G.E.N. Bloods 1 - Eisfeuer - Felsing, K: G.E.N. Bloods 1 - Eisfeuer
Gefühle hören dürfen.
Megan brauchte seine Unterstützung, sie hatte von Anfang an jemanden gebraucht, der sie auffing und ihr Sicherheit bot. Aber es waren auch seine Gefühle gewesen, die ihn von ihr fortgetrieben hatten. Egoistische Gefühle. Er hatte nur seinen Schmerz erfasst, nicht eine Sekunde daran gedacht, dass etwas faul an der Sache sein musste. Dabei war es nur zu offensichtlich. Ihre verschwundene Handtasche. Warum hätte sie ihm das vorspielen sollen? Es gab keinen Grund, warum sie sich derart in Verlegenheit bringen sollte. Dann der Auftritt dieser Mrs. Fleming. Megan war mit den Nerven völlig am Ende gewesen. Die zerstochenen Reifen. Auch das hatte jemand anderes getan, um Megan zu schaden. Und dennoch hatte sie die Kraft aufgebracht, nicht an ihrer eigenen Verzweiflung zu ersticken, sondern sich um die verstörte Studentin zu kümmern, als sie von der Werkstatt nach Hause kamen.
Und er Idiot hatte währenddessen diesen Film gefunden und die vorgeblichen Beweise. Seine Reaktion war für jeden halbwegs intelligenten Widersacher nur zu voraussehbar gewesen. Gerade weil wohl so gut wie jeder wie er gehandelt hätte, hätte er die Zeichen sehen müssen und hätte nicht das Weite suchen dürfen. Er wusste es, verdammt noch mal. Ihm war es nicht neu, dass Megan in irgendeiner Scheiße steckte und ihm hätte dämmern müssen, dass ihr da jemand gehörig zuzusetzen versuchte.
Aber nein!
Der größte Idiot auf Gottes Erdboden musste seine gekränkten Gefühle in Selbstmitleid ertränken und sich in die gottverdammte Wüste schicken lassen. Dabei wäre er mit etwas weniger schwanzgesteuertem Verhalten und ein bisschen mehr Verstand viel eher darauf gekommen. Jemand war hinter Megan her, zerstörte systematisch ihr Leben und er Volltrottel hatte sich als perfektes Werkzeug missbrauchen lassen.
„Wade!“, brüllte er durch die Nacht.
„Ich bin hier, Mann.“ Eine schwere Pranke legte sich von hinten auf seine Schulter.
„Erinnerst du dich an den Abend im Rio Gentlemen’s Club?“
„Klar.“
„Simba und Jay-Eff haben geglaubt, Megan dort gesehen zu haben. Hast du sie gerochen?“
„Nicht eine Spur.“
Dix sprang auf. „Bist du sicher?“
„So sicher, wie du mit nacktem Arsch vor mir stehst.“
Er starrte an sich hinab. Vage huschte eine Erinnerung durch sein Gedächtnis. Ein ratschendes Geräusch und etwas, das ihn festgehalten hatte, als er von dem Kamel geglitten war. Er knotete die übrig gebliebenen Fetzen seines Hemdkleidesnotdürftig um die Hüften. „Ich bin so ein Arschloch und ein Gipskopf. Ich hätte dich viel eher danach fragen sollen.“
„Erzähl uns, was los ist.“
Erst jetzt erfasste er, dass auch Neil und Virgin neben ihm in der Dunkelheit standen. „Wo sind die Frauen?“
„Im Lager. Das hier geht sie nichts an, nicht wahr?“
„Danke.“
„Also, was ist los?“
Er wiederholte in knappen Worten die Informationen, die er von Max erhalten hatte. Die Jungs schwiegen, aber ihre Betroffenheit schien die Nacht mit tobenden Gewittern zu erfüllen.
Gegen zwei meldete sich Max erneut. „Ich konnte bisher nur kurz mit Megan telefonieren. Sie stand unter dem Einfluss von Beruhigungsmitteln und war nicht wirklich fähig, mit mir zu reden. In einer Stunde habe ich einen Besuchstermin und halte dich auf dem Laufenden.“
„Max? Ich will zurück.“
„Keine voreiligen Handlungen, Dix. Ich leite alles in die Wege und melde mich später.“
Folter! Jede noch so furchtbare körperliche Qual könnte nicht schlimmer sein als das, was er von Minute zu Minute durchmachte. Beim ersten schwachen Schimmer des Morgengrauens mussten die anderen ihn festhalten, damit er nicht auf das Kamel sprang und davonjagte.
Montag, 23. August, 17:00 Uhr, Frauengefängnis Lynwood
J amies Lider fühlten sich an, als klebten sie an den Augäpfeln fest. Jemand sprach sie zum zweiten Mal an.
„Besuch, Ms. McForest.“
Widerwillig schob sie die Beine aus dem Bett. Sie wollte niemanden sehen, mit niemandem sprechen. Wozu noch? Hurst hatte sich Kristy geschnappt, sie spürte es mit jeder Faser ihres Herzens. Sie wollte schlafen, schlafen, schlafen. In wachem Zustand die Zeit verrinnen zu sehen und mit jeder Minute zu wissen, dass Cindys Tod näher rückte, ertrug sie nicht. Wie in Trance ging sie neben der Schließerin her und ließ sich im Besucherraum auf einen Stuhl fallen. Sie legte die Unterarme auf den Tisch und sank mit dem Kopf nieder.
Eine schwere Hand legte sich auf ihre Schulter.
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