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Gemma

Gemma

Titel: Gemma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Last
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tränennassen Blick zu seinem Gesicht. Ihre Lippen
verzogen sich zu einem wackligen Lächeln, und
Bryce senkte langsam seinen Kopf und verschloss ihren Mund mit einem Kuss. Sie
schmeckte salzig nach Tränen und gleichzeitig süß, wie nur Gemma jemals geschmeckt
hatte. Stöhnend vertiefte Bryce den Kuss, bevor er sich von ihr losriss.
    »Ich verspreche es dir«, flüsterte er und drückte sie ein letztes
Mal fest an sich.
    Dann schritt er schnell die Treppe hinunter, schwang sich auf Devils Rücken und galoppierte, langsamer gefolgt von Rupert, die Auffahrt entlang.
    Noch lange stand Gemma an derselben Stelle und starrte auf den
Punkt, wo sie ihn aus den Augen verloren hatte. Wie lange würde es dauern, bis
sie ihn wiedersah?

Kapitel 26

    Zwei Wochen waren vergangen, seit Bryce Belle Elysée verlassen hatte.
Gemma fragte sich, ob er noch in New Orleans weilte oder ob die Dragonfly bereits
den mächtigen Mississippi hinabgesegelt war. Sie wusste nicht, wen sie hätte
fragen sollen, ohne ihren Schmerz offen zur Schau zu stellen. Ihr Herz war
schwer und fühlte sich an, als hätte Bryce den größten Teil davon mit sich
genommen.
    Wieder einmal hatten Jessup und Tabby Bryce begleitet. Tabby hatte
sich einen Tag vor Bryce' Abreise bereits tränenreich von Gemma verabschiedet
und ihr versichert, dass schon alles gut werden würde, wenn der Captain erst
einmal zur Vernunft gekommen war. Gemma hoffte sehr, dass er Recht hatte.
    Immer mehr suchte Gemma Alice Harpers
Gesellschaft und besuchte sie mehrmals die Woche. Alice mit ihrer fröhlichen
Art war Balsam für Gemmas verwundete Seele, besonders wenn sie sah, wie liebevoll
Alice alles auf die Ankunft des neuen Erdenbürgers vorbereitete. Gemma half ihr
nach Kräften, und gemeinsam saßen die Frauen in der großen Wohnküche und
nähten Kinderkleidung. Von Alice erfuhr Gemma auch, dass die Dragonfly die
Anker gelichtet hatte und auf dem langen Weg nach Europa war.
    Chantal, die stumme Schwarze, umsorgte Alice hingebungsvoll, war
aber dabei die meiste Zeit so leise und unsichtbar wie ein Geist. Alice' und
Jessups vier Mädchen – sechs, fünf, drei und zwei Jahre alt – hingegen waren
lärmend wie die Kobolde, wenn sie durchs Haus tobten und Gemma begrüßten.
Sie konnten es kaum erwarten, endlich ein kleines Brüderchen zu bekommen.
    Sie tollten den ganzen Tag durch den riesigen Garten, der das
kleine Häuschen umgab, und kamen eigentlich nur zu den Mahlzeiten herein oder
wenn sie durstig waren, sodass Alice und Gemma viel Zeit hatten, sich zu
unterhalten.
    Zwischen den Frauen entwickelte sich eine tiefe Freundschaft, und
es war Alice, die Gemma in dem Vorsatz bestärkte, nicht vor Bryce zu Kreuze zu
kriechen.
    »Das ist Bryce Campbells größtes Problem«, sagte sie, während ihre
geschickten Finger ein kleines Blüschen nähten.
    »Er ist zu starrsinnig. Er ist es gewohnt, seinen
Dickschädel durchzusetzen, und wenn er dazu durch die Wand muss.« Sie hatte
die Naht beendet und biss den Faden ab. »Und dazu kommt, dass es kaum jemanden gibt, der es
wagen würde, sich Bryce in den Weg zu stellen.« Sie fädelte einen neuen Faden
ein.
    »Die meisten zittern in ihren Stiefeln, wenn Bryce sie mit seinen
kalten, grauen Augen fixiert. Außerdem ist er einflussreich und hat Geld.
Niemand will ihn sich zum Feind machen.«
    »Das sind wirklich beruhigende Aussichten«, murmelte Gemma und
saugte an ihrem Finger, in den sie sich gestochen hatte, als sie Alice gespannt
lauschte.
    »Dir kann doch nichts passieren, Gemma. Wenn Bryce wirklich tobt
und schreit, dann kommst du einfach zu uns, bis er sich beruhigt hat.«
    »Wenn das nur so einfach wäre«, seufzte Gemma. »Bryce ist so stark
und mutig, aber manchmal werde ich das Gefühl nicht los, dass er vor seinen
Gefühlen davonläuft. Ich möchte das nicht auch tun. Ich möchte ihm in die Augen
sehen, wenn er mich anbrüllt.« Sie lachte. »Auch wenn ich in meinen Stiefeln
zittere, wie alle anderen.«
    Alice hatte aufgehört zu nähen und sah Gemma schweigend an.
    »Was ist?«, fragte Gemma überrascht. »Habe ich was Falsches
gesagt?«
    »Nein«, meinte Alice und schüttelte den Kopf. »Oh, nein, du hast
genau das Richtige gesagt, Gemma.« Sie lachte auf.
    »Wenn du nur wüsstest, wie lange ich schon auf eine Frau wie dich
gewartet habe, die sich endlich einmal nicht vor Bryce fürchtet, sondern ihm
die Stirn bietet.«
    »Na, ich weiß nicht«, widersprach Gemma. »Ich jedenfalls habe eine
ganze Menge Angst, wenn er mich

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