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Gemma

Gemma

Titel: Gemma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Last
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erzählen, anstatt das Kind vor ihm zu verbergen, um es später als
sein eigenes auszugeben. Hatte sie gehofft, damit durchzukommen? Glaubte sie
etwa, dass er, wenn er erst wieder auf See war, nicht so genau nachzählen
würde, wann das Kind geboren worden war?
    Noch immer sah sie ihn mit schmerzerfülltem Blick an. Eine
einzelne Träne löste sich von ihren langen Wimpern und rann über ihre Wange
hinab zum Kinn. Nur mühsam unterdrückte Bryce den Impuls, sie in den Arm zu
nehmen und die salzige Spur von ihrer Wange zu küssen. »Hast du mir nichts zu
sagen?«, fragte er rau. Der Schmerz über ihren Verrat ließ seine Kehle eng
werden. Aber er war nichts im Vergleich zu dem Schmerz, der drohte, sein Herz
zu zerreißen.
    Gemma schüttelte wieder nur stumm den Kopf.
»Was kann ich denn sagen?«, wisperte sie kaum hörbar, »was kann ich sagen, das
du mir glauben würdest? Du hast dir doch schon wieder einmal deine Meinung
gebildet und nichts, was ich sage oder tue, kann daran etwas ändern.« Traurig
sah sie ihn an, und Bryce fühlte, wie sich sein Herz zusammen krampfte.
    »Nein, Bryce«, sagte sie dann leise. »Wenn du es nicht in deinem
Herzen fühlst, wenn du es selbst nicht glaubst, dass ich dein Kind unter dem
Herzen trage, werde ich nicht versuchen, dich vom Gegenteil zu überzeugen.«
Sie schluckte und sah ihm dann fest in die Augen.
    »Ich habe nicht vor, dir ein Kind ans Bein zu binden, Bryce
Campbell«, versicherte sie ihm mit fester Stimme.
    Bryce zuckte zusammen, als seine unbedachten Worte auf dem
Gartenfest ihn wie Peitschenhiebe trafen. Hatte sie ihm deshalb nichts gesagt?
Hatte sie sich vor seiner Reaktion gefürchtet?
    Nein, rief Bryce sich zur Ordnung. Sie hatte keinen Grund gehabt
anzunehmen, dass er keine Kinder wollte. Sie hätte doch wissen müssen, dass er
durchaus Kinder haben wollte, denn hätte er sonst jede Nacht, ohne
Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, mit ihr geschlafen?
    Bryce
spannte die Schultern und sah seine Frau an. »Ich reise Anfang nächster Woche
ab. Die Dragonfly ist fast bereit zum Auslaufen und unter diesen
Umständen halte ich es für das Beste, wenn ich das Beladen selbst überwache.«
Steif wandte er sich um und ging zurück zum Haus.
    »Ist
wegzulaufen deine Antwort auf alles, Bryce Campbell?«, hörte er Gemma leise
fragen, aber Bryce war sich nicht sicher, ob sie das wirklich gefragt hatte
oder ob die Worte seinen eigenen Gedanken entsprungen waren.

Kapitel 25

    Es war die erste Nacht, die Gemma allein – und schlaflos – in dem
großen Bett auf Belle Elysée verbrachte. Immer wieder ertappte sie sich dabei, wie ihre Hand zu Bryce hinüberglitt, nur um auf
ein leeres, kaltes Kissen zu treffen. Ein Dolch schien sich jedes Mal in ihrem
Herzen herumzudrehen. Ihre Augen brannten, und ihre Kehle fühlte sich an wie
zugeschnürt, aber sie hatte bereits alle Tränen vergossen, die ihr Körper zu
bieten hatte.
    Als Gemma eine Stunde nach ihrem Zusammentreffen mit Bryce im
Garten ins Schlafzimmer gekommen war, waren alle Sachen, die Bryce gehörten,
verschwunden gewesen, und Mammy hatte ihr unter Tränen mitgeteilt, dass Master
Bryce ein Schlafzimmer am anderen Ende des Ganges bezogen hatte. Mammy war
fassungslos gewesen und hatte verzweifelt die Hände gerungen. Sie verstand
einfach nicht, wie es möglich war, dass zwei Menschen, die sich so sehr
liebten, sich so schnell entfremden konnten.
    Aber was hätte Gemma ihr erklären sollen? Sie verstand es ja
selber nicht. Sollte sie sagen, dass es Bryce' Eifersucht war, die sie
auseinander trieb? Seine Angst vor Verrat? War es allein das, oder war es
nicht vielmehr auch ihre eigene Schuld? Warum hatte sie Bryce nichts von ihrer
Schwangerschaft gesagt, sobald sie sie bemerkt hatte? Warum nur hatte sie ihm
so wenig vertraut?
    Gemma vergrub ihr Gesicht im Kissen und presste es an sich. Sie
wusste keine Antwort auf all die vielen Fragen, die ihr im Kopf herumirrten und
die es ihr unmöglich machten, einen klaren Gedanken zu fassen. Würde es etwas
bringen, wenn sie Bryce um Verzeihung anflehte? Aber was sollte er ihr denn
verzeihen, wenn sie sich nichts vorzuwerfen hatte? Und würde er ihr überhaupt
glauben? Würde sie damit leben können, wenn sie wusste, dass ihr Kind immer
mit einem Zweifel behaftet wäre? Dass Bryce niemals ganz davon überzeugt wäre,
der leibliche Vater zu sein?
    Nein, entschied Gemma. Sie drehte sich auf den Rücken und starrte
blicklos hinauf zum Betthimmel. Sie hatte Bryce nicht genug vertraut, um ihm
von

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