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Gemma

Gemma

Titel: Gemma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Last
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benötigt wurde, um die Dragonfly voranzutreiben, unter
Deck. Auch wenn er in den Stunden, in denen er den Sturm mit sorgenvollen Blicken
beobachtet hatte, Leinen über Deck hatte spannen lassen, so wollte er es
dennoch nicht riskieren, einen seiner Männer zu verlieren, sollte die schwere
See das Deck der Dragonfly überspülen. Außerdem würden die Männer so
Kräfte sparen, die sie noch brauchen würden, weil keiner von ihnen sagen
konnte, wie lange das Toben der Elemente anhalten würde.
    Unten in der Kapitänskajüte hatte Gemma bis auf eine Sturmlaterne
alle Lampen und die Glut im Ofen gelöscht und sich an eine der Säulen
geklammert. Sie hatte alles andere versucht, aber das unberechenbare Buckeln
des Schiffes auf den Wellen hatte sie mehr als einmal durch die Kajüte katapultiert.
Sie wagte nicht, an all die blauen Flecken zu denken, die sie davongetragen
hatte, aber im Moment war alles, woran sie denken konnte, am Leben zu bleiben.
War es ein Sturm wie dieser gewesen, der ihren Vater das Leben gekostet hatte?
Oder war er sogar noch schlimmer gewesen?
    Gemma konnte sich nichts Schlimmeres als das hier vorstellen. Sie
hob kaum den Kopf, als Tabby eintrat, gefolgt von einem Schwall eisigen Wassers, bevor es ihm gelang, die Tür
zuzudrücken. Seine Beine waren weit gespreizt, um halbwegs sicheren Fußhalt zu
finden, aber es schien ihm nicht viel zu helfen. Stolpernd sprang er beinahe zu
der Säule, an die Gemma sich geklammert hatte.
    »Wie sieht es aus?«, fragte Gemma und war erstaunt, wie ängstlich
ihre Stimme selbst in ihren eigenen Ohren klang. »Is' die Mutter aller Stürme,
die uns da beutelt«, teilte Tabby ihr mit. »Der Captain wird es schon mit ihm
aufnehmen.«
    »Werden
wir sinken?«
    »Nahhh.« Angewidert schüttelte Tabby den Kopf.
»Niemals. Der Captain is' viel zu gerissen, um uns absaufen zu lassen.«
    Gemma wusste, dass es verrückt war, aber zu hören, dass andere
Bryce vertrauten, das Schiff sicher durch den Sturm zu bringen, sandte eine
Welle der Erleichterung durch ihren Körper.
    Wieder wurde das Schiff in ein Wellental geschleudert, und Gemma
verstärkte ihren Griff um die Säule.
    »Das schaffen wir niemals!«, brüllte Jess knapp sieben Stunden später
dicht an Bryce' Ohr. Selbst auf diese Entfernung war es beinahe unmöglich, sich
verständlich zu machen. Das Heulen des Sturms, das Tosen der Wellen, das
Knistern der Blitze und das Grollen des Donners bildeten eine höllische
Kakophonie, die jedes andere Geräusch auslöschte.
    Beide Männer waren mit Stricken am Steuerruder
gesichert. Bryce hatte jeden Mann bis auf zwei unter Deck geschickt. Und
diese beiden, sicher mit Seilen an den Führungsleinen verankert, achteten,
wenn auch taub vor Kälte, auf jede Gefahr, die ihr sofortiges Eingreifen
erfordern konnte. In diesem Wetter gab es nichts, was man tun konnte, außer
das Ruder auf Kurs in die nächste Welle zu halten, um zu verhindern, dass das
Schiff umschlug.
    Bryce' Gedanken wanderten zu Gemma. Sie musste Todesängste
ausstehen unten allein in seiner Kajüte. Er wünschte, er könnte bei ihr sein
und ihr versichern, dass alles gut werden würde. Bryce dachte zurück an die
langen Nächte, in denen sie in seinen Armen gelegen hatte. Ihre anfängliche
Scheu war einer tiefen, alles verzehrenden Leidenschaft gewichen. Es hatte ihn
überrascht, wie wenig vertraut sie anscheinend mit dem männlichen Körper
gewesen war. Flammende Röte hatte ihre Wangen überzogen, als er vorgeschlagen
hatte, sie solle ihn erkunden. Zögernd war sie seiner Aufforderung
nachgekommen, schüchtern zunächst, aber bald voller kindlicher Neugierde, als
sie bemerkte, dass sie ihn mit einer Berührung, einem Streicheln oder einem
Kuss ebenso leicht entflammen konnte wie er sie. Wenn er jetzt sein Quartier betrat,
leuchteten ihre Augen auf und er konnte das Verlangen darin lesen, bald wieder
mit ihm vereint zu sein.
    Bryce schüttelte den Kopf. Eiserne Entschlossenheit zeichnete
seine angespannten Züge. Er würde es nicht zulassen, dass der Sturm Gemma in
ein nasses Grab riss, aber tief in seinem Innern nagte leise der Zweifel, ob
Jess mit seinen Befürchtungen nicht Recht hatte. Wohin auch immer er schaute,
sie waren umgeben von tiefschwarzem Himmel, und obwohl die Dragonfly ein
zähes, gut konstruiertes Schiff war, würde auch sie dem Ansturm der Gewalten
nicht mehr sehr viel länger widerstehen
können. Die Schlacht gegen das Tosen der Elemente schien bereits ewig zu
währen, und selbst Bryce hatte keinen

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