollten uns ein Boot schnappen und übers Meer auf eine größere Nachbarinsel fliehen. Dort konnte man weitersehen. Aber erst mal weg von hier.
Es war Neumond. Das Meer wirkte stumpf und ölig. Weit draußen zuckte der Lichtfinger eines Patrouillenbootes durch die Nacht. Wenn wir daran unbemerkt vorbeikamen, hatten wir es geschafft. Dann würde die Welt davon erfahren, was hier geschehen war. Dann würde die Abrechnung erfolgen.
Wenn wir es schafften. Wenn sie nicht auf uns warteten. Wenn sie uns keine Falle gestellt hatten. Wenn uns die Infrarot-Kameras nicht schon erfaßt hatten.
Ich atmete tief durch und glitt ins Wasser.
Mein Rücken kribbelte, als hätte man darauf eine Zielscheibe eintätowiert.
Horst Pukallus Held des Universums
An die Wirklichkeiten des Lebens dachte hier jeder nur, um daraus einen freundlichen Scherz zu entlehnen.
Honore de Balzac: Verlorene Illusionen
Jawoll, Freunde, frischauf aus den Federn springt in aller Morgenfrühe euer vielversprechender Science Fiction-Autor, innerlich auf Lützow scher Jagd nach den großartigen Ideen vorm gestrigen Einschlafen, die er nun doch vergessen hat {natürlich kennt er die kleinen Tricks, sofortiges Aufschreiben und so, aber ausgerechnet gestern war im Kuli mit eingebauter Glühbirne die 1,5-Volt-Batterie leer), äußerlich so nackt, wulsthüftig und mit Halbsteifem wie jeder Schreibtischtäter am frühen Morgen, ein Supermann wie du und ich, dem kein Mann von einem anderen Planeten jemals über den Weg laufen und keine strammärschige Blondine jemals die Hand küssen wird, und sieht man ihn sich so an, Zausschopf, Stoppeln am Kinn, fahrige Bewegungen, verkniffener Mund, könnte man meinen, seine erste Ausgabe des Tages müsse ein Fahrschein zum Arbeitsamt sein.
Die Hoffnung auf eine so schadenfrohe Genugtuung jedoch ist vergeblich. Euer bekannter Science Fiction-Autor geht geradewegs ins Klosett und uriniert ganz tadellos, und man darf fest davon überzeugt sein, daß er sich 3000 Lichtjahre entfernt genauso verhielte. Er ist ganz sicher, daß seine prachtvollen Einfalle von gestern wiederkehren, wenn auch vielleicht nicht gerade in alphabetischer Reihenfolge, und daß sie, sollte er sich nicht erinnern können, sowieso nichts taugten. Nachdem er sich mit seiner berufsspezifischen Nonchalance katzenhaft gewaschen hat, schiebt er sich die Zahnbürste in den Mund – und da geschieht es!
Was geschieht? Wird er von einem Strahlschuß getroffen und auf der Stelle umgebracht, gefällt wie ein schlachtreifes Schwein? Heulen Alarmsirenen auf? Kommt die Polizei, um ihm eine Blutprobe zu entnehmen? Tritt ein Mann von einem anderen Planeten ein?
Stürzt eine strammärschige Blondine ins Bad und sinkt vor ihm auf die Knie, um seine Hand zu küssen und Hilfe gegen die Nachstellungen lappenfüßiger Schleimwesen zu erflehen?
Ach was! Auf solche Gedanken vermögen nur völlig vom Alkohol zerfressene Gehirne zu verfallen. Nur vollständig abwegige geistige Bankrotteure können überhaupt an so was denken. Nein, es ist ganz klar, eines der alltäglichen Vorkommnisse geschieht: Das Telefon klingelt.
„Scheiße, was ist das?“ brabbelt euer Autor, schon Schaum im Mund und auf den Lippen. „Was hat denn das zu bedeuten, gottverdammte Kacke?“ Die Wirklichkeit hat selbstverständlich nichts mit der katholisch-romantischen Vorstellung zu tun, die jungfräuliche Bibliothekarinnen von Schriftstellern hegen; diese notorischen Trockenpflaumen bilden sich doch tatsächlich ein, daß hartes Ringen um jedes Wort den Schriftsteller auszeichne, ob es ihm von den Lippen oder aus der Feder fließen solle, seine Redeweise gewählt sei und er beim Sprechen versonnen die feingliedrigen Hände knete. Wie die Dinge stehen, hat euer geschätzter Autor gegenwärtig nichts als Schaum vorm Maul, er besitzt Hände wie Abortdeckel, und bevor er das Telefon erreicht, murmelte er
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