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Gemordet wird immer

Gemordet wird immer

Titel: Gemordet wird immer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Korber
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allerdings so akkurat waren, dass man glauben konnte, sich daran verletzen zu können. Ihr blondes Haar lag glatt um den Kopf und endete in einem straff gebundenen Pferdeschwanz, aus dem keine Strähne sich zu lockern wagte. Ihre Augen waren von einem faszinierenden, nahezu tropischen Grün. »Sie haben das fragliche Projektil abgeleckt ?«
    »Nicht ich, er«, hatte Viktor rasch erwidert und auf seinen Cousin gewiesen, der mit dem Rücken zur Wand in einer Ecke stand und mit den Händen vor seinem Gesicht herumfuchtelte.
    Die Kommissarin hatte einen zweifelnden Blick über die umherliegenden Gerätschaften und die Leiche gleiten lassen. Nur als sie Tobias gesehen hatte, waren ihre Züge für einen kurzen Moment weich geworden. Aber vielleicht war das Viktor auch nur so vorgekommen.
    Sogar ihre Wimpern waren blond, erinnerte er sich und biss in seine Apfeltasche. Unter dem Puder hatte er Sommersprossen erkennen können. Und auf einem Surfboard würde sie sicher eine tolle Figur machen.
    »Ich habe sie ihm aus dem Mund gepult«, hatte er versucht zu erklären. »Und dann abgewischt.«
    Sie hatte den Blick von Tobias gelöst und genickt. »Sie haben die Blutspuren also erst feucht und dann trocken entfernt. Und ersatzweise dafür überall ihre Fingerabdrücke hinterlassen.« Ihr Blick hatte ihm klargemacht, dass sie ihn für einen kompletten Idioten hielt.
    »Ich habe das Tuch noch, daran sollte genug Blut sein. Außerdem trug ich Handschuhe.« Er hatte ihr, sie hieß Karoline, seine zehn gespreizten Finger entgegengestreckt.
    »Haben Sie damit etwa die Leiche angefasst?«, hatte sie nur gefragt.
    Ihr Ton hatte genügt, um ihn die Latexhandschuhe ausziehen und zusammenknüllen zu lassen.
    »Haben Sie sonst noch etwas verändert?«
    »Na ja, ich hab ihn umgedreht. Ich musste ja nachsehen, woher die Kugel kam, nicht wahr? Nicht, dass wir sie völlig umsonst anrufen.« Er erinnerte sich an sein schwaches, hoffnungsvolles Lächeln.
    »Danke, dass Sie mir meine Zeit nicht rauben wollten.« Mehr Sarkasmus ließ sich nicht in einen Satz pressen.
    Sie war vorgetreten und hatte sich über den Rücken des Toten geneigt, der von Leichenflecken so entstellt war, dass das kleine Einschussloch kaum auffiel.
    »Erstaunlich, dass die Kugel sich erst hier aus der Wunde gelöst hat …«
    »Also.« Viktor hatte sich geräuspert. »Er ist ein bisschen, äh, bewegt worden, verstehen Sie?«
    Daraufhin hatte sie ihn nur mit hochgezogenen Augenbrauen angesehen.
    »Wahrhaftig«, hatte sie schließlich gemurmelt und laut für ihren Assistenten hinzugefügt. »Darum soll sich der Gerichtsmediziner kümmern.«
    Viktor hatte geseufzt: »Falls Sie sich fragen, in welcher Position er sich am Tatort befunden hatte …«
    »Ich frage Sie aber nicht, Herr Anders. Nicht hier, nicht jetzt. Aber ich werde Sie irgendwann fragen, und dann beschränken Sie sich bitte auf die korrekten Antworten, ohne weitere Bemerkungen, einverstanden?«
    »Zu Befehl.« Er hatte ein Salutieren angedeutet.
    »Danke, Herr Anders. Ich komme auf Sie zurück. Bis dahin machen Sie Ihre Arbeit.« Sie hatte ihre grünen Augen ein letztes Mal rundum wandern lassen. »Und ich tue meine.«
    »Ich glaube ja nicht …«
    »In Glaubensfragen wende ich mich an einen Priester.«
    »Medizinisch gesehen …«
    »In medizinischen Fragen werde ich dann den Arzt konsultieren, vielen Dank.«
    »Denselben, der den Herztod attestiert hat?« Ihm war immerhin der Triumph geblieben, dass sie sich noch einmal umgewandt hatte.
    »Herr Anders, ich diskutiere nicht mit Ihnen über meine Arbeit.«
    »Nicht einmal, wenn sich bestatterische Fragen stellen?« Noch einmal hatte er ein Lächeln versucht. Karoline war ein toller Name. Karoline Schneid.
    »In diesem Fall würde ich Wolfgang Anders bitten. Sie würde ich fragen, wenn es darum ginge, das Wort Amateur zu buchstabieren.«
    Immerhin glaubt sie, dass ich lesen kann, dachte er nun, und zupfte sich die Gebäckkrümel von den Lippen. Dann erinnerte er sich an seinen letzten Versuch, ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Es war eindeutig ein Fehler gewesen, und die Erinnerung daran war ihm immer noch so peinlich, dass er die Augen schließen musste. »Wissen Sie«, hatte er ihr nachgerufen, »in Vancouver habe ich mal in einem Krankenhaus gearbeitet, als Putzkraft. Dort hatten sie einen Arzt, der ganz normal praktizierte, bis jemand herausfand, dass er nie studiert hatte und sogar Analphabet war. Hat seine Rezepte immer einer Schwester diktiert. Ist jahrelang

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