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Gemma

Gemma

Titel: Gemma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Last
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den
Blick auf eine grasbewachsene Landschaft frei, aus der nur noch hin und wieder
vereinzelt Haine wuchsen. Sanft wiegten sich die grünen Halme im Wind, als
würde eine unsichtbare Hand darüber hinwegstreichen. In der Ferne schwappte
träge das trübe Wasser des Mississippis.
    »Gefällt es dir?«, fragte Bryce und Gemma nickte mit vor Freude
leuchtenden Augen.
    »Es ist wunderschön. Viel schöner, als ich es mir hätte träumen
lassen.« Sie sah sich um, konnte aber noch immer kein Anzeichen eines Bauwerkes
erkennen.
    »Sagtest du nicht, du hättest ein Haus in der Nähe der Stadt?«,
fragte Gemma etwas unsicher. »Wohin fahren wir?«
    Bryce lachte leise. »Seit wir die Hauptstraße verlassen haben,
befinden wir uns bereits auf meinem Land. Nur Geduld, das Haus wird
schon noch früh genug auftauchen.«
    Gemma riss die Augen auf. »Das alles hier gehört dir?«, fragte sie
mit ungläubigem Staunen. »Aber ... aber das ist noch viel größer als Kenmore.«
Ihre blauen Augen richteten sich auf sein schmunzelndes Gesicht.
    »Alles in allem ist Kenmore schon noch etwas größer, aber du hast
Recht, es nimmt sich nicht viel. Verstehst du jetzt, warum ich nicht unbedingt
erpicht darauf bin, mein Erbe anzutreten und all das hier aufzugeben?«
    Er lachte, als Gemma nur wortlos nickte.
    Das Haus verschlug
Gemma vollends die Sprache. War Kenmore Manor in all seiner grau-steinernen,
jedoch düsteren Pracht bereits beeindruckend gewesen, so fühlte Gemma sich in
einen Traum versetzt, als sie das Herrenhaus von Belle Elysée zum ersten Mal
erblickte. Sie waren unter einem weißen Torbogen hindurchgefahren, in den mit
geschwungenen Lettern der Name der Plantage eingemeißelt war. Im Anschluss
daran folgte eine Allee, eine halbe Meile lang und flankiert von riesigen
moosbehangenen Eichen, deren ausladende Äste den Kiesweg wie einen grünen
Himmel überspannten. An deren Ende schließlich erhob sich majestätisch und
anmutig ein Herrenhaus, umgeben von schattenspendenden Lebenszeichen, deren
graue Moosbärte die mächtigen Bäume wie altehrwürdige Patriarchen erscheinen
ließen.
    Eine Veranda umlief das gesamte Gebäude, darüber ein überdachter
Balkon, getragen von weißen korinthischen Säulen, die sich bis unter das Dach
erstreckten. Eine breite, geschwungene Treppe führte hinauf zum Eingang, und
abwechselnd mit bis auf den Boden reichenden Fenstern ließen mit Lamellentüren
verkleidete gläserne Balkontüren die laue Luft ins Innere.
    »Das ist dein Haus?«, flüsterte Gemma heiser, völlig überwältigt.
    »Ich weiß«, meinte Bryce lachend, »es ist ein wenig beengt ...«
Als Gemma ihren entsetzten Blick auf ihn richtete, lachte er schallend auf und
zog sie an sich.
    Ihre Kutsche war noch nicht ganz zum Stehen gekommen, als eine
kugelrunde Schwarze die Treppen von der Veranda heruntergeschossen kam.
    »Jessus, Master Bryce, was für eine Freude«, schnaufte sie und
eilte der Kutsche entgegen, nur um wie angewurzelt stehen zu bleiben, als sie
Gemma erblickte.
    Unbewusst straffte Gemma die Schultern und
setzte sich auf. Das musste Mammy sein. Das runde schwarze Gesicht starrte sie
an wie vom Donner gerührt, bis es sich zu einem breiten Grinsen verzog.
    »Jessus, Master Bryce, so eine Überraschung. So eine
Überraschung«, krähte sie und watschelte näher. Bryce stieg aus und hob Gemma
aus der Kutsche.
    »Mammy, darf ich dir meine Frau vorstellen?«
    »Jessus, Master Bryce, wie könnt Ihr eine alte Frau so erschrecken?
Und diesem Halunken Tabby werde ich den Hals umdrehen, weil er kein
Sterbenswörtchen verraten hat.«
    Gemma lächelte, als sie sich vorstellte, wie Tabbys schmächtiger
Körper den Händen dieser Urgewalt von Frau zum Opfer fiel. Wenn sie es darauf
anlegte, würde Mammy Tabby ohne mit der Wimper zu zucken zerdrücken können.
    »Kommt her und lasst Euch ansehen, Kindchen.« Mammys fleischige
Hände auf ihren Schultern rissen Gemma in die Wirklichkeit zurück. Ohne auf
Gemmas entsetzten Gesichtsausdruck zu achten, drehte Mammy sie hin und her,
wobei sie missbilligend mit der Zunge schnalzte.
    »Kindchen, was seid Ihr mager. Der kleinste Lufthauch kann Euch ja
hinwegblasen.« Was würde Mammy – und auch Bryce – wohl sagen, wenn sie schon in
einigen Wochen sehr viel runder sein würde, überlegte Gemma im Stillen.
    »Keine Sorge, Kindchen. Mammy wird schon dafür sorgen, dass Ihr
ordentlich Fleisch auf die Rippen bekommt.« Sie tätschelte Gemma sanft die
Wange und ergriff dann ihren Oberarm, um sie

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