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Gemma

Gemma

Titel: Gemma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Last
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Menschen
sich nicht freiwillig so hingebungsvoll um ihre Bedürfnisse kümmerten, aber
wann immer sie einen ihrer Dienste zurückwies, hatte sie das Gefühl, einen
unverzeihlichen Fehler begangen zu haben.
    Es war Mammy, die sie darauf ansprach.
    »Miss Gemma, warum seid Ihr mit Pauline
unzufrieden? Das arme Kind war bei mir und hat sich die Augen ausgeweint.«
    Erstaunt sah Gemma sie an. »Ich bin mit
Pauline nicht unzufrieden«, meinte sie überrascht. Pauline war eines der
Mädchen, die sie an ihrem ersten Tag hier in Belle Elysée erwartet hatten und
das seitdem Gemmas persönliche Zofe war.
    Verwirrt sah Gemma Mammy an. »Wie kommt sie nur darauf, ich sei
mit ihr unzufrieden?«
    Bedauernd schüttelte Mammy den massigen Kopf. »Kindchen, Ihr habt
ihr nicht gestattet, Euch anzukleiden, und als sie Euren Körper mit duftenden
Ölen einreiben wollte, habt Ihr sie auch zurückgewiesen.«
    Gemma lachte überrascht auf. »Und deshalb glaubt sie, ich sei mit
ihr nicht zufrieden? Mammy, ich kann mich allein anziehen, und noch niemals
hat jemand meinen Körper mit Öl eingerieben. Warum sollte ich so etwas wollen?«
    »Ach, Kindchen. Die Mädchen wetteifern miteinander, wer Euch zu
Diensten sein darf. Sie empfinden es als eine Ehre, für die Frau des Masters da
zu sein. Pauline ist todunglücklich, weil sie glaubt, Ihr wolltet sie nicht
und würdet ein anderes Mädchen auswählen.«
    Betroffen sah Gemma Mammy an. »Mammy, ich
kann doch nicht verlangen, dass Pauline mir jede Arbeit abnimmt. Sie ist doch
ein ...« Beinahe hätte sie gesagt »freier Mensch«, bis ihr mit Entsetzen
einfiel, dass Pauline gerade das nicht war.
    »Mammy, sag Pauline, dass ich sie nicht beleidigen wollte und sehr
mit ihr zufrieden bin. Aber ich bin es gewöhnt, mich allein anzuziehen, und ich
habe mein Leben lang gearbeitet. Ich kann nicht einfach die Hände in den Schoß
legen und nichts tun. Ich würde sterben vor Langeweile.«
    Mammys dunkle, ausdrucksstarke Augen richteten sich auf Gemmas
Gesicht. Gemma wich ihrem Blick nicht aus. Sie konnte nicht genau sagen, was es
war, das sie tief in Mammys Augen entdeckte, aber nach einer Weile nickte Mammy
bedächtig und wandte sich ab, als wäre nichts gewesen.
    Der Besuch von
Madame Rousseau, der Schneiderin, brachte Mammy endgültig aus dem Häuschen. Wie
eine Glucke flatterte sie um Gemma herum, während diese auf einem Schemel
mitten im Raum stand, damit ihre Maße genommen werden konnten. Madame Rousseau
rümpfte unwillig die Nase, als auch Bryce sich zu dem munteren Treiben dazugesellte,
wagte aber nicht zu widersprechen. Ballen feinsten Stoffes lagen im Zimmer
verstreut, und Gemma fragte sich entsetzt, wer das alles nur wieder aufräumen
sollte. Zusätzlich zu den drei Kleidern, die sie besaß, würde sie vielleicht
noch eines für festlichere Anlässe benötigen, sollten sie zu derartigen Veranstaltungen
eingeladen werden, und etwas Unterwäsche. Warum deshalb ein derartiger Aufstand
veranstaltet wurde, war ihr unbegreiflich.
    Hilfesuchend sah Gemma zu Bryce, der am Rande des farbenprächtigen Spektakels auf einem Stuhl saß.
Bereits seit Stunden, so schien es ihr, musste sie sich immer wieder umdrehen,
die Arme heben, in die andere Richtung drehen, die Schultern spannen oder die
Arme ausstrecken, bis sie glaubte, sie müsse wahnsinnig werden. Ihr war heiß
und schwindelig, und auch wenn sie selbst hoch oben im Krähennest der Dragonfly nicht das geringste bisschen Höhenangst verspürt hatte, so fürchtete sie
jetzt, jeden Augenblick vom Schemel zu stürzen. Das Zimmer begann, sich vor
ihren Augen zu drehen, und Gemma versuchte, den sicheren Boden zu erreichen,
aber Madame Rousseau drängte sie wieder hinauf auf den Stuhl.
    »Nein«, wisperte Gemma, die Lippen kalkweiß, als sie erneut
versuchte, den tastenden Händen zu entkommen und vom Schemel zu klettern.
    Sie musste sich hinlegen. Sofort. Der Raum schien um sie herum zu
summen wie ein Hummelschwarm, bis Gemma keine einzelnen Geräusche mehr
unterscheiden konnte. Das Rauschen in ihren Ohren wurde stärker, und sie
begann, um sich zu schlagen.
    Harte Arme schlossen sich um sie und hoben sie von dem niedrigen Hocker
herunter. Dankbar presste Gemma sich an Bryce und barg ihr Gesicht an seiner
Brust.
    »Raus! Alle!«, knurrte Bryce finster und trug Gemma hinüber zum
Bett. In seinem Rücken schloss sich die Tür hinter der schnatternden Schar,
nur Mammy war geblieben.
    »Das arme Kindchen«, gurrte Mammy und trat
neben Bryce. Bryce legte eine

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