Gemma
Titel.
»Caesar?«, fragte er kopfschüttelnd und sah Gemma missbilligend
an. »Noch dazu im Original? Ist das nicht ein wenig zu schwer für ein junges
Mädchen wie Euch?«
Gemma war drauf und dran, ihm das Buch aus der Hand zu reißen,
aber erinnerte sich im letzten Moment daran, dass es ja sein Buch war. Sie
erhob sich so würdevoll wie möglich, was nicht einfach war, weil er so dicht
vor ihr stand, und strich ihre Röcke glatt.
»Wenn ich es nicht verstehen würde, Sir Ranleigh, hätte ich wohl
kaum diese Lektüre gewählt. Immerhin wollte ich mir wohl kaum die
farbenprächtigen Bilder ansehen.«
Ranleighs Augenbrauen zogen sich bei ihren
Worten unwillig zusammen. Gemma rechnete damit, dass er sie anschreien würde
oder zumindest zurechtweisen, aber er tat nichts dergleichen. Stattdessen
stellte er das Buch zurück ins Regal, ohne sich darum zu kümmern, dass Gemma es
vielleicht gerne weitergelesen hätte, und wandte sich wieder zu ihr um.
»Gemma, ich glaube nicht, dass diese Lektüre angemessen ist. Nach
dem Tee werde ich mich bemühen, ein Eurem Niveau entsprechendes Buch
auszuwählen.« Mit diesen Worten verließ er den Raum.
Gemma starrte ihm sprachlos nach. Was erdreistete er sich?
Natürlich hatte er das Recht zu bestimmen, ob sie in seinen Büchern lesen
durfte oder nicht.
Aber zu entscheiden, ob ihre geistigen Fähigkeiten ausreichten,
um Caesars Werke zu verstehen, war eine Unverschämtheit!
Wütend verließ sie die Bibliothek und stürmte hinauf in ihr
Zimmer. Wenn sie schon Sir Ranleighs Bücher nicht lesen durfte, dann hatte sie
immer noch ihre eigenen.
»Was ist denn mit Gemma los?«, fragte Ethel
stirnrunzelnd.
»Ich fürchte, sie war mit ihrer Lektüre
überfordert und wollte es uns nicht merken lassen. Es ist schade, wenn Mädchen
nicht erkennen, wo ihre Grenzen sind.«
»Ja, das ist bei Gemma ein wirkliches Problem. Sie ist noch immer
äußerst undiszipliniert, obwohl ich weiß Gott alles versucht habe, um sie wie
eine Dame zu erziehen. Ihr Vater, Gott hab ihn selig, hat ihr einfach zu viel
durchgehen lassen und das Kind hemmungslos verwöhnt.«
Ranleigh goss sich einen Sherry ein und auch Ethel lehnte nicht
ab. Einzig Cedric hielt sich im Hintergrund, froh, dass die beiden ihn
anscheinend vergessen hatten.
»Ich glaube nicht, dass Gemma mir irgendwelche Probleme bereiten
wird«, sagte Ranleigh leise, als spräche er mit sich selbst, aber nach einem
Moment wandte er sich Gemmas Tante zu.
»Ethel, ich muss gestehen, dass ich zunächst
leichte Zweifel an der Durchführbarkeit Eures Planes hatte, aber nun, nachdem
wir mit meinem Anwalt gesprochen haben ... Ich glaube, wir können
zuversichtlich sein.«
Ethel hob ihr Glas. »Mit Verlaub, Sir Godfroy, ich gestatte mir,
mehr als nur zuversichtlich zu sein. Die Bedingungen des Testaments sind
eindeutig, und Gemma wird sich ihnen nicht entziehen können.«
Sie leerte ihr Glas in einem Zug, was Ranleigh veranlasste,
unmutig die Stirn zu runzeln. Diese Menschen mit ihrem beklagenswerten Mangel
an Umgangsformen waren ihm zuwider, aber für den Moment würde er sie noch eine
Weile ertragen müssen. Der Gedanke an Gemma und an das viele Geld, das sie ihm
einbringen würde, machte ihm die unerfreuliche Gesellschaft ihrer Verwandten
sehr viel erträglicher.
Godfroy lächelte Ethel liebenswert zu und füllte ihr Glas erneut.
Heute würde er zum Dinner nicht nur Ethels und Cedrics Gesichter sehen, sondern
sich auch an Gemmas Liebreiz erfreuen. Vielleicht sollte er versuchen, ihre
Freundschaft und ihr Wohlwollen zu erlangen, immerhin würde das den Plan
vereinfachen.
Ja, dachte er kaltlächelnd, gleich heute Abend werde ich mich
daranmachen, das Herz der schönen und überaus vermögenden Gemma zu erobern.
Kapitel 3
Gemma hatte für das Abendessen ein schulterfreies bordeauxrotes
Samtkleid angelegt, das ihre makellose Haut und grazile Figur zur Geltung
brachte. Aber leider lenkte es auch den Blick auf ihre Brüste, die über den für
ihre damals mädchenhafte Gestalt geschneiderten Saum des Dekolletés
hinausquollen. Gemma seufzte. Sie hätte es vorgezogen, in ihrem Zimmer zu
speisen, aber ihre Tante hatte ihr angedroht, sie notfalls mit Gewalt ins
Speisezimmer zu zerren, wenn Gemma sich weigern sollte, herunterzukommen. Die
Blöße, vor Sir Godfroys spöttischem Blick wie ein ungezogenes Kind gemaßregelt
zu werden, würde sie sich nicht geben, schwor Gemma sich.
Um ihren cremigen Busen zumindest etwas vor allzu neugierigen
Blicken zu
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