Generalprobe Zeitballett
eingehend mit dem biologischen Aufbau des Erdmenschen beschäftigt hatten. Die Medikamente besaßen unbekannte Namen, aber sie bewirkten genau das, was unsere besten pharmazeutischen Neuentwicklungen ebenfalls auszeichnete. Es war jedenfalls fraglich, ob die bei der Behandlung unserer Schwerver letzten angewendeten Pharmaka auch in der Lage gewesen wä ren, einen verwundeten Marsianer zu retten.
Unterdessen waren etwa zweiundzwanzig Stunden verstrichen. Wir schrieben nach unserer Zeitrechnung den 1. April 2011 n. Chr. Es war 8 Uhr 31.
Die RODKON-WHU war südlich der Festungsmauern und außerhalb des regulären Hafenbeckens an Land geschleudert worden. Das war uns sofort nach dem Abklingen des atomaren Tobens klargeworden, denn der Naturhafen von Bayronur besaß sicherlich keine schiffahrtsfeindlichen Untiefen mehr. Wir waren aber auf unterseeische Klippen aufgelaufen.
Dabei hatten wir Glück im Unglück gehabt!
Die Kaianlagen der Hafenstadt waren enorm ausgedehnt und tadellos gemauert. Wenn wir dagegengeschleudert worden wären, hätte es zu einem Totalverlust des Schiffes kommen müssen.
Die nach Osten geschwungenen Kais lagen in meinem Blickfeld. Dort waren mindestens vier- bis fünfhundert Segelschiffe zertrümmert worden. Wenn sich Ladungen an Bord befunden hatten, so waren sie verloren.
Die Gebäude der Stadt hatten ebenfalls schwer gelitten. Viele hatten ihre Dächer verloren; schwächere Bauwerke waren eingestürzt. Das explodierte Atomtriebwerk des Gleiters hatte eine Energie von etwa fünfzig Kilotonnen TNT entwickelt. Das war der doppelte Wert unserer historischen Hiroshima-Atombombe.
In der Stadt und auf den Schiffen hatte es sicherlich viele Tote und Verletzte gegeben. Um so erstaunlicher war das Erscheinen des fliegenden Ärzteteams nur vier Stunden später gewesen. Wir lagen schließlich außerhalb der alten Stadtmauern fest.
Wenn ich bisher die marsianisch geschulten Atlanter unterschätzt gehabt hätte, so wäre ich spätestens nach dem Vorfall hellwach und äußerst vorsichtig geworden.
Die RODKON-WHU lag nur noch mit dem Heck im Wasser. Zwei Drittel des Rumpfes hatten sich auf das Festland geschoben. Hinter dem Schiff begannen die Klippen, und etwas weiter links, von uns aus südwärts gesehen, mündete ein großer Fluß. Es war der aus dem Landesinnern kommende Muri.
An seiner zwei Kilometer breiten Mündung gab es einige Fischerdörfer. Das nächste war nur wenige hundert Meter vom Ort unserer Strandung entfernt.
Die Verhältnisse waren günstig, und relativ sichtgeschützt waren wir auch. Der Hügel, auf dem ich jetzt stand, erhob sich unmittelbar vor dem festgerammten Bug der RODKON-WHU. Wir hatten festgestellt, daß wir nur von dem flußwärts liegenden Dorf aus gesehen werden konnten.
Hannibal hatte die neue Situation telepathisch an das Hauptquartier des »Zeitballetts« durchgegeben. Die Entfernung bis zum Höhlenstützpunkt in den Kalksteinflanken des Dschebel Musa im Er-Rif-Gebiet war für diese Art der Nachrichtenverbindung problemlos. Der Kontakt mit Kiny Edwards, der natürlichen GWA-Telepathin, war klar und lautstark wie immer. Vor allem aber war diese Technik absolut abhörsicher.
General Arnold G. Reling, oberster Chef der Geheimen Wissenschaftlichen Abwehr und bevollmächtigter Generalsekretär der Internationalen Abwehrkoalition, befand sich im Zeitstützpunkt.
Er hatte es nicht unterlassen können, mit Hilfe unseres ständig hin und her reisenden Zeitdeformators erneut die Realzeit zu verlassen, um 187000 Jahre in die Vergangenheit zu
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