Gemma
Glauben schenken darf.
Sie redet nur noch über ihr Baby und ist fürchterlich wütend, dass Phillippe
nicht jede Minute an ihrer Seite verbringt.«
Unbewusst war Gemmas Hand zu ihrem eigenen noch immer flachen
Bauch geglitten. War es das, was Bryce davon hielt, dass sie ein Kind von ihm
unter dem Herzen trug? Dick, unförmig und aufgedunsen. Die Worte hallten
in ihrem Kopf wider. Sie hatte verzweifelt überlegt, wie sie Bryce auf seine
bevorstehende Vaterschaft vorbereiten sollte, aber würde er nicht auch glauben,
sie hätte versucht, ihm ein Kind ans Bein zu binden?
»Aber genug der trüben Gedanken«, riss Bryce sie aus ihrer
Erstarrung. »Ich möchte, dass du dich amüsierst.« Prüfend sah er seine Frau
an. Sie wirkte ein wenig müde und unter ihren Augen lagen zarte, violette
Schatten. Trotzdem war sie bemüht, ihm ein Lächeln zu schenken.
»Ich amüsiere mich wunderbar«, versicherte sie ihm betont
fröhlich. »Alle sind so nett zu mir. Dabei hatte ich zuerst wirklich Angst,
dass einige der Frauen mich ablehnen könnten.« Fragend hob Bryce eine Braue.
»Nun ja, weil ich dachte, dass vielleicht die eine oder andere ein Auge auf
dich geworfen hätte und nun wütend wäre, weil du mich geheiratet hast.« Sie
lächelte ihn an. »Aber anscheinend hattest du keine stille Verehrerin.«
Bryce grinste. »Ich bin sicher, ich habe heute unzählige Herzen
gebrochen. Nicht die der Frauen, sondern Männerherzen, weil ich dich zuerst
gefunden habe.« Er küsste sie auf die Nasenspitze und zog sie dann von der Bank
hoch.
»Die anderen haben bereits begonnen sich zurückzuziehen, siehst
du?«
Gemma sah sich um. Bryce hatte Recht. Nur noch wenige Gäste
tummelten sich auf dem Rasen. »Wohin?«, fragte sie ein wenig ratlos.
Bryce lachte. »Es ist üblich, dass man sich am Nachmittag noch ein
wenig hinlegt, wenn man am Abend zu einem Ball geht. Und ich denke, wir sollten
diese alte Tradition nicht brechen.« Einen Arm um Gemmas Taille gelegt, führte
er sie ins Haus.
Am Abend erstrahlte der Ballsaal von Belle Elysée vor Kerzenschein.
Die farbenprächtigen Ballkleider der Damen wetteiferten miteinander, während
die Tänzer sich vergnügt der Musik hingaben. Gemmas Tanzkarte war bis auf den
letzten Platz gefüllt, sodass sie jede kleine Pause der Musiker nutzte, sich
einen Moment auszuruhen.
Alle Gäste hatten gespannt zu ihnen
aufgesehen, neugierig, was für ein Kleid Gemma wohl tragen würde, als sie an
Bryce' Arm die Treppe hinabglitt. Gemma selbst war beim Anblick des Kleides,
das auch sie erst am Nachmittag hatte sehen dürfen, in Verzückung geraten. Der
Effekt, den es auf die Gäste hatte, war nicht weniger beeindruckend. Hauchzarte
mitternachtsblaue Spitze umschmeichelte Seide in derselben Farbe. Die enge
perlenbestickte Korsage ließ Gemmas cremige Schultern frei und brachte ihr
Dekolleté vollendet zur Geltung. Nur Bryce wusste, dass Gemma unter dem Kleid
kein enggeschnürtes Korsett benötigte, um ihren Brüsten diese Fülle zu
verleihen. Seine Frau hatte sich standhaft geweigert, sich in ein solches
Folterinstrument zwängen zu lassen, aber auch so konnte er ihre Taille mit
seinen Händen umspannen.
Lange Seidenhandschuhe, nur eine Nuance heller als das Kleid,
reichten hinauf bis über Gemmas Ellenbogen. Der weitschwingende Rock wippte
leicht bei jedem ihrer Schritte.
Stolz erfüllte Bryce, als seine Frau in den Armen von Alfonse
Perraque vorbeischwebte. Ihr Haar war im Nacken zu einem Chignon zusammengefasst.
Dunkelblaue Seidenblumen mit perlenbestickten Kelchen zierten die honigblonde
Pracht, während einige Löckchen sanft ihr Gesicht umspielten.
Bryce dachte an Gemmas Überraschung, als er ihr, bevor sie
hinuntergegangen waren, ein goldgefasstes Saphirhalsband um den schlanken
weißen Hals gelegt hatte.
»Oh, Bryce, wie wunderschön«, hatte sie ausgerufen und die Steine
zögernd berührt, während sie sich im Spiegel betrachtete. Dem konnte Bryce nur
zustimmen, obwohl sein Blick nicht auf dem Halsband geruht hatte.
Nun schienen die blauen Edelsteine mit Gemmas Augen um die Wette
zu funkeln. Immer wieder suchte ihr Blick den seinen über die Schultern ihrer
Tanzpartner hinweg, bis es endlich wieder an Bryce war, mit ihr zu tanzen.
Willig schmiegte sie sich in seine Arme und ließ sich von ihm im Walzertakt
herumwirbeln. Ihre Wangen glühten vor Aufregung und Freude.
Viel zu schnell neigte sich der Ball seinem Ende entgegen. Gemma
fühlte sich, als hätte sie noch stundenlang Weitertanzen können,
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