G.E.N. Bloods 1 - Eisfeuer - Felsing, K: G.E.N. Bloods 1 - Eisfeuer
stach. Wie lange er dort so hockte, wusste er nicht. Die Kellnerin fragte mehrmals, ob er noch etwas zu trinken bestellen wolle, aber nach der dritten Nachfrage ignorierte er sie.
Irgendwann schleppte er sich zu seinem Wagen. Damals, vor fast vier Jahren, war es noch ein Porsche. Drei Monate später verkaufte er ihn und legte sich den Cadillac zu, des größeren Kofferraums wegen.
Er lehnt sich im Bett zurück und wartet darauf, dass die Hormone seine Sinne fluten. So, wie er es zu jener Zeit zum ersten Mal gespürt hat und merkte, dass mit einem Schlag der Schmerz verpuffte, als wäre er niemals da gewesen. Es war dieses junge Mädchen, das ihm auf dem Weg zum Wagen begegnete und verschämt den Kopf senkte, als sich ihre Blicke per Zufall trafen. Ein schüchternes Ding, das gerade entdeckte, dass es eine Welt außerhalb von Barbiepuppen und Klettergerüsten gab und Jungen wie Männern mit dieser unnachahmlichen Art kurz vor der Pubertät stehender Mädchen begegnete. Er hatte die Woge körperlich gespürt, die den Schmerz wie ein Tsunami mit sich riss und nichts als einen klaren, von jeglicher Pein freigespülten Kopf zurückließ. Natürlich hat es einige Wochen gedauert, bis ihm bewusst geworden ist, dass die Wirkung dieser Begegnung reproduzierbar ist. Und er hat gelernt, dass sie sogar zu übertreffen ist, dass er es schafft, eine Art Speicher zu füllen, der den Schmerz tagelang von ihm fernhält.
Mehrfach hat er im Internet nach Gehirntumoren recherchiert und festgestellt, dass sein Tumor unter anderem auf das Gebiet des Hypothalamus einwirken muss. Sein Interesse an Sex hat als Erstes nachgelassen. Oh, nicht dass er die Befriedigung nicht mehr braucht … allerdings nicht in dem Sinne, wie es seine zahlreichen Liebschaften zuvor mit ihm genossen haben. Man glaubt gar nicht, wie viele Offerten man als Junggeselle erhält, der in der Gesellschaftsstruktur eine Stufe höher steht als gewöhnliche Männer. Arbeiter, Angestellte. Als erfolgreicher Junganwalt muss man nicht einmal besonders gut aussehen, um die süßesten Früchtchen abzuschleppen. Sie biedern sich einem an, umschwirren einen wie Mückenschwärme das Licht in der Nacht. Gepaart mit gutem Aussehen gerät das Licht zu einer Flutlichtanlage und lockt auch das letzte Insekt aus der hintersten Ecke hervor. Als wenn diese Mauerblümchen glaubten, inmitten der bunten Schmetterlinge auch nur den Hauch einer Chance zu besitzen.
Er lacht innerlich, weil ein lautes Lachen droht, durch die Bewegung des Körpers sein Gehirn zu erschüttern. Erst muss der Schmerz nachlassen, dann kann er sich wieder normal bewegen. Eine der vielen Cocktailpartys, an denen er regelmäßig teilnimmt, zieht an seinem inneren Auge vorbei. Vielleicht ist es sogar die, an der er die schmerzstillende Wirkung zum wiederholten Mal bewusst wahrgenommen hat. Er sieht sich in einer abgedunkelten Ecke auf einem bequemen Sofa aus weichem Wildleder sitzen. Sein Kopf dröhnt und er will nach Hause, aber so einfach ist das nicht. Man kann sich nicht ständig seinen gesellschaftlichen Pflichten entziehen und das hat er in den Wochen zuvor zu häufig getan.
Diese Kuschelecken gibt es in allen Clubs, die er besucht und in denen die High Society ihre Abende feiert. Ja, sie feiern nicht nur Feste in ihren mondänen Penthousewohnungen oder ihren extravaganten Villen am Stadtrand, sie feiern die Abende, viele von ihnen jeden einzelnen. Es wird gelacht und getanzt und der Alkohol fließt in Strömen. Ganz unabhängig von der Jahreszeit tragen die Frauen oft nicht viel mehr als ihre edelsteinbesetzten Schmuckstücke am Körper. Hauchzarte Kleider aus fließenden Stoffen, die mehr enthüllen als sie bedecken. Miniröcke, die gerade so breit wie seine Handfläche sind. Durchsichtige Blusen ohne BH darunter. Sie geben sich aufgeschlossen und abenteuerlustig und viele scheuen nicht davor zurück, sich mit Männern, die sie kaum kennen oder denen sie gerade erst begegnet sind, in diese abgedunkelten Ecken auf die weichen Sofas zurückzuziehen und sich mehr oder weniger offen zur Schau zu stellen. Sie lassen sich abknutschen, befingern. Manche haben sogar Sex und glauben, niemand bekommt es mit, dabei wissen es alle.
Da stand plötzlich diese junge Frau, zurückgezogen und allein wie er. Sie lehnt sich mit dem Rücken an eine Wand und hält ein Glas in der Hand. Im flackernden Licht der Lasershow sieht er die Flüssigkeit ihres Drinks mal in Rot, dann wieder inGrün oder in Blau aufblitzen. Er fragt
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