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Gemischte Gefühle

Gemischte Gefühle

Titel: Gemischte Gefühle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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vielleicht war das nun die gerechte Strafe, die ihn traf. Christa … war sie es gewesen, die die Angst in ihn gepflanzt hatte? Ihre Warnungen, ihre Befürchtungen …
    Da traf ihn wieder ein Schlag des Horns, und er sank in die Knie – die letzte Kraft war aus seinen Beinen gewichen.
    Wieder erinnerte er sich an die Szene, die er gestern gesehen hatte. Und mit zähneknirschender Verzweiflung mußte er erkennen, daß es ihm nun ebenso ergehen würde, wie jenem anderen einsamen Kämpfer. Er würde einen qualvollen langsamen Tod erleiden – wie ein Stück Vieh.
     
    Das Geschrei der tobenden Menge wurde durch die schallgedämmten Wände ausgesperrt, doch die Lautsprecher gaben ihn als leises Rauschen wieder – Untermalung zum Geschehen, das sich unten abspielte.
    Der Direktor saß vor dem Videoschirm, der die Kampffläche von oben zeigte. Ins Glas war ein rotes Koordinatennetz eingegraben. Neben ihm saß Christa, die Hände auf der Tastatur der Kontrollautomatik.
    „Objekt auf C 7. Gegenstoß. Reaktionszeit 1,5 Sekunden. Objekt aufC8, D9 … Gut so!“
    Christas Hände hantierten wie auf einem Instrument. Von ihrem Sitz aus konnte sie beobachten, was auf dem Bildschirm geschah, obwohl das für ihre Aufgabe nicht nötig gewesen wäre.
    „Objekt auf D 7, D 8 … Reaktionszeit 1 Sekunde. Zusammenstoß …“
    „Er kämpft gut, nicht wahr?“ fragte der Direktor.
    Christa nickte kaum merklich.
    „Objekt auf E 4, E 5, F 6, F 7 … parieren – Gegenstoß!“
    Im Gesicht des Mädchens zuckte es. Es zögerte.
    „Gegenstoß!“ schrie der Direktor. „Hast du nicht gehört?“
    Das Mädchen drückte eine Taste nieder. Ein tausendstimmiger Schreckensruf ließ die Membranen der Lautsprecher vibrieren.
    „Reaktionszeit 0,5!“
    Christa hob die Hände von der Tastatur. „Was hast du vor? Es ist doch erst sein vierter Kampf Du wolltest doch …“
    Der Chef wandte sich vom Bildschirm ab. „Er ist dir doch gleichgültig, wie?“
    Das Mädchen nickte.
    „Dann vorwärts!“ forderte er. „G 3, G 2 … parieren – Gegenstoß!“
    Der Direktor starrte auf den Bildschirm, wartete …
    „Warum machst du das?“ fragte Christa.
    „Warum sollte ich nicht?“ fragte Göbli. „Er ist zu schnell bekanntgeworden – er ist reif. Du bist doch sonst nicht so zimperlich!“
    „Gib ihm eine Chance!“ bat Christa.
    „Was meinst du? Soll ich den Kampf abbrechen?“
    „Nur eine Chance“, wiederholte Christa. „Laß ihn einfach kämpfen, nur kämpfen warum willst du auch noch eingreifen, es erwischt ihn noch früh genug!“
    „Du bist verrückt! Wozu lassen wir den Tieren Elektroden ins Gehirn pflanzen? Wozu das komplizierte System der Fernsteuerung? Wozu die Richtantenne und der Sender? Da können wir doch gleich Stierkämpfe aufführen.“ Er schlug mit der Faust auf das Pult. „Hast du denn nicht begriffen, daß das die Idee ist, der wir den Erfolg verdanken: daß wir die Kämpfe inszenieren. Daß wir sie vorbereiten und planen – damit die Show genauso abläuft, daß ein Maximum an Spannung resultiert!“
    „Ist das jetzt noch notwendig?“ fragte Christa. „Du bist längst ganz oben, niemand kann dir deinen Rang streitig machen. Selbst wenn du auf die Steuerung verzichtest!“
    „Und die Wetten? Hast du vergessen, daß die Wetteinnahmen den größten Teil des Verdienstes ausmachen? Jetzt nimm dich endlich zusammen! Objekt auf F 5, Sprung auf C 2 … Angriff!“
    Das Mädchen bewegte sich nicht.
    Der Chef wandte sich vom Bildschirm ab. „Er ist dir doch gleichgültig, wie?“
    Das Mädchen nickte.
    „Dann vorwärts! Der Kampf dauert sowieso schon zu lange! Objekt auf C 1. Angriff!“
    Das Mädchen saß unbeweglich da.
    Der Mann lächelte grausam. „Laß mich lieber selbst an den Schalttisch. Du bist deiner Aufgabe nicht gewachsen!“
    Christa stand auf. Nun hatte sie einen Ausblick durch das große Fenster der Vorderfront, hinab auf die Arena. Dort unten lag der Mann im Sand, und dicht vor ihm, mit hocherhobenem Horn, stand die Spinne. Das Mädchen trat zurück, zuvor aber griff es rasch zur Tastatur und drückte einen Knopf. Wieder drang der schrille Aufschrei der Menge aus den Lautsprechern. Der Direktor starrte auf den Bildschirm. Dort waren nun die beiden Punkte zu einem verschmolzen. Der Blick des Mädchens war leer und hing irgendwo im Ungewissen. Der Schaukampf war zu Ende.

 
Jörg Weigand Immer am Ball
     
    27. Mai
     
    Heute vormittag kam Order von der World Wide TV-News: Auf dem schnellsten Wege nach

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