Gemma
...«
Bryce lehnte die Stirn gegen das dunkle Holz der Tür. Er spürte,
wie sich seine Augen mit Tränen füllten. Fest presste er die Lider aufeinander,
um sie zurückzuhalten.
»Was ist passiert?«, fragte er mit mühsam
beherrschter Stimme, während jede Faser seines Körpers danach drängte, in das
Zimmer zu stürmen und seine Frau in die Arme zu schließen.
»Das Baby kommt«, antwortete Mammy mit
zitternder Stimme. »Miss Gemma ist schon so geschwächt, und das Kind hat sich
noch nicht gedreht. Doktor Halbrook weiß auch keinen Rat.«
Bryce wollte die Tür öffnen, aber noch einmal legte Mammy ihm die
Hand auf den Arm. »Die Missis liegt seit sechsunddreißig Stunden in den Wehen.
Seit zwölf Stunden ruft sie nach Euch, Master Bryce. Sie war überzeugt, dass
Ihr noch rechtzeitig kommen würdet. Gott steh uns allen bei.« Schluchzend
wandte Mammy sich ab.
Bryce atmete einmal tief durch und öffnete die Tür. Der Raum
dahinter war hell erleuchtet. Sein Blick erfasste Doktor Halbrook, Pauline und
Alice Harper, die Gemmas Hand hielt, während Chantal Gemmas schweißnasses
Gesicht badete.
Bryce' Herz krampfte sich beim Anblick seiner Frau zusammen.
Sie war leichenblass mit dunklen Ringen unter
den rot umrandeten Augen. Ihr Haar klebte ihr schweißnass im Gesicht, und sie
lag so still, dass nur das rasche Heben und Senken ihres Brustkorbes verriet,
dass sie noch lebte. Ihr geschwollener Leib bewegte sich mit jedem ihrer
schwachen Atemzüge, und für einen kurzen Augenblick fühlte Bryce tiefen Hass
auf das kleine Wesen in sich aufwallen, das soeben dabei war, selbstsüchtig das
Leben seiner Frau zu zerstören.
Alice sah hoch. Ihre müden Züge leuchteten für einen Moment auf,
als sie ihn erkannte, bevor sie sich erhob und mit schleppenden Schritten zu
Bryce hinüberging. Sie nahm seinen Arm und führte ihn in eine Ecke des
Zimmers.
»Wie geht es ihr?«, fragte Bryce leise. Er ließ Gemmas blasse
Gestalt nicht aus den Augen.
»Nicht gut«, antwortete Alice ehrlich. »Es ist
so schön, dass du endlich heim gekommen bist, Bryce.« Sie umarmte ihn kurz, und
Bryce konnte fühlen, wie sie vor Erschöpfung zitterte.
»Jessup ist wohlauf. Inzwischen müsste er bei euch angekommen
sein. Ich hatte ihn unterwegs aus den Augen verloren.« Er sagte nicht, dass er
sein Pferd so unbarmherzig angetrieben hatte, dass Jessup zurückgefallen war.
Alice nickte. »Ich habe ihm eine Nachricht hinterlassen, für den
Fall, dass er kommt.« Sie schluchzte auf. »Oh Gott, Bryce, ich habe solche
Angst um sie.«
Mit einer Sicherheit, die er selbst nicht fühlte, drückte Bryce
Alice' Schultern und ging dann langsam hinüber zum Bett. Zögernd ließ er sich
neben dem Bett auf die Knie sinken. Seine Finger umschlossen Gemmas kalte,
leblose Hand und führten sie an seine Lippen. Für einen Moment befürchtete er,
dass sie in der kurzen Zeit, von ihnen allen unbemerkt, ihr Leben ausgehaucht
hatte, aber dann sah er ihr schwaches Atmen.
»Gemma, Liebling, kannst du mich hören?«, fragte er leise. Er
strich nur leicht über ihre Hand, aus Angst, jede Berührung könnte ihr wehtun.
Gemma drehte den Kopf in Richtung der vertrauten Stimme und
öffnete die Augen. Nur langsam schien sie Bryce zu erkennen, aber dann verzogen
sich ihre blassen Lippen zu einem Lächeln.
Bryce fühlte, wie ihm die Tränen die Kehle zuschnürten, als er
Gemmas schwaches Lächeln mit dem verglich, das normalerweise ihre Züge
erstrahlen ließ.
»Bryce«, wisperte sie kaum hörbar, bevor sie zusammenzuckte.
Erschreckt drückte Bryce ihre Hand fester, als Gemmas geschwächter
Körper sich unter einer erneuten Wehe wand. Der Krampf schien Stunden zu
dauern, auch wenn er in Wirklichkeit nur wenige Sekunden währte.
Schwer atmend sank Gemma in die Kissen zurück. Es dauerte einige
Augenblicke, bis sie ihre Augen wieder auf Bryce' Gesicht richtete.
»Ich habe gewusst, dass du kommst«, flüsterte
sie mit einem leisen Lächeln. »Ich habe gefühlt, wie du den Mississippi
hinaufgesegelt bist, und ich habe auch gesehen, wie du an Land gegangen bist.«
Bryce lächelte sie an. »Red jetzt nicht, Gemma. Du wirst deine
Kräfte brauchen.« Er strich ihr über die Wange, und Gemma presste ihr Gesicht
in seine Hand.
Wieder wurde sie von einer Lohe des Schmerzes erfasst und biss die
Zähne zusammen, um nicht laut aufzuschreien. Wieder drückte Bryce fest ihre
Hand, um ihr zu zeigen, dass er bei ihr war.
Er sah kurz auf, als Mammy wieder ins Zimmer kam. Auf einem
Tablett
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