Generalprobe Zeitballett
Bildschirmen unserer Visiphone war nicht mehr viel zu sehen. Die Antennen der HURON waren doch zu leistungsschwach und auch zu dicht über dem Wasserspiegel, um die Ereignisse in dieser Phase noch verfolgen zu können.
Immerhin kamen wiederholt scharfe Bilder durch. Sie stammten anscheinend von kleineren Begleitfahrzeugen, die nach dem gewaltsam eingetauchten Transporter ebenfalls in die Atmosphäre vorgestoßen waren, um dem Schiff mitsamt seiner wichtigen Ladung Geleitschutz zu geben.
Über der irdischen Atmosphäre tobte ein Abwehrgefecht, das immer mehr die Ausmaße einer Raumschlacht annahm. Schwere denebische Raumschiffsverbände waren nachgestoßen. Man bemühte sich offenbar, den vom Mond entkommenen Transporter doch noch zu erreichen. Saghons Heimatflotte machte den nichtirdischen Intelligenzen einen Strich durch die Rechnung, denn noch war der Mars mächtig.
»Transporter im Anflug auf Atlantis. Neue Kursberechnung. Er läßt Bayronur ostwärts liegen, überfliegt die Küstenlinie westlich der Azoren und schwenkt auf den Raumhafen von Trascathon ein. Vollalarm aufgehoben. Beobachten, weitere Anweisungen abwarten.«
Das war wieder Hannibals Stimme gewesen. Wir warteten, bis die Bilder der HURON besser wurden. Dann sahen wir den Transporter auf den Schirmen.
Zugleich vernahmen wir ein anschwellendes Donnern, doch das kam nicht aus den Lautsprechern, sondern von Westen her.
Das Schiff war ein riesiges Gebilde von ungewöhnlicher Form. Wahrscheinlich handelte es sich um einen Bergungs- und Reparaturraumer, denn er glich einer Halbkugel, deren gerade Schnittfläche einen Durchmesser von vierhundert Metern besaß. Darauf konnten sogar große Marsschiffe gelandet und versorgt werden.
Aus dem Triebwerkswulst unterhalb der Landefläche zuckten noch immer ultrablaue Energiezungen. Ich wußte aus eigenen Erfahrungen, daß es sich bei diesen gewaltig aussehenden Leuchterscheinungen lediglich um ein »Leerlaufstottern« handelte. Das war jedenfalls der Fachausdruck der GWA-Experten, die sich bereits eingehend mit marsianischen Raumschiffen beschäftigt hatten. Schließlich hatten wir genug davon in unserer Realzeit gefunden und vergeblich versucht, ihre Geheimnisse völlig zu enträtseln.
Das flammenumwaberte Ungeheuer näherte sich der über fünfzig Kilometer hohen Energieglocke von Trascathon, blieb im Banne seiner Antigravitationskraftfelder in der Luft stehen und verschwand schließlich hinter einer plötzlich aufklaffenden Lücke im energetischen Strukturgefüge des Abwehrschirmes.
Außer einem gehörzermürbenden, minutenlang anhaltenden Dröhnen und einem lauwarmen Sturmwind war nichts von der Ankunft eines marsianischen Großraumschiffes zu bemerken.
Schließlich verliefen sich auch die letzten Geräusche. Es wurde still.
Ich sah mich im schwachen Licht der Batterielampen um. Hannibal war eingeschlafen. Er war erschöpft.
Als Dr. Nishimura zu sprechen begann, befleißigte er sich einer maßvollen Lautstärke.
»Da hat jemand in Trascathon schnell und zielsicher gehandelt. Dem Kommandanten wäre es wahrscheinlich gleichgültig gewesen, welche Landstriche er verwüstete. Er hatte nur sein Ladegut in Sicherheit zu bringen. Ob sich Admiral Saghon höchstpersönlich in Trascathon befindet?«
Ich winkte ab.
»Vorerst unwichtig, Kenji. Ich frage mich, warum der Zeitdeformator nicht mit eigener Kraft zur Erde geflogen wurde. Er besitzt die entsprechenden Triebwerke. War er hinsichtlich der beginnenden Offensive lediglich zu langsam und zu schlecht bewaffnet, oder
Weitere Kostenlose Bücher