Gemischte Gefühle
wetten darf, wer dieses unmenschliche Rennen gewinnt.“
„Du wirst es nicht ändern. Der Masse gefällt es, und die Masse zählt.“
„Leider hast du recht.“
Wieder starrte er sie an. Sie mußte jetzt etwa achtundzwanzig sein. Wie immer war sie völlig ungeschminkt und nach der neuesten Mode gekleidet. Äußerlich war sie unverändert. Aber ihre Einstellung war viel kritischer geworden. Von ihrer unbeschwerten Unbekümmertheit war nichts geblieben.
„Du bist anders geworden, Carol.“
„Fünf Jahre ändern einen Menschen. Man blickt hinter die Fassaden und beginnt nachzudenken. Und was dabei herauskommt, ist wenig erfreulich.“
„Bist du noch immer hinter den Prominenten her?“
„Ja. Das ist mein Beruf. Aber es ist anders als früher. Früher wollte ich die Prominenten ins Bett bekommen. Ich war selig, wenn es mir gelang, einen Filmstar, einen Sportler oder einen bekannten Politiker zu verführen. Daran liegt mir nichts mehr.“
„Du wirst doch nicht keusch geworden sein?“
„Du hast dich auch geändert, Peter. Du bist zynisch geworden.“
Er zuckte die Schultern. „Nun gehörst du selbst zu den Prominenten. Vermutlich bist du die bekannteste Journalistin der USA.“
„Nicht vermutlich. Ich bin es.“
Sie grinste und er erwiderte ihr Grinsen.
Carol glitt vom Hocker. „Ich werde Ralf die Daumen drücken. Wo steckt er?“
„In seinem Zimmer. Der Arzt ist bei ihm.“
„Vermutlich stopft er ihn voll mit Schlafmittel?“
„Nicht nur Schlafmittel. Du wirst nicht viel Spaß mit ihm haben, wenn er gewinnen sollte. An Sex ist er im Augenblick nicht interessiert. Gegen die Fleischeslust gibt es heute auch schon Mittel. Im Augenblick ist er wie ein Eunuch.“
„Ich will nicht mit ihm schlafen. Bis morgen, Peter.“
Er hatte mit vielen Mädchen geschlafen, doch für keines hatte er mehr als sexuelles Verlangen empfunden. Auch Carol hatte ihm nichts bedeutet. Doch die Erinnerung an die zwei Nächte, die er mit ihr verbracht hatte, war durchaus angenehm.
Vor fünf Jahren hatte er selbst im Mittelpunkt des Interesses gestanden. Doch die Abfahrt, die er damals gewonnen hatte, war ein Kinderspiel im Vergleich zur morgigen. Begonnen hatte alles vor acht Jahren, als einige Abfahrten mit gleichzeitigem Start von fünf und mehr Läufern stattfanden. Das hatte dem Publikum gefallen. Danach waren Hindernisse in die Strecken eingebaut worden.
Er selbst war ein mäßiger Amateurfahrer gewesen, der kein Weltcuprennen gewonnen und nie an einer Olympiade teilgenommen hatte. Bei den Profis hatte er sich sofort durchgesetzt, denn bei ihnen konnte man seine Brutalität richtig ausspielen. Auf der Piste war er zum Raubtier geworden, von seinen Gegnern gehaßt und gefürchtet. Nach dem WM-Sieg hatte er noch ein paar kleinere Rennen gewonnen. Ein schwerer Sturz hatte seiner Karriere ein Ende gemacht. Er war Trainer geworden. Über das Angebot der ATT, Ralf Mayer zu trainieren, war er überaus glücklich gewesen. Sein Fixum war hoch, und er bekam 25 Prozent von allen Renngewinnen. Kein schlechtes Geschäft, da die Siegpreise in den meisten Rennen schon mehr als hunderttausend Dollar erreichten. Und morgen ging es um eine Prämie von einer Million!
Ralf saß vor dem Fernsehapparat, den Ton hatte er abgeschaltet. Im Augenblick war Eraldo Tardelli zu sehen, ein hübscher Bursche mit schwarzgelocktem Haar und Glubschaugen. Einer seiner morgigen Gegner, der von der Fachpresse – wie Ralf selbst – als chancenlos eingestuft wurde.
„Für Tardelli sollte die Strecke zu schwer sein“, stellte Helga Gottwald fest, die neben ihm auf der Couch saß.
Ralf brummte etwas Unverständliches. Automatisch setzte er seine Unterschrift auf einer der Werbebroschüren der ATT. Sie schilderte detailliert seinen Lebenslauf und lieferte einen Rückblick auf alle großen Rennen, die er gewonnen hatte. Der Werbeschrift lag eine Platte bei, auf der Ralf einige der immer wieder gestellten Fragen beantwortete. Und natürlich gab es jede Menge Reklame in dem dünnen Heftchen. Für alle Produkte der ATT wurde geworben: Fernseher, Radios, Plattenspieler, Recorder. Auch die Produkte der Firma Universum, die zu 90 Prozent im Besitz der ATT war, wurden angepriesen. Aus ihrer Fabrikation stammte Ralfs gesamte Rennausrüstung.
In den vergangenen Wochen war die Fan-Post gewaltig angeschwollen. An manchen Tagen hatte er fast tausend Briefe erhalten, die von drei eigens dafür verpflichteten Sekretärinnen bearbeitet wurden.
Nach ein paar
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